Zwischen „Mediaspree“ und Rigaer Straße: Friedrichshain hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten einen beispiellosen Wandel erlebt – städtebaulich, sozial und kulturell. Eine neue Fotostrecke blickt zurück auf einen Stadtteil im Herzen Berlins, das heute kaum wiederzuerkennen ist.

Vom alternativen Szeneviertel zum hochverdichteten Entwicklungsraum: Der Bezirk Friedrichshain steht exemplarisch für die tiefgreifende Veränderung der Berliner Innenstadt. Eine visuelle Zeitreise macht den Wandel greifbar. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

© Fotos: ENTWICKLUNGSSTADT

 

Am Montag wurde in Berlin-Friedrichshain der neue EDGE East Side Tower offiziell eröffnet. Der 142 Meter hohe Büroturm am südlichen Ende der Warschauer Brücke bietet nun auf 36 Etagen Platz für bis zu 3.000 Mitarbeitende, vor allem aus dem Entwicklungsbereich von Amazon.

Rund 33 Etagen sind bereits bezogen, die vollständige Nutzung ist bis Anfang 2026 geplant. Bei der Eröffnung betonte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner die Bedeutung vertikalen Bauens in der wachsenden Stadt. Neben Büroflächen beherbergt das Gebäude auch das sogenannte „KiezLab“, das gemeinnützigen Berliner Initiativen kostenfrei zur Verfügung steht. Vor dem Gebäude kam es, wie zu erwarten war, zu Protesten.

Friedrichshain: Neubau des EDGE East Side wird ambivalent bewertet

Vor allem in den umliegenden Quartieren wird der dominante Neubau teilweise kritisch gesehen. Denn das markante Gebäude wird künftig vollständig als Gewerbeimmobilie genutzt, eine Wohnnutzung ist nicht vorgesehen. So wurde das Gebäude zumindest in den unteren Etagen bereits mehrfach beschmutzt und mit Farbe beschmiert.

Das nun fertige Gebäude verfügt über 37 Etagen und eine Bruttogeschossfläche von insgesamt 80.500 Quadratmetern, von denen 65.000 Quadratmeter für Büroflächen nutzbar sind. Viele Bewohnerinnen und Bewohner in den umliegenden Quartieren befürchten, dass sich der Charakter des Stadtteils Friedrichshain durch das EDGE-Projekt und vergleichbare Bauvorhaben (wie etwa dem geplanten Umbau des RAW-Geländes) zu stark verändern wird.

Kaum ein Stadtteil hat sich in den vergangenen Jahrzehnten so rasant verändert wie Friedrichshain

Denn kaum ein Berliner Stadtteil hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine derart dynamische Transformation durchlaufen wie Friedrichshain. Einst vor allem bekannt für besetzte Häuser, alternative Kultur und politischen Aktivismus, wurde das Quartier nach der Jahrtausendwende zunehmend zum Schauplatz großflächiger baulicher Aufwertung und ökonomischer Verdichtung. Die Wiedervereinigung öffnete das ehemalige Ostberliner Arbeiterviertel für Investitionen – und ließ die Mietpreise in die Höhe schnellen.

Gleichzeitig wandelte sich die demografische Struktur des Bezirks spürbar. Wo früher vor allem Studierende, Künstlerinnen und Aktivisten wohnten, finden sich heute junge Berufstätige, internationale Zuziehende und digitale Nomaden. Das veränderte nicht nur die Sozialstruktur, sondern auch das Stadtbild im weiterhin enorm beliebten Szenekiez.

Bebauung und Verdichtung: Hochhausprojekte entlang der Mediaspree

Besonders prägend war die Entwicklung im Umfeld der „Mediaspree“ – einem Areal entlang der Spree, das sich vom ehemaligen Industrie- und Hafengebiet zu einem der zentralen Entwicklungsräume Berlins wandelte. Bürogebäude, Firmensitze und Wohnhochhäuser prägen das Bild rund um die Warschauer Brücke, wo vor mehr als zwanzig Jahren überwiegend noch Brachen und ungenutzte Flächen dominierten.

Die Verdichtung entlang der Stralauer Allee und am Ostbahnhof zeigt die neuen Prioritäten in der Berliner Stadtplanung: maximale Flächenausnutzung, kombiniert mit gemischten Nutzungsformen aus Wohnen, Arbeiten und Gastronomie. Gleichzeitig sind Kritik und Widerstand nicht verstummt – viele Anwohnende beklagen den Verlust gewachsener Strukturen und sozial verträglicher Mieten.

Kulturelles Erbe und bauliche Erneuerung: Zwischen Clubkultur und Projektentwicklung

Gleichzeitig ist Friedrichshain ein Ort kultureller Überlagerung geblieben. Zahlreiche Clubs und Bars stehen sinnbildlich für den Versuch, kulturelle Identität in ein sich schnell veränderndes Stadtbild zu integrieren. Doch auch hier zeigt sich: Lärmkonflikte, Nutzungsdruck und Bebauungspläne setzen alternative Kulturorte zunehmend unter Druck.

Rund um den Boxhagener Platz, in der Rigaer Straße oder am Frankfurter Tor treffen unterschiedliche Lebensrealitäten aufeinander – nicht selten verbunden mit sozialen Spannungen. Die Transformation Friedrichshains ist damit ein Paradebeispiel für die Widersprüche der Berliner Stadtentwicklung: zwischen Aufwertung und Verdrängung, Aufbruch und Identitätsverlust.

Unsere Fotostrecke dokumentiert die sichtbaren Spuren dieser Entwicklungen. Sie zeigt Friedrichshain, wie es vor zwanzig Jahren war – als Momentaufnahme eines Quartiers, das bis heute zwischen Vergangenheit und Zukunft schwankt.

© Foto: ENTWICKLUNGSSTADT

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Quellen: Berliner Morgenpost, amazon, Deutsches Architektur Forum, ENTWICKLUNGSSTADT, Achitektur Urbanistik Berlin