Die Europäische Union erhöht den Druck auf den Kreml. Nach dem Willen der EU-Kommission soll spätestens Ende 2027 kein Gas mehr aus Russland importiert werden. Am Dienstag wurden in Brüssel entsprechende Pläne vorgestellt. Doch weil die EU ein kompliziertes Geflecht von Staaten ist und nicht alle Mitglieder zu diesem Schritt bereit sind, ist die Umsetzung ein schwieriges Unterfangen.

Wegen des Überfalls Russlands auf das Nachbarland Ukraine hat die EU inzwischen 17 Sanktionspakete verabschiedet. Unter die Strafmaßnahmen fällt bereits ein Einfuhrverbot für Öl und Kohle.

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Prozent der Gasimporte in die EU kamen im Jahr 2024 aus Russland.

Schwieriger ist das Vorgehen in Sachen Gas, da die Abhängigkeit einzelner EU-Mitglieder in diesem Fall wesentlich größer ist. Als flüssiges Erdgas (LNG) und über die Pipeline Turkstream kommt auch heute noch Gas in die Staatengemeinschaft. 2024 machten Gaslieferungen aus Russland Angaben der EU-Kommission zufolge knapp 19 Prozent aller Importe aus.

Auch aus diesem Grund sperren sich Moskau freundlich gesonnene Regierungen wie in Ungarn oder der Slowakei gegen Gas-Einfuhrverbote. Das Problem ist, dass EU-Sanktionen einstimmig verabschiedet werden müssten. Selbst eine gemeinsame Erklärung zur Energieversorgungssicherheit der EU-Staaten, die den Ausstieg aus russischer Energie beinhaltet, schlossen sich Ungarn und die Slowakei am Montag nicht an. 

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Brüssel. Bei den Maßnahmen soll es nicht nur um die Unterstützung Kiews gehen.

© dpa/Omar Havana

Aus diesem Grund geht die Kommission einen anderen Weg, über einen sogenannten „Legislativvorschlag“, in dessen Rahmen bestehende Gesetz geändert werden sollen.

Wie die Kommission am Dienstag in Brüssel erklärte, plane sie „einen schrittweisen Ausstieg“ aus den Gaseinfuhren. Konkret heißt das: „Im Rahmen des geplanten schrittweisen Importverbots werden russische Gasimporte im Rahmen neuer Verträge ab dem 1. Januar 2026 verboten.“

Importe im Rahmen bestehender kurzfristiger Verträge würden bis zum 17. Juni 2026 eingestellt, mit Ausnahme von Pipeline-Gaslieferungen an Binnenländer im Rahmen langfristiger Verträge, die bis Ende 2027 erlaubt seien. Weiter heißt es: „Importe im Rahmen langfristiger Verträge werden ebenfalls bis Ende 2027 eingestellt.“

Dieses schrittweise Vorgehen soll nach Angaben der EU-Kommission dazu beitragen, „die Einfuhr russischen Gases wirksam zu stoppen, gleichzeitig mögliche Auswirkungen auf die Energiepreise in der Union zu begrenzen und jegliche Gefährdung der Versorgungssicherheit zu vermeiden“.

Russland hat wiederholt versucht, uns zu erpressen, indem es seine Energieversorgung als Waffe einsetzt.

EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen zur Begründung des Importverbots für russisches Gas

EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen betonte am Dienstag, dass es bei diesen Maßnahmen nicht nur um die Unterstützung für die Ukraine gehe, sondern die Union sich damit auch selbst schütze: „Russland hat wiederholt versucht, uns zu erpressen, indem es seine Energieversorgung als Waffe einsetzt.“ Das hätte dann ein Ende.

Die Verbraucher in Europa brauchen sich nach Angaben der Kommission keine Sorgen zu machen. In einer Mitteilung heißt es: „Die verbleibenden russischen Gasmengen können ohne nennenswerte wirtschaftliche Auswirkungen oder Risiken für die Versorgungssicherheit schrittweise abgebaut werden, da auf dem globalen Gasmarkt ausreichend alternative Lieferanten zur Verfügung stehen, der Gasmarkt der Union gut vernetzt ist und in der EU eine ausreichende Importinfrastruktur vorhanden ist.“

Zudem werde dafür gesorgt, dass die Maßnahmen für den Stopp russischer Energieeinfuhren so umgesetzt würden, dass es nur minimale Auswirkungen auf die Preise gebe.

Endlich kommt das klare Signal an den russischen Machthaber, die Kriegskasse nicht weiter mit europäischem Geld zu füllen.

Michael Bloss (Grüne) Mitglied des Energieausschusses im Europaparlament

Unterstützung erhält die Kommission aus dem Europarlament. Michael Bloss, Grünen-Politiker und Mitglied des Energieausschusses, betont: „Endlich kommt das klare Signal an den russischen Machthaber, die Kriegskasse nicht weiter mit europäischem Geld zu füllen.“

Er warnt aber davor, „von einer Abhängigkeit in die nächste zu stolpern“. Die Gas-Lieferungen aus den USA seinen angesichts des wetterwendischen Präsidenten Donald Trump keine wirkliche Alternative. Er ist der Überzeugung: „Nur der Ausbau der Erneuerbaren Energien schützt dauerhaft vor Abhängigkeit und sichert mittelfristig wettbewerbsfähige Energiepreise.“

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Ähnlich argumentiert Jens Geier, energiepolitische Sprecher der SPD im Europaparlament. Der Sozialdemokrat begrüßt den Plan der Kommission und betont: „Ergänzend dazu müssen wir aber auch weiterhin Energieimporte diversifizieren, und erneuerbare Energien sowie alternative Wärmequellen ausbauen.“