Auch im zweiten Anlauf hat Leon Draisaitl die Krönung seiner Karriere verpasst. Wie schon im Vorjahr verlor der deutsche Eishockey-Star mit den Edmonton Oilers die NHL-Finalserie gegen die Florida Panthers.
Leon Draisaitl schaute rasch in die Pizzaboxen, die für die Spieler der Edmonton Oilers außerhalb der Gästekabine in der Eishockey-Arena in Sunrise auf drei Plastiktischen lagen. Die Haare und der dicke Playoff-Bart noch nass, griff der 29-Jährige in seinem beigen Anzug nach kurzem Gucken zu und verschwand mit einem Karton in seiner rechten Hand Richtung Mannschaftsbus.
Er wollte nur noch weg. Weg von jenem Ort, an dem er erneut zusehen musste, wie die Florida Panthers den Gewinn des Stanley Cups feierten. Wie schon im Vorjahr hatten Draisaitl und die Oilers hier, im Sunshine State, das entscheidende Spiel der NHL-Finalserie verloren. „Unser Ziel war es, zu gewinnen, aber wir stehen jetzt leider wieder mit leeren Händen da“, sagte er im hell erleuchteten Interviewraum.
Vor einem Jahr war’s ganz knapp, diesmal deutlich