Als Matt Booty, Chef der Xbox Game Studios, zum Abschluss des Showcase-Streams noch einmal ins Reden kommt, scheint plötzlich durch, was sich gerade in der Gaming-Landschaft verschieben könnte. Oder besser: was Microsoft zu verschieben gedenkt.

Aktuell spielt der Software-Riese auf dem Konsolenspielplatz mit seiner Xbox in Sachen Umsatz, Spielerzahlen und so weiter höchstens die zweite Geige hinter Sonys Playstation und – ein Stück weit außer Konkurrenz – Nintendo mit der Switch (die in den USA meistverkaufte Konsole). Lange hatte man keinen Grund zur Annahme, daran könnte sich zeitnah irgendetwas ändern.

Nun, Matt Booty gedenkt, daran etwas zu ändern. Und das könnte dazu führen, dass Gamer die Xbox künftig ernster nehmen müssen, als die vielen hämischen „You lost the console wars“-Memes der Vergangenheit vermuten lassen.

Wie will Xbox die Gamer künftig für sich gewinnen?

Als eine der ersten konkreten Ausprägungen dessen konnte man schon die Ankündigung des von Machine Games (als Teil von Bethesda seit 2021 auch Teil von Microsoft) entwickelten, letztlich hervorragenden Blockbuster-Abenteuers „Indiana Jones und der große Kreis“ verstehen. Darin hieß es vielsagend nach dem Xbox-Releasedatum am 9. Dezember 2024: demnächst auch für Playstation (und ist jetzt seit dem 17. April 2025 erhältlich). Wenn hauseigene Entwicklungsstudios nicht mehr nur für die eigene Plattform entwickeln, darf man das als Resultat eines Erkenntnisprozesses verstehen: Mit Spielen verkaufen wir keine Konsolen mehr, also holen wir die Verluste auf neuen Märkten wieder rein.

Zur selben Zeit brachte Xbox weitere Flaggschiffe des eigenen Spiele-Ökosystems auf die Playstation, darunter das von Millionen gespielte „Sea of Thieves“. Den Game Pass, das Xbox-Abo für Spiele, gibt es schon länger auch für PC-Spieler. Damit sind viele ansonsten bis zu 80 Euro teure Spiele für Abonnenten vom ersten Tag an inklusive.

Dass Microsofts Spieler den Weg des Plattformbetreibers hin zu mehr digitalem und weniger analogem Gaming wollen, zeigt sich auch in den verkauften Xbox-Konsolen: Im Januar 2025 waren laut den Branchenanalysten von Circana 88 Prozent davon ohne Laufwerk. Zum Vergleich: Nur 49 Prozent der verkauften Playstations waren laufwerklos.

Ob sich die Strategie auf der Software-Schiene schon jetzt für Microsoft lohnt, ist schwer zu sagen. Konkreter als „Wir verzeichnen mehr Spieler auf all unseren Plattformen als je zuvor“ (Zitat Booty) wird es meist nicht. Doch es ist definitiv eines der Pferde, die Microsofts Gaming-Karren in die Zukunft ziehen sollen. Denn: die meisten der am Wochenende vorgestellten In-House-Entwicklungen erschienen vom Fleck weg auch für Playstation und PC.

Das Xbox-Handheld, das auch Steam „kann“

Eine Nutzerin mit dem neuen Xbox-Handheld, das mit Windows läuft und verschiedene Spiele-Aggregatoren unterstützt. - © Xbox

Eine Nutzerin mit dem neuen Xbox-Handheld, das mit Windows läuft und verschiedene Spiele-Aggregatoren unterstützt.
(© Xbox)

Das naheliegendste Zugpferd präsentierte Microsoft ebenfalls im Livestream vom vergangenen Wochenende: Das erste dezidierte Xbox-Handheld. Das Rog Ally ist dabei im Grunde ein mit Windows laufendes Handheld, wie es schon jetzt viele gibt – allerdings mit Xbox-Buttons und -Funktionen.

