Ökonom über Kriegswirtschaft

„Die Party in Russlands Wirtschaft geht dem Ende zu“

Aktualisiert am 14.06.2025 – 16:30 UhrLesedauer: 3 Min.

Kriegswirtschaft: Machthaber Putin (2.v.l) besucht das Uralwaggonwerk in Nischni Tagil.Vergrößern des Bildes

Wladimir Putin (2. v. l.) bei einem Besuch in einer Rüstungsfabrik in Nischni Tagil (Archivbild). (Quelle: Büro des russischen Präsidenten/APA Images via ZUMA Press Wire/dpa)

Russlands Wirtschaft schwächelt. Rein wirtschaftlich betrachtet braucht das Land spätestens nächstes Jahr einen Frieden, so Ökonom Oleg Vjugin.

Nun überraschte der frühere russische Zentralbanker Oleg Vjugin mit einer eindringlichen Warnung: „Rein wirtschaftlich braucht Russland dieses oder nächstes Jahr einen Frieden“, sagte er der Zeitung „Die Welt“. Ein Blick auf Russlands Wirtschaft und die Risiken der ökonomischen Lage für Staatschef Wladimir Putin.

Die Wirtschaftsdaten

Er ist eine der markantesten Persönlichkeiten der russischen Finanzwelt: Oleg Vjugin, 72, war stellvertretender Finanzminister Russlands und 2002 in das Aufsichtsgremium der russischen Zentralbank aufgerückt. Derzeit analysiert er die Lage als Wirtschaftsprofessor.

Aus ökonomischer Sicht ist die Lage in Russland prekär. Die Wirtschaft wuchs im ersten Quartal des Jahres nur um 1,4 Prozent. Die Regierung rechnet für dieses Jahr offiziell mit einer Inflation von 7,6 Prozent. Der Leitzins liegt bei 20 Prozent, das hemmt die Investitionen von Unternehmen.

Selbst Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow warnte zuletzt vor einer „Unterkühlung“ der russischen Wirtschaft. Vor allem der niedrige Ölpreis macht der Staatskasse zu schaffen. So muss die Regierung Investitionen zurückstellen. Wirtschaftsminister Reschetnikow räumte zuletzt ein: „Die aktuelle Aufgabe besteht darin, die Abkühlungsphase zu überstehen.“

Wirtschaftsexperte Vjugin beschreibt die Lage so: „Die Probleme in der Wirtschaft wachsen täglich, solange der Leitzins hoch bleibt.“ Seine Analyse gut drei Jahre nach Kriegsbeginn: „Das Jahr 2022 hatte Russland in einem wirtschaftlich guten Zustand begonnen – und zwar dank der hohen Ölpreise, Reserven im Wohlfahrtsfonds und Unternehmensgewinnen.“ Vor allem brechen die Exporte ein.

So betrug etwa der Wert russischer Exporte nach Deutschland im Jahr 2021 – dem Jahr vor Putins Überfall auf die Ukraine – noch 33,1 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr lag er nach Angaben des Statistischen Bundesamts nur noch bei 1,8 Milliarden Euro.

Vjugins Fazit: „Die Party in Russlands Wirtschaft geht dem Ende zu.“

Krieg und Wirtschaft

Russlands Wirtschaft steckt in der Krise. Die Frage, die sich stellt: Kann sich Wladimir Putin den Krieg ökonomisch noch leisten?

Nach Vjugins Einschätzung „braucht Russland dieses oder nächstes Jahr einen Frieden“. Doch ist die ökonomische Analyse nicht allein entscheidend. In Putins Machtapparat tobt ein Machtkampf zwischen dem Wirtschaftsflügel um Minister Reschetnikow und den Militärs, die ein Ende des Krieges am Verhandlungstisch ohne entscheidende Fortschritte auf dem Schlachtfeld fürchten müssen.

Quotation Mark

Die ‚Tauben‘ im Establishment tun alles, damit sich die wirtschaftliche Situation nicht verschlechtert, und die, die kämpfen, sammeln eben dort ihre Punkte.

Oleg Vjugin, russischer Ökonom

„Ein Waffenstillstand würde die Verhältnisse innerhalb des Machtapparats verändern“, sagte Vjugin der „Welt“. Sein Fazit: „Die Verantwortlichen scheinen sehr beunruhigt zu sein.“

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