Die WZ konnte bei Tina Hermann und Arian Stettler eine Probe besuchen und erfahren, was mit dem Käse passiert.

Die Sopranistin und der Tenor haben Chansons von Kurt Weill, Ralph Benatzky, Michael Jary, Fritz Löhner-Beda, Friedrich Holländer und anderen Komponisten sowie Texte von Tucholsky, Kästner und Schwitters ausgewählt. Entstanden ist ein vielfältiges Programm, das Spaß macht und zum Nachdenken anregt. Humorvolle und ernste Chansons wechseln mit unterhaltsamen Liedern, deren Botschaft oft zwischen den Zeilen zu erkennen ist. Den „Ohrwurm“ vom Käse aus dem Jahr 1927 singen die beiden klar akzentuiert, mit köstlich gespielter Empörung und der richtigen Portion Ironie. Mit lyrischem Sopran singt Tina Hermann „Es müsste Frühling sein“ – das klingt romantisch, ist aber aus einem Tonfilm mit dem Titel: „Morgen werde ich verhaftet“, von 1939.

Lieder und Texte stehen in einem spannenden historischen Kontext

Die Zeit von 1918 bis 1945 ist auch musikalisch überaus reich an Themen. Tina Hermann und Arian Stettler haben viel Zeit in der Musikabteilung der Staatsbibliothek Berlin verbracht, Bücher gewälzt, Quellen studiert, Texte und Noten gefunden. Lieder und Texte stehen in einem spannenden historischen Kontext, viele sind erstaunlich oder auch erschreckend aktuell. Freche, dramatische, lästerliche, kritische und humorvolle Chansons sorgen in rasantem Tempo für ein Wechselbad der Gefühle. Musikalisch gibt es Foxtrott, Walzer, Jazz, Marschmusik, Blues und mehr.

Bei allem erweist sich die Pianistin Miku Konuma als vorzügliche Liedbegleiterin. Die Sopranistin lässt „Tante Paula“ genüsslich Tomaten essen, der Tenor trägt herrlich amüsant das „Lied von der zerbrochenen Schallplatte“ aus einer Revue-Operette vor. Ein Schlager von 1926 über den lieben Augustin lästert über Eitelkeit. Das „Nachtgespenst“ ist bitterböse Satire, ein Agitationslied lässt den Atem stocken. Dazwischen tragen die beiden Texte aus Erich Kästners Lyrischer Hausapotheke oder vom Dada-Künstler Kurt Schwitters vor.

Das Trio, das sich Musik und Texten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verschrieben hat, liebt das Doppeldeutige, das Tragische im Komischen, das Kritische im Humorvollen. Auch sexuelle Selbstbestimmung, Kritik am System, versteckter Widerstand und das Überleben in schwierigen Zeiten werden in Liedern thematisiert. Das alles wird großartig gesungen, mit darstellerischen Ideen und feinem Humor vorgetragen. Ganz am Schluss erfährt man auch, was mit dem Käse passiert ist.