„Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind.“ Wenige Gedichte sind so berühmt wie diese Ballade Goethes über den Erlkönig. Die international besetzte Wiener Musik-Gruppe „The Erlkings“ gab sich bei ihrer Gründung 2013 den ins Englische übertragenen Titel der Ballade zum Namen und deutete damit bereits an, dass man sich zwar in der romantischen Tradition bewegt, diese aber mit heutigen Elementen anreichert. Und das ist so recht etwas fürs Schumannfest.
In der Jazz-Schmiede, wo das Festival nun zum ersten Mal gastierte, stellte das Quartett in seinem Programm „Franzl und Robert“ unter Beweis, dass die Musik Schuberts und Schumanns vielleicht nicht ganz auf gerader, aber doch stringenter Linie ins Heute führt und sozusagen als Vorläufer der Singer-Songwriter gelten kann.
Frontmann des Quartetts ist der amerikanische Bariton und Gitarrist Bryan Benner, der mit treffsicherer und ausdrucksstarker Stimme die Lieder durchaus klassisch anstimmte – allerdings auf Englisch. Die deutschen Texte hatte er selbst mit Sinn für die Bedeutung der Worte, für den Rhythmus der Silben und mit gut klingenden Reimen übersetzt. Bei dem „Erlkönig“, dessen Vertonung Franz Schuberts natürlich auch musiziert wurde, hieß es nun: „Who rides through the night so late in the wild? It is a father with his only child.“
Kastagnetten deuteten vorab kurz das Pferdegetrappel an, bevor ebenfalls Benner mit seiner Gitarre das Eilen der Schubertschen Triolen übernahm, unterstützt von Cello und Tuba. Thomas Toppler am Schlagzeug markierte stets dezent den jeweiligen Tanzrhythmus und ließ an besonders gefühlvollen Stellen sein Vibraphon erklingen. Der Tubaspieler Simon Teurezbacher bewies, wie viele melodische Möglichkeiten in diesem zu Unrecht oft als ungelenk betrachteten Blasinstrument stecken. Dem Cellisten Ivan Turkalj oblag es nicht nur, die vielen aufgefächerten Begleitakkorde zu spielen – dies tat er geradezu mit stoischer Präzision. Vielmehr glühten auch seine kantablen Linien vor Emotion, die von Schubert und Schumann als Gegenstimmen zum Gesang komponiert worden waren.
Jeder Ton der Originalkompositionen war in den Arrangements enthalten. Durch die besondere Wahl der Instrumente klang es hier mal nach Folkmusic, mal nach Volksfest. Bei dem Einsatz von modernen Tanzrhythmen wie Bossa Nova, Rumba, Tango oder Reggae wippten viele Tanzbeine.
Dass das berühmte Klaviermotiv aus Schuberts „Forelle“ als Jodler umgedeutet und sogar vom gesamten Publikum eingeübt wurde, war eine besondere Gaudi, die aber durchaus in dem markanten Sprung in der Melodie begründet ist.
Im Programmfokus stand beim Schumannfest natürlich die „Dicherliebe“ Robert Schumanns, ein durchkomponierter Liederzyklus von 16 kurzen Nummern. Bei dessen Interpretation gingen die Erlkings noch klassischer vor. Die volle Besetzung wurde nur sparsam eingesetzt, etwa wenn der dunkle und bedrohliche Rhein besungen wurde. Immer wieder gab es Passagen, in denen nur der Sänger mit seiner Gitarre musizierte, was an Barden wie Dylan, Donovan oder Cohen erinnerte. Erst ein wenig später gesellten sich dann die anderen nach und nach dazu. Schumanns inniges Klavier-Nachspiel gestalteten die vier Musiker mit einem besonders reichen Klang- und Ausdrucksspektrum nach.
Man hätte in dieser Stimmung noch lange verweilen und dem äußerst stimmigen Crossover zuhören wollen.