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Der Blick auf die Pole der Sonne ist nur möglich, weil die Esa-Raumsonde „Solar Orbiter“ eine ungewöhnliche Umlaufbahn eingeschlagen hat.

Frankfurt – Alle Aufnahmen, die es von der Sonne gibt, haben eines gemeinsam: Sie wurden aus der Nähe des Sonnenäquators aufgenommen. Denn die Erde, alle anderen Planeten und alle Raumsonden umkreisen die Sonne auf einer flachen Scheibe in der Nähe des Sonnenäquators, die die Ekliptikebene genannt wird. Doch die Esa-Raumsonde „Solar Orbiter“ hat nun eine neue Umlaufbahn um die Sonne eingenommen, die sich nicht mehr auf der Ekliptikebene befindet und kann das Zentrum unseres Sonnensystems jetzt aus einer ganz neuen Perspektive beobachten.

Sonnen-Sonde „Solar Orbiter“ der Esa blickt auf den Südpol unseres Sterns

Der „Solar Orbiter“ hat seine Umlaufbahn um die Sonne um 17 Grad geneigt und hat nun einen anderen Blick auf die Sonne. Unter anderem kann die Raumsonde auf den Südpol und den Nordpol der Sonne blicken, denn auf jeder Umlaufbahn schwingt die Sonde zwischen den Sonnen-Breitengraden -17° und +17°. Eine erste Aufnahme, die die Esa veröffentlicht hat, zeigt den Blick des „Solar Orbiters“ auf den Südpol der Sonne.

„Heute enthüllen wir die ersten Ansichten des Sonnenpols, die die Menschheit je gesehen hat“, erklärt Prof. Carole Mundell, die Wissenschaftsdirektorin der Esa in einer Mitteilung. „Die Sonne ist unser nächstgelegener Stern, Lebensspender und potenzieller Störfaktor für die modernen Raumfahrt– und Energieversorgungssysteme am Boden. Diese neuen, einzigartigen Ansichten unserer ‚Solar Orbiter‘-Mission sind der Beginn einer neuen Ära der Sonnenforschung.“ Prof. Sami Solanik vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) ergänzt: „Wir wussten nicht, was wir genau erwarten können von den ersten Beobachtungen – die Sonnenpole sind buchstäblich terra incognita (unbekanntes Terrain).“

Schlüssel zum Verständnis des Sonnen-Magnetfelds

Die neuen Beobachtungen der Sonne sollen der Schlüssel zum Verständnis des Sonnen-Magnetfelds sein und auch erklären, warum es sich etwa alle elf Jahre umkehrt. Eine der ersten Entdeckungen, die mit den Beobachtungen des Sonnen-Südpols zusammenhängen: Das Magnetfeld der Sonne ist derzeit ein großes Chaos. Während ein Magnet normalerweise einen eindeutigen Süd- und eindeutigen Nordpol hat, zeigten Messungen des „Solar Orbiters“, dass am Südpol derzeit sowohl nördliche als auch südliche Magnetfelder präsent sind.

Die Esa-Raumsonde „Solar Orbiter“ befindet sich auf einer neuen Umlaufbahn und kann jetzt den Südpol und den Nordpol sehen. Die Aufnahme zeigt einen Teil des Sonnen-Südpols. Die Esa-Raumsonde „Solar Orbiter“ befindet sich auf einer neuen Umlaufbahn und kann jetzt den Südpol und den Nordpol sehen. Die Aufnahme zeigt einen Teil des Sonnen-Südpols. © ESA & NASA/Solar Orbiter/EUI Team, D. Berghmans (ROB)Esa will mehr über das Sonnen-Magnetfeld, den Sonnenwind und die Sonnenaktivität erfahren

Das ist immer nur für eine kurze Zeit innerhalb eines etwa 11-jährigen Sonnenzyklus der Fall – nämlich dann, wenn das Magnetfeld der Sonne sich umpolt und am aktivsten ist. Nach der Umpolung sollte an jedem Pol eine Polarität dominieren. Wenn die Sonne in fünf bis sechs Jahren ihr nächstes Minimum erreicht, ist das Magnetfeld am „ordentlichsten“. „Wie genau dieser Aufbau vonstattengeht, ist noch immer nicht vollständig geklärt. ‚Solar Orbiter‘ hat die hohen Breitengrade genau zum richtigen Zeitpunkt erreicht, um den gesamten Prozess aus seiner einzigartigen und vorteilhaften Perspektive zu verfolgen“, erklärt Solanik.

Die Esa-Raumsonde „Solar Orbiter“ zeigt erstmals den Südpol der Sonne.Die Esa-Raumsonde „Solar Orbiter“ zeigt erstmals den Südpol der Sonne. © ESA & NASA/Solar Orbiter/PHI, EUI and SPICE Teams

In Zukunft erwartet die Esa weitere wichtige Erkenntnisse mithilfe des „Solar Orbiters“: Im Oktober sollen Daten des ersten Flugs von Sonnen-Pol zu Sonnen-Pol zur Erde geschickt werden. Alle zehn wissenschaftlichen Instrumente der Raumsonde sollen in den kommenden Jahren weiter Daten sammeln. „In den kommenden Jahren wird die Sonde weiter aus der Ekliptikebene aufsteigen, um immer bessere Einblicke in die Polarregionen der Sonne zu erhalten. Diese Daten werden unser Verständnis des Magnetfelds der Sonne, des Sonnenwinds und der Sonnenaktivität verändern“, erklärt Daniel Müller, Esa-Projektwissenschaftler für „Solar Orbiter“. (tab)