Alt-68er feiert Geburtstag

Rainer Langhans wird 85 – und übt das Sterben

15.06.2025 – 08:44 UhrLesedauer: 2 Min.

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Rainer Langhans sitzt mit einem Laptop auf einer Couch: Mit seinem Tod beschäftigt er sich schon lange. (Quelle: Felix Hörhager / dpa)

Ikone der Rebellion, Grenzgänger, WG-Partner mit drei Frauen – Rainer Langhans wird 85. Und sagt: Seine schwere Erkrankung habe sein Leben besser gemacht.

Rainer Langhans lebt mit Prostatakrebs – und hat seinen eigenen Umgang damit gefunden. „Ich übe Sterben“, sagt er. Die Diagnose habe ihn nicht erschreckt, sondern „begeistert“. Meditation, Rückzug und bewusste Lebensführung bestimmen jetzt seinen Alltag in München-Schwabing.

Im März kursierten Gerüchte, Langhans liege im Sterben. Langhans hat das anders gemeint, sagt er der Deutschen Presse-Agentur: „Ich habe mich aufgrund des inneren Weges mit dem Sterben schon lange beschäftigt.“ Er sagt, seit der Diagnose habe sich sein Leben sogar verbessert. Nun wolle er Menschen Mut machen, eine Krankheit anzunehmen, sagt der Ex-Kommunarde.

Langhans lebt mit seinen drei Lebensgefährtinnen – Christa Ritter, Gisela Getty und Brigitte Streubel – in einem Münchner Haus in Schwabing. Jeder hat dabei seine eigene Wohnung. Sie verstehen sich als „geistige Gemeinschaft“, als „Harem“. Letzterer Begriff wird von ihnen bewusst enttabuisiert: bei ihnen findet keine Unterordnung statt, sondern „gegenseitige Inspiration“.

Die drei Damen sind bisher nicht besonders besorgt um ihren Rainer. Auch sie befänden sich auf diesem Weg und unterstützen sich dabei. „Sterben lernst du nur, wenn du dein Leben positiv interpretiert“, sagt Christa Ritter.

Bekannt wurde Langhans in den 1960er Jahren als Mitbegründer der Kommune 1. Mit spektakulären Aktionen – etwa einem geplanten Pudding-Attentat auf den US-Vizepräsidenten – protestierte die Gruppe gegen das Establishment, gegen den Vietnamkrieg und gegen die Elterngeneration.

Seine Beziehung mit Fotomodell Uschi Obermaier machte ihn zur Kultfigur der sexuellen Befreiung. Doch Langhans sagt heute: Wirklich freie Liebe sei geistig, nicht körperlich.

Langhans, der sich selbst „artgerecht gehalten“ nennt, lebt spartanisch: kein Besitz, keine Verpflichtung. „Ich bin ganz bewusst sehr arm, um nicht gezwungen zu sein, Geld zu verdienen.“ Seine Markenzeichen: weiße Kleidung, vegetarisches Essen, Spaziergänge, Radfahren, Meditation.

Der Grimme-Preisträger, Autor, Filmemacher und gelegentliche „Apo-Opa“ nahm 2011 am RTL-Dschungelcamp teil – als soziales Experiment, sagt er. Die Gage spendete er weitgehend.

Er habe derzeit keinerlei Symptome, sagt er. Er habe keine Operation und keine Chemotherapie gewollt, bekomme aber eine Therapie, die das Testosteron palliativ auf Null herunterfahre. „Ich bin chemisch kastriert“, sagt er. „Ich bin also überhaupt kein Mann mehr, wenn man so will. Ich bin inzwischen ein Mensch, statt nur ein Mann zu sein.“ Auch das sieht er als Chance: Es hebe „über all diese Niederungen der Libido hinaus“.

Den runden Geburtstag organisieren seine drei Herzdamen – statt Kaffee und Kuchen soll es tiefere Gespräche geben, sagt Christa Ritter. Langhans selbst sagt, er sei er ohne Wünsche: „ich bin ja schon glücklich – ich wünsche nichts mehr.“