Wich­tigs­tes Ergeb­nis des Tref­fens: Nur den Bedro­hungs­sta­tus zu bestim­men und die Arten unter Schutz zu stel­len, reicht bei vie­len wild­le­ben­den Tie­ren lei­der nicht aus, um ihre Lage zu ver­bes­sern. Umso wich­ti­ger sei­en die Erhal­tungs­zucht­pro­gram­me des Euro­päi­schen Zoo­ver­bands EAZA (EAZA Ex situ Pro­gram­mes, kurz EEP) und die Exper­ti­se von Zoos.

Bei der Tagung kam die Fach­grup­pe für Fluss­pfer­de, Tapi­re und Schwei­ne­ar­ti­ge, die „Tapir and Sui­form Taxon Advi­so­ry Group“ (TAG) der EAZA zusam­men. Die­se Fach­grup­pe wird der­zeit vom Tier­gar­ten Nürn­berg gelei­tet. Neben Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern ver­schie­de­ner euro­päi­scher Zoos waren auch drei Fach­grup­pen der Welt­na­tur­schutz­uni­on IUCN, der Her­aus­ge­be­rin der inter­na­tio­na­len Roten Lis­te, ver­tre­ten. Der Tier­gar­ten koor­di­niert aktu­ell zwei EEP für die­se Tier­grup­pe: das des Sula­we­si-Hirsch­ebers (Baby­ro­u­sa cele­bens­is) und des Schab­ra­cken­ta­pirs (Tapi­rus indi­cus). Ziel der EEP ist es, lang­fris­tig eine sta­bi­le selbst­er­hal­ten­de Popu­la­ti­on außer­halb des natür­li­chen Lebens­raums aufzubauen.

Dras­ti­scher Rück­gang vie­ler Wild­tier­po­pu­la­tio­nen im Fokus

Ein zen­tra­les The­ma der Tagung war der teils dras­ti­sche Rück­gang vie­ler Wild­tier­po­pu­la­tio­nen. Grün­de dafür sei­en unter ande­rem der fort­schrei­ten­de Lebens­raum­ver­lust oder Tier­seu­chen wie die Afri­ka­ni­sche Schwei­ne­pest (ASP). Zoos ver­su­chen die­se Arten als Teil der Bio­di­ver­si­tät für zukünf­ti­ge Gene­ra­tio­nen zu bewah­ren. In Deutsch­land ergibt sich dies auch aus dem Bun­des­na­tur­schutz­ge­setz (Para­graf 42(3)), das Zoos dazu ver­pflich­tet, den bio­lo­gi­schen und Erhal­tungs­be­dürf­nis­sen der jewei­li­gen Art Rech­nung zu tra­gen. Somit sind Fort­pflan­zung bei Zoo­tie­ren und Art­erhalt in Zoos eine gesetz­li­che Auflage.

Dabei gibt es auch in der Zoo­tier­hal­tung ver­schie­de­ne Her­aus­for­de­run­gen, die die Arten­schutz­be­mü­hun­gen erschwe­ren. So wird bei­spiels­wei­se der Aus­tausch von Tie­ren im Rah­men von Zucht­pro­gram­men zwi­schen Groß­bri­tan­ni­en und der EU nach wie vor durch lan­ge Pro­zes­se als Fol­ge des Brexits ver­zö­gert und erschwert. Beson­ders inten­siv dis­ku­tier­ten die Fach­leu­te über das Popu­la­ti­ons­ma­nage­ment. Die Not­wen­dig­keit an Erhal­tungs­zucht­pro­gram­men für den Arten­schutz stei­ge zuse­hends, da sich die Situa­ti­on von zehn­tau­sen­den Arten in der Natur ste­tig ver­schlech­te­re, wie die Rote Lis­te der IUCN zeigt. Dabei sei der Platz in Zoos begrenzt – er müs­se folg­lich so sinn­voll und effek­tiv wie mög­lich genutzt wer­den. Dies sei ohne ein akti­ves Popu­la­ti­ons­ma­nage­ment nicht mög­lich. So kön­ne es auch not­wen­dig sein, ein­zel­ne, für die Zucht nicht benö­tig­te Tie­re zu töten. „Dabei müs­sen wir lei­der zwi­schen der Art oder der Popu­la­ti­on und dem Indi­vi­du­um abwä­gen. Wir sind der fes­ten Über­zeu­gung, dass der Erhalt der Art im Ver­gleich zum ein­zel­nen Indi­vi­du­um das höhe­re Gut dar­stellt. Eine tier­schutz­ge­setz­kon­for­me Tötung von Indi­vi­du­en, die nicht zur Auf­recht­erhal­tung der Popu­la­ti­on benö­tigt wer­den, ist für uns ver­nünf­tig und einem Leben unter schlech­ten Hal­tungs­be­din­gun­gen vor­zu­zie­hen. Im Ide­al­fall die­nen die Tie­re anschlie­ßend als gesun­des und nach­hal­ti­ges Fut­ter für unse­re Raub­tie­re oder brin­gen einen Mehr­wert für die Wis­sen­schaft“, sagt der stell­ver­tre­ten­de Direk­tor und Bio­lo­gi­sche Lei­ter des Tier­gar­tens, Jörg Beck­mann. Er ist der­zeit auch Vor­sit­zen­der der Tapir and Sui­form TAG.

