Hannover. Wahrscheinlich trifft mich gleich der Blitz aus dem Ländle, und ich sag es als Schwabe auch nur hinter vorgehaltener Hand, aber: Die georgischen Khinkali im Restaurant „Tiflisi“ in Hannover-Waldheim treffen mehr den Wortsinn von Maultaschen als Maultaschen selbst.

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Die Teigsäckchen isst man mit den Fingern. Der Hinweis steht sogar auf der Speisekarte: „Khinkali wird mit den Händen gegessen, keine Gabel verwenden.“ Dazu packt man den Nudelknoten an der Spitze mit den Fingern und beißt ein Stück ab. Füllung und/oder Sud kommen zum Vorschein. Man verdreht akrobatisch die Hand, stellt den Kopf quer. Saugen, kauen, köstlich. Mehr Maultasche geht nun wirklich nicht.

Restaurant „Tiflisi“: Hausgemachte Teigsäckchen Khinkali

Es wird aber noch besser. Die Teigsäckchen werden in dem Lokal hausgemacht. Es gibt sie in verschiedenen Varianten, etwa mit Hackfleisch oder mit Käse und Kräuterdip (drei Stück, 8,90 Euro). Man kann es kaum glauben: Zwei der drei Käse – Ricotta und Molkenkäse –, die zusammen die Füllung bilden, werden selbst hergestellt.

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Als dritter Käse wird Mozzarella zugekauft. Schmeckt besser, erklärt die Gastgeberin Teona Arsenidze, die mit ihrem Mann das Lokal mit Herzblut betreibt – und wegen alldem und noch mehr ließe sich hier und jetzt eine inbrünstige Diskussion beginnen, was wir von einem Restaurant eigentlich erwarten: Gutes Essen, netten Service, schönes Flair?

Ehrensache: Das Essen im „Tiflisi“ ist durchweg frisch zubereitet.

Ehrensache: Das Essen im „Tiflisi“ ist durchweg frisch zubereitet.

Was simpel klingt, ist im Detail ja gar nicht so einfach zu beantworten. Schema Feinschmecker gibt es nicht. Was ist netter Service? Die überschwängliche Herzlichkeit des Südens oder die höfliche Distanziertheit des Nordens? Was ist schönes Flair? Glitzer und Glamour? Poppige Farben und Electrobeats? Oder viele Naturmaterialien, über die sanfte Pianoklänge streicheln? Und was ist gutes Essen? Schema V und B: viel und billig?

Aufmerksamer Service, hübsche Außenterrasse

Ich tendiere zu Schema F und H: Frische und Handwerk, der Grundstein guten Essens. Die Wahrheit ist aber, dass Köchinnen und Köche immer öfter zu Foodstylisten verkommen, die Fertigwaren auf den Tellern zusammensetzen, denen sie noch mit Kräutern oder Gemüsespiralen einen frischen Teint verleihen dürfen.

Ein Patentrezept für gute Gastronomie gibt es also nicht. Sicher ist allenfalls, dass diese Diskussion im „Tiflisi“ auf hohem Niveau geführt werden kann. Der Service ist durch die Bank aufmerksam. Das Lokal liegt halb im Wohnviertel, hat eine sehr hübsche Außenterrasse und trotz oder gerade wegen des übersichtlichen Gastraums mit großen Fenstern einen netten Charme.

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Es wirkt sehr klar, weil keine Gardinen an den Fenstern hängen oder ein Teppich auf dem Boden liegt. Das hat allerdings den Nachteil, dass die Akustik bei voll besetztem Lokal doch sehr laut ist. Stoff schluckt Geräusch. Da kippt bisweilen die Geselligkeit in Stress, weil man sich sehr auf die Unterhaltung konzentrieren muss.

Frische Küche – auch für Vegetarier und Veganer

Das Essen ist nach allen Maßstäben frisch zubereitet. Vielleicht, weil georgische Küche noch nicht so populär ist, als dass die Industrie die Nische als lukrativen Markt für sich entdeckt hätte. Da bleibt gar nichts anderes übrig. Vielleicht aber auch, weil eine gute, frische Küche auch mancherorts noch Ehrensache ist.

Auch Vegetarier und Veganer haben kein Nachsehen. Da gibt es etwa wunderbaren georgischen Salat (12,90 Euro) mit frischen Tomaten, Gurken, Zwiebeln, Blattsalaten, Pinienkernen und würzigem Kräuterdressing, dazu hausgebackenes, georgisches Hefebrot. Herrlich auch das Adscharuli (15,90 Euro), ein Hefeteigschiffchen mit Käse und Eigelb, die miteinander verrührt werden.

Genug Platz: Gäste können sich auch auf der Außenterrasse hinsetzen.

Genug Platz: Gäste können sich auch auf der Außenterrasse hinsetzen.

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In die Tischmitte passen die dreierlei Pkhali (9,90 Euro), das sind kleine Gemüsetaler aus klein gehackter Rote Bete, Spinat und Bohnen, angemacht mit Walnusspaste, Gewürzen und Kräutern. Zur Hühnerbrühe mit Bio-Hühner-Klößen (9,90 Euro), die mit einem Bio-Eigelb legiert wurde, deckt der Service sogleich Salz und Pfeffer mit ein, denn auch das ist bemerkenswert am „Tiflisi“: Wohlgeschmack wird nicht mit übermäßiger Würze erzwungen, der Geschmack der Speisen lebt aus sich selbst heraus. Die Schweinespieße sind etwas trocken, aber die gegrillten Hähnchenspieße (je 20,90 Euro) sind klasse, außen mit Kruste, innen saftig. Die wachsweichen Kartoffeln sind genauso frisch wie das Gemüse.

Georgischer Wein und säuerlich-salziges Mineralwasser

Da steht es fast außer Frage, dass bei der Weinauswahl ebenfalls ein Augenmerk auf Georgien gelegt wurde, die Wiege des Weinbaus. Vor allem die Weine, die klassischerweise im Quevri, das sind Tonamphoren, ausgebaut werden, sind robust und gehaltvoll und passen gut zum Essen.

„Tiflisi“

Fazit Von dieser präzisen Handwerksküche dürften sich viele deutsche Lokale etwas abschneiden. Gesamt 9/10 (Küche 9, Service 9, Ambiente 8)

Kontakt:

„Tiflisi“

Liebrechtstraße 59
30519 Hannover

Telefon: (0511)35333713

Internet: www.restaurant-tiflisi.eatbu.com

E-Mail: tiflisi.restauranthannover@gmail.com

Öffnungszeiten: Di. bis So, 16.30 bis 22 Uhr

Barrierefreiheit: nein

Besucht am: 25. Mai & 5. Juni 2025

Ein Versuch wert ist aber auch das georgische Mineralwasser Borjomi (6,50 Euro), das mit einem säuerlich-salzigen Geschmack vereinnahmt – ist Staatl. Fachingen aufgrund seiner Mineralität der Wein der Mineralwässer, ist Borjomi der Schnaps. Spannend klingt auch die georgische Estragon-Limonade Khiliani, sie besteht aber am Ende aus den Zutaten nach Schema WZAF: Wasser, Zucker, Aroma, Farbstoff. Schmeckt auch so.

HAZ