US-Präsident Donald Trump hasst Staaten, die einen Handelsüberschuss mit den USA haben – die also mehr Waren in die USA exportieren als importieren. Sie sind für ihn die schlimmsten Übeltäter, ganz egal, ob es befreundete Regierungen sind oder nicht. Neben der Europäischen Union betrifft das besonders den dynamischen Wirtschaftsraum Ost- und Südostasiens.
An erster Stelle natürlich China, das den Forderungen von Trump nicht nachgeben will. Dieser hatte zuletzt damit gedroht, weitere Zölle in Höhe von 50 Prozent auf chinesische Waren zu erheben. Der durchschnittliche US-Zoll auf chinesische Güter wird bereits auf bis zu 76 Prozent steigen, nachdem der US-Präsident in der vergangenen Woche China mit einem neuen Zoll von 34 Prozent belegt hat – zusätzlich zu den 20 Prozent, die er bereits eingeführt hatte. Die Volksrepublik will das vergelten und hatte zunächst Gegenzölle in Höhe von 34 Prozent angekündigt, was wiederum an den internationalen Finanzmärkten zu schwerer Verunsicherung geführt hatte. Zudem sollen die USA beim Kauf von kritischen Mineralien und Metallen aus China eingeschränkt werden, also bei genau solchen, die dringend für fortschrittliche Industrieprodukte benötigt werden.
Auch das demokratische Taiwan, wo die modernsten Halbleiter der Welt gebaut und exportiert werden, soll 32 Prozent Zoll auf seine Produkte zahlen. Paradoxerweise sind die USA gleichzeitig Taiwans wichtigster Unterstützer und schützen die Inselrepublik bislang vor einem militärischen Angriff der Volksrepublik China – Taiwan ist daher gar nicht auf Vergeltungsmaßnahmen gegenüber den USA aus.
Auch andere Staaten der Region bestraft die Trump-Regierung mit extremen Zöllen. Diese Länder stehen exemplarisch für Trumps Wüten in Ost- und Südostasien:
Übersicht:
Malaysia: Mit der Kraft des Asean-Blocks
Die
Regierung in Kuala Lumpur setzt als Reaktion auf Trumps Zölle auf die
vereinte Kraft Südostasiens. Er wolle die Bemühungen anführen, eine
geeinte regionale Front zu präsentieren und so sicherzustellen, dass die
kollektive Stimme der Asean-Staaten gehört werde, sagte Malaysias
Regierungschef Anwar Ibrahim. Die Mitglieder des Staatenblocks, zu denen
unter anderem Indonesien, Thailand, die Philippinen und Singapur
gehören, haben zusammen erhebliches wirtschaftliches Gewicht. Ihre
gemeinsame Wirtschaftsleistung von rund vier Billionen US-Dollar im Jahr
wird nur von den USA, China, Deutschland und Japan übertroffen. Zudem
steht die Region mit ihren 700 Millionen Einwohnern für acht Prozent der
weltweiten Exporte.
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Das Problem: Schon in seiner ersten
Amtszeit schenkte Trump den Asean-Staaten kaum Gehör. Gipfeltreffen der
Gruppe, zu denen US-Präsidenten traditionell eingeladen werden, blieb er
fast immer fern. Fraglich ist zudem, wie lange die gemeinsame Front im
Zollstreit hält: Denn einzelne Staaten könnten von den neuen Bedingungen
sogar profitieren – darunter Malaysia selbst. Mit einem US-Zoll von 24
Prozent kommt das Land, das unter anderem beim Export von Halbleitern
eine wichtige Stellung hat, vergleichsweise glimpflich davon.
Handelsminister Tengku Zafrul Aziz spekuliert bereits darüber,
dass Fabriken aus der Region deshalb bald nach Malaysia umziehen
könnten.
Kambodscha: Ausgerechnet ein besonders armes Land
Auch Kambodscha hat mit den
Zöllen zu kämpfen. Obwohl es eines der ärmsten Länder Asiens ist, hat
das Land nach Meinung von Donald Trump die USA besonders ungerecht
behandelt. Über Kambodscha, das der US-Präsident mit einem
49-Prozent-Zoll belegte, sagte Trump bei der Vorstellung seiner Pläne:
„Sie haben mit den Vereinigten Staaten ein Vermögen gemacht.“ Die
Aussage verwundert: Das Pro-Kopf-Einkommen des Landes beträgt gerade
einmal 2.500 US-Dollar im Jahr.
Kambodscha liefert deutlich
mehr Waren – hauptsächlich Textilien und einfache Elektronikkomponenten –
an die USA, als es von dort kauft. Doch das liegt in erster Linie aber
nicht an unfairen Handelsbarrieren des 17-Millionen-Einwohner-Landes.
Viele Kambodschaner können sich US-Güter schlichtweg nicht leisten.
Trumps Zölle drohen die Wirtschaft nun weiter zurückzuwerfen. Die Regierung in Phnom Penh appelliert deshalb an Trumps Regierung, eine
Lösung zu finden, „die sowohl die wirtschaftlichen Interessen der USA
als auch die nachhaltige Entwicklung Kambodschas schützt.“ Der im Exil
lebende kambodschanische Oppositionspolitiker Sam Rainsy sieht seine
Heimat als das beste Beispiel dafür, wie problematisch Trumps Fixierung
auf eine ausgeglichene Handelsbilanz ist: „Die Methodik bestraft Länder
ohne Rücksicht auf Entwicklungsstand und Wirtschaftsstruktur.“ Ein
kleines Entwicklungsland sei jetzt einer der Staaten, der am Ende den
höchsten Preis zahlen müsse.
