US-Präsident Donald Trump verschärft massiv den Druck auf die Mullahs. Er fordert den Iran zur „bedingungslosen Kapitulation“ auf.

In seinem Onlinedienst Truth Social postet Trump, die USA wüssten, wo sich Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei (86) versteckt halte. Es gebe aber „zumindest vorerst“ keine Absicht, Chamenei zu töten. Für Israel dagegen bedeutet die Tötung des obersten Führers der Mullahs das Ende des Konflikts.

Nahost-Experte: Trump-Vorspiel zum militärischen Eingreifen der Amerikaner

▶ Doch was bedeutet Trumps Knallhart-Vorstoß gegen die Iraner? Staatswissenschaftlicher und Nahost-Experte Dr. Andreas Böhm (47) von der Universität St. Gallen zu BILD: „Alles deutet darauf hin, dass Trump der Entscheidung nahe ist, einen Einsatzbefehl zu geben.“ Das Posting ist vermutlich ein Vorspiel zum militärischen Eingreifen der Amerikaner.“

Dazu passt, dass der US-Präsident im Anschluss an seinen Online-Post verkündet hat, noch am Dienstag den US-Sicherheitsrat einberufen zu wollen. Das Gremium berät den Präsidenten in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik.

Peter Neumann (50) ist anerkannter Experte für Terrorismus. Für ihn könnte das Regime im Iran untergehen, wenn es Trumps Forderungen akzeptiert. Akzeptieren die Mullahs nicht, greifen die Amerikaner militärisch ein

Peter Neumann (50) ist anerkannter Experte für Terrorismus. Für ihn könnte das Regime im Iran untergehen, wenn es Trumps Forderungen akzeptiert. Akzeptieren die Mullahs nicht, greifen die Amerikaner militärisch ein

Foto: Daniel Vogl/dpa

▶ Für Terror-Experte Peter Neumann vom King’s College in London hat sich Trump in eine Situation manövriert, wenn die Iraner seine Forderung nicht akzeptieren, dass die Amerikaner eingreifen müssen. Er sagt zu BILD: „Trump hat eine rote Linie gezogen, die er nicht mehr wegbekommt. Entweder gibt er Iran nach oder Amerika ist gezwungen, militärisch einzugreifen und das Atomprogramm völlig zu zerstören.“

US-Vizepräsident JD Vance (40) ließ ebenfalls keine Zweifel an den Absichten Amerikas: Auf dem Onlinedienst X kündigte er „weitere Maßnahmen“ der Vereinigten Staaten an, „um die iranische (Uran-)Anreicherung zu beenden“.

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▶ Bisher hat sich der Iran noch nicht zu Trumps Knallhart-Forderung geäußert. Für den Schweizer Nahost-Experten Böhm wird es nicht zu einer „bedingungslosen Kapitulation kommen“. Er sagt zu BILD weiter: „Wie soll die bedingungslose Kapitulation aussehen und was soll sie beinhalten? Es würde bedeuten, dass die iranische Führung vor Trump zu Kreuze kriecht. Das werden sie kaum machen.“

▶ Für den Londoner Professor Neumann müssen die Iraner mit allem einverstanden sein, was die Amerikaner und auch Israel fordern. Er sagt zu BILD weiter: „Die Iraner müssen ihr komplettes Atomprogramm aufgeben, nur das würde Trump als bedingungslose Kapitulation akzeptieren. Verhandlungen darüber reichen nicht aus.“

„Dann ist das System gedemütigt“

▶ Obwohl die Israelis den Luftraum über weite Teile Irans beherrschen, die wichtigsten Militärs ausgeschaltet haben und Chamenei laut Insidern zunehmend isoliert sein soll, halten die Mullahs das iranische Volk unter Kontrolle. Aber wie lange noch? Böhm weiter zu BILD: „Das Regime im Iran hat abgewirtschaftet. Es sind höchstens noch 20 Prozent der Iraner, die es unterstützen, die große Mehrheit hat damit abgeschlossen. Kaum einer ist also unglücklich, wenn das Regime weg ist.“

2022 haben die Mullahs die Freiheits-Aufstände der Iraner niedergeschlagen

2022 haben die Mullahs die Freiheits-Aufstände der Iraner niedergeschlagen

Foto: Uncredited/AP/dpa

▶ Was passiert innenpolitisch, wenn die Iraner Trumps Forderungen zustimmen? Die Mullahs haben ihr System gegründet auf Hass-Aussagen wie „Tod den Amerikanern“ und „Tod Israel“. Neumann weiter zu BILD: „Wenn die Iraner die Forderungen akzeptieren, dann wäre das System gedemütigt, ein Kotau vor den Amerikanern. Dann wäre die Legitimation des Regimes erloschen.“

▶ Die größte Sorge vieler Iraner: Was käme nach den Mullahs? Böhm: „Eine Militärdiktatur – aus den Resten der Revolutionsgarden, die sicherlich nach einer Atombombe streben werden. Oder noch schlimmer, es entsteht ein Machtvakuum. Die Sorge, so zu enden wie der Irak vor zwanzig Jahren, ist groß. Davor graust es den Leuten zurecht.“

Peter Neumann ist Professor für Security Studies am renommierten King’s College London. Er gilt als anerkannter Experte für Terrorismus- und Extremismus-Forschung. Vor seiner akademischen Karriere arbeitet er als Rundfunkjournalist. Er ist Autor des Buches „Der Terror ist unter uns. Dschihadismus und Radikalisierung in Europa“ (2016).

Andreas Böhm ist Professor an der Universität in Sankt Gallen. Zu seinen Schwerpunkten gehört der Nahe Osten, Geopolitik, Politische Theorie und Politik-Gestaltung. Über den Libanon hat er wissenschaftliche Studien verfasst.