Afri­ka­ni­sche Schwei­ne­pest als beson­de­re Bedrohung

Beson­ders dra­ma­tisch sei der­zeit die Situa­ti­on aller süd­ost­asia­ti­schen Schwei­ne­ar­ten. Der Groß­teil aller Schwei­ne­ar­ten der Welt lebe nur hier und sei der­zeit akut vom Aus­ster­ben bedroht. Aktu­ell sei die ASP der Haupt­grund für die Gefähr­dung – eine töd­li­che Virus­er­kran­kung, die durch den Men­schen von Afri­ka nach Asi­en ver­schleppt wur­de. Gegen die ASP gebe es bis­her kei­nen zuge­las­sen Impf­stoff und kei­ne Behand­lung. Aus die­sem Grund setzt sich der Tier­gar­ten Nürn­berg in Koope­ra­ti­on mit ande­ren Zoos und wei­te­ren Ein­rich­tun­gen inten­siv für die Erfor­schung der Krank­heit und die Ent­wick­lung von Impf­stof­fen ein, finan­ziert Zucht­sta­tio­nen für bedroh­te Schwei­ne­ar­ten in Asi­en und unter­stützt Feldforschung.

Die Fach­leu­te rück­ten auch ein­zel­ne stark gefähr­de­te Tier­ar­ten in den Fokus, die im Rah­men der Fach­grup­pe als Reser­ve­po­pu­la­tio­nen in Zoos gehal­ten und in der Natur ste­tig sel­te­ner wer­den. So bei­spiels­wei­se die afri­ka­ni­schen Zwerg­fluss­pfer­de (Choer­op­sis libe­ri­en­sis): Von ihnen gibt es nur noch 2.000 bis 2.500 Tie­re in der Natur. Dabei wur­den sie bereits 1986 in die Lis­te der gefähr­de­ten Arten auf­ge­nom­men. Glo­bal leben rund 450 Zwerg­fluss­pfer­de in Zoos, was unge­fähr 20 bis 25 Pro­zent der wil­den Popu­la­ti­on ent­spricht. Auch die Situa­ti­on der stark gefähr­de­ten Cha­co-Peka­ris (Cata­go­nus wag­ne­ri) ver­schlech­te­re sich rasant. Die Nabel­schwein­art kom­me nur in einem klei­nen Gebiet Süd­ame­ri­kas vor. Einer Stu­die zufol­ge wer­de die Art außer­halb von Schutz­ge­bie­ten bis zum Jahr 2051 aus­ge­stor­ben sein, wenn der Ver­lust des Lebens­raums nicht gestoppt wird. Wil­de­rei in Natio­nal­parks sei eben­falls ein Grund für den Bestandsrückgang.

Vier Fer­kel bei den Cha­co-Peka­ris im Tiergarten

Vor die­sem Hin­ter­grund stimmt eine Mel­dung hoff­nungs­voll: Bei den Cha­co-Peka­ris im Tier­gar­ten gibt es aktu­ell vier Fer­kel. Das ers­te wur­de am 14. Mai gebo­ren, die drei wei­te­ren am 10. Juni. Die Fer­kel sind alle fit und erkun­den gemein­sam mit ihren Müt­tern und dem Eber die Anla­ge. Damit leben im Tier­gar­ten aktu­ell sie­ben Tie­re die­ser sel­te­nen Art.