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Hilfe nur für Einheimische – dieses Konzept wird im Bahnhofsviertel in Frankfurt von der ersten Einrichtung umgesetzt. Die Irritation bei anderen Trägern und der Gesundheitsdezernentin ist groß.
Frankfurt – Der Verein Jugendberatung und Jugendhilfe (JJ) wird in seinem Drogenhilfezentrum im Bahnhofsviertel künftig nur noch Menschen betreuen, die aus Frankfurt kommen. Diese Pläne gab der Leiter des Notdienstes an der Elbestraße, Wolfgang Barth, am Montag, 16. Juni, in einem Pressegespräch mit Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) bekannt. Für Auswärtige soll es in der Einrichtung nur noch eine medizinische Notversorgung geben. Die Integrative Drogenhilfe und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl (Grüne) halten diese Pläne für falsch.
Dealer und Süchtige vor dem Drogennotdienst an der Elbestraße. © IMAGO
Mit der Entscheidung, Auswärtige abzuweisen und an Hilfseinrichtungen in ihren Heimatkommunen zu vermitteln, kommt das JJ einem Konzept zuvor, das für das Suchthilfezentrum an der Niddastraße vorgesehen ist. In der Einrichtung, über deren Bau und Konzept die Stadtverordneten Anfang Juli entscheiden wollen, sollen abgesehen von einer Erstversorgung bei Notfällen nur Frankfurterinnen und Frankfurter betreut werden. Diese machen gerade bei Cracksüchtigen, an die sich das Zentrum in erster Linie richtet, nur etwa 35 bis 40 Prozent der jetzigen Klientel in der Drogenhilfe aus.
Oberbürgermeister Mike Josef: „Wir können nicht ganz Südhessen versorgen“
Mike Josef wiederholte am Montag seinen schon vor Monaten geäußerten Grundsatz: „Wir können in Frankfurt nicht ganz Südhessen versorgen.“ Andere Kommunen seien in der Pflicht, Hilfseinrichtungen zu eröffnen. Sie dürften sich nicht länger darauf verlassen, dass ihre Bürgerinnen und Bürger im Bahnhofsviertel versorgt würden.
Dieser Ansatz zeige bereits Wirkung, sagte Josef. Der OB verwies auf Pläne für eine Hilfseinrichtung in Darmstadt und entsprechende Diskussionen in Gießen und Kassel.
Bahnhofsviertel in Frankfurt: Andere Einrichtung bleibt offen für Auswärtige
Ziel der Drogenpolitik müsse sein, den Süchtigen einen „Weg zum Ausstieg“ aufzuzeigen, sagte Wolfgang Barth. Er verwies auf die verheerende Wirkung von Crack. Wer die Droge unkontrolliert einnehme, lebe meistens nicht lange. Das Konzept, die Drogenhilfe nur noch Menschen aus Frankfurt anzubieten, sei mit der Polizei abgesprochen und werde von den Einsatzkräften unterstützt, betonten Josef und Barth. So werde die Polizei dafür sorgen, dass Menschen, die in den Einrichtungen abgewiesen werden, das Crack nicht auf der Straße rauchen.
„Falscher Weg im Bahnhofsviertel“ – ein Kommentar
Gabi Becker, die Geschäftsführerin der Integrativen Drogenhilfe (IDH), zeigte sich auf FR-Anfrage „sehr irritiert“ von den Plänen. Vom Pressegespräch mit Josef habe sie nichts gewusst: „Das hätte ich mir anders gewünscht.“
Die IDH, die in der Niddastraße einen Konsumraum betreibt, werde dem Konzept nicht folgen, sagte Becker. „Wir werden weiterhin alle Menschen betreuen, die Hilfe brauchen.“ Bis Ende des Jahres soll die Zahl der Rauchplätze bei der IDH auf 16 Plätze ausgebaut werden. „Aber natürlich hat es Folgen für unsere Einrichtung, wenn andere Einrichtungen Menschen abweisen.“
Bahnhofsviertel in Frankfurt: Dezernentin Voitl kritisiert Alleingang
Dezernentin Elke Voitl nahm an dem Termin mit Barth und Josef nicht teil. „Mir wurde kein Konzept vorgelegt. Uns ist nichts geschickt worden. Daher habe ich an dem Pressegespräch nicht teilgenommen“, sagte sie der FR zur Begründung.
Voitl kritisierte den Alleingang des JJ. Derartige Vorstöße „greifen viel zu kurz und sind nicht zu Ende gedacht. Sie bringen das Bahnhofsviertel nicht weiter“. Die Frage, wie mit auswärtigen Drogenabhängigen umgegangen werde, müsse für die gesamte Stadt entschieden werden.