In der Präsentation sagte Booty dann im Grunde auch nur das Offensichtliche: Darauf lassen sich – neben der vorinstallierten Xbox-Umgebung – sämtliche anderen Games-Aggregatoren installieren: Steam, Epic Games Store, GOG. Das Ziel ist klar: Die Zusammenführung etlicher Spielebibliotheken, die Gamer heutzutage parallel pflegen müssen – der PC nutzende Teil aller Voraussicht nach schon jetzt auf Windows-Systemen. Umstiegsschmerzen: Minimal. Alles entlang des zu Jahresbeginn etablierten, verschiedenste Geräte einschließenden Slogans „This is an Xbox“, mit dem Microsoft die „Play Anywhere“-Möglichkeiten seines Game Pass bewarb.

Kann diese Strategie aufgehen?

Dass Microsoft mit all dem zum Beispiel das populäre Steam Deck, Valves Handheld, in Schwierigkeiten bringen kann, darf man zwar bezweifeln. Viele Spieler brauchen nur diesen einen Anbieter, um alles spielen zu können, was sie wollen. Allerdings: Wer schon einmal versucht hat, Steam-fremde Spiele darauf zu installieren, kann sich vielleicht eher mit einer vertrauten Windows-Umgebung als mit Steams verklausulierter Desktop-Ansicht anfreunden.

Trotzdem sind die drei Säulen, auf denen Microsoft seine Gaming-Zukunft sieht, – Game Pass, Cross-Plattform-Veröffentlichungen, Windows-basiertes Handheld – womöglich tragfähiger als man dem Branchenriesen noch vor Kurzem zugetraut hätte.

Endlich ein neues

Endlich ein neues „The Outer Worlds“!
(© Xbox)

Jahre sind seit dem milliardenschweren Kauf von Activision-Blizzard mit Marken wie „Call of Duty“ und „Diablo“ vergangen, ohne dass die Xbox entsprechend viele neue Spiele hatte vorstellen können. Das wird sich diesen Herbst ändern, wenn Großprojekte wie „The Outer Worlds 2“ und etliche weitere frisch angekündigte Spiele plattformübergreifend erscheinen – und Game Pass-Besitzern frei Haus in die Bibliothek flattern.

Das Line-Up, das Xbox jetzt vorgestellt hat, kann sich jedenfalls absolut sehen lassen – wobei bei der Präsentation so manches Projekt wie „Perfect Dark“, ein neues „Fable“ und ein mysteriöser „Klassiker, der uns schon von Anfang an begleitet hat“ (Zitat Xbox-Chef Phil Spencer) noch gar nicht gezeigt wurden.

Vielleicht wird Playstation der Platzhirsch auf dem Konsolenmarkt in Sachen Einnahmen bleiben. Vielleicht verschlingt die Nintendo Switch 2, die womöglich irgendwann meistverkaufte Konsole aller Zeiten, ein gutes Stück vom Konsolenkuchen. Aber es ist zumindest nicht unvorstellbar, dass Spieler künftig den Großteil ihrer Spiele über einen Xbox-Service nutzen – sei es das Games-Bibliotheken vereinigende Handheld, der PC Game Pass oder die Konsole – und die Portierung von Playstation-Spielen (jüngst angekündigt: „Final Fantasy VII Remake“) einfach abwartet.

Was sich definitiv festhalten lässt: Noch vor Kurzem undenkbare, plattformübergreifende Synergien scheinen jetzt geradezu erwünscht. Denn was schon länger klar ist: Mehrere Konsolen kaufen sich die wenigsten Gamer. Und wenn, dann müssen sich diese dort ergänzen, wo Spieler ihre Spiele spielen. Mit der jetzt umrissenen Xbox-Strategie könnte Microsoft also tatsächlich eine Vision für die beste Lösung präsentiert haben.