Vietnam: Locken mit dem Null-Prozent-Zoll
Biegsam zu sein wie
Bambus – in Vietnam gilt das als höchste Tugend in der Außenpolitik.
Auch im Umgang mit Trumps Zöllen will sich das Land besonders
anpassungsfähig zeigen. Nur zwei Tage, nachdem der US-Präsident Vietnams
Wirtschaft mit einem 46-Prozent-Zoll belegt hatte, erklärte sich die
kommunistische Führung in Hanoi zu umfassenden Zugeständnissen bereit.
Einfuhrzölle für US-Produkte würde das Land komplett streichen, um mit
den USA einen Handelsdeal abzuschließen, berichtete Trump aus einem
Telefongespräch mit dem Chef von Vietnams Kommunistischer Partei.
Zudem verspricht das Land, mehr Rüstungsgüter, Flugzeuge und Flüssiggas aus Amerika zu kaufen. Damit will Vietnam den enormen Handelsbilanzüberschuss von zuletzt mehr als 120 Milliarden US-Dollar abbauen
– nur in China und Mexiko ist der Handel mit den USA noch
unausgeglichener. Hinter dem Wert steht Vietnams zunehmende Beliebtheit
als Produktionsstandort: Apple lässt in dem südostasiatischen Land seine
Digitaluhren für den US-Markt produzieren, Samsung einen Großteil
seiner Mobiltelefone und Nike seine Turnschuhe.
Sollte
Vietnams Bambusdiplomatie scheitern, müssen US-Kunden dafür künftig wohl
deutlich mehr bezahlen. Eine schnelle Einigung scheint jedenfalls nicht
in Sicht. Laut Trumps Handelsberater Peter Navarro ist Vietnams
Zollangebot nur „ein kleiner erster Schritt“.
Japan: Ein schwer enttäuschter Partner
Wie alle starken Exportnationen hat Donald Trump Japan mit hohen Zöllen abgestraft: Die US-Regierung verlangt von Japan eine 25-prozentige Abgabe auf Autoimporte und einen 24-prozentigen Zoll auf andere Waren. Das wird Japans exportlastiger Wirtschaft einen schweren Schlag versetzen. Denn auch wenn Toyota, immerhin einer der weltgrößten Autobauer, schon heute drei Standorte in den USA betreibt: Die Zölle würden einen potenziellen Verlust von etwa 17 Milliarden US-Dollar für die Japaner bedeuten. Welcher US-Konsument würde schließlich einen Toyota kaufen, der plötzlich 25 Prozent teurer ist? Laut der Wirtschaftsagentur Reuters macht allein Japans Automobilsektor 20 Prozent der Gesamtexporte des Landes aus – und der Großteil davon geht in den US-Markt. Analysten sagen voraus, dass die höheren Zölle Japans Wirtschaftswachstum um bis zu 0,8 Prozentpunkte dämpfen könnten.
Premier Shigeru Ishiba nannte die Entscheidung am Montag daher „äußerst enttäuschend und bedauerlich“. Und griff kurzerhand zum Telefonhörer, um mit Trump zu sprechen. In einem 25-minütigen Telefonat forderte er den US-Präsidenten auf, sein umfassendes Zollpaket noch einmal zu überdenken. „Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass Japan seit fünf Jahren in Folge der weltweit größte Investor in den USA ist, und ich habe auch nachdrücklich meine Sorge zum Ausdruck gebracht, dass die US-Zölle die Investitionskapazität japanischer Unternehmen verringern werden.“
Trotz der Enttäuschung bleibt Japan der wichtigste strategische Partner der USA in Asien. Der Inselstaat wird durch die US-Armee auch vor aggressiven Nachbarn wie Russland geschützt. Auch deswegen will Japans Regierung keinen Handelskrieg und keine Vergeltungszölle, sondern mit Trump reden.
Südkorea: Zollkrieg mitten in der politischen Krise
Wie für Japan sind die USA auch für Südkorea die militärische Schutzmacht, es besteht also eine Abhängigkeit. Südkorea steckt nach der Absetzung von Präsident Yoon Suk Yeol gerade in einer schweren politischen Krise und ist mehr oder weniger führungslos. Ausgerechnet in dieser Lage muss sich das Land nun Trumps Strafzöllen von 25 Prozent auf alle Produkte stellen. Der Handelsüberschuss mit den USA erreichte 2024 fast 56 Milliarden US-Dollar, Güter für fast 128 Milliarden Dollar landeten aus Südkorea in den USA. Autos sind mit 27 Prozent das meistverkaufte Produkt, Marken wie Hyundai, Kia und Daewoo sind auch in den USA beliebt.
Südkorea ist inzwischen allgemein der sechstgrößte Exporteur weltweit. Wie Taiwan exportiert es außerdem leistungsfähige Halbleiter und ist auch in traditionellen Industrien wie dem Schiffbau noch erfolgreich. Trump verlangt zudem, dass Südkorea (wie auch Japan) mehr Geld für seine Rüstung zahlt – und treibt mit seiner extremen Zollpolitik Amerikas Alliierte in die Arme des diktatorischen China. Japan, Südkorea und die Volksrepublik führen einen gemeinsamen Wirtschaftsdialog zur Belebung des regionalen Handels. Dieser lag jedoch für fünf Jahre still. Dass am vergangenen Wochenende wieder ein Treffen abgehalten wurde, ist daher kein Zufall. Ausgerechnet Donald Trump macht also China in Ostasien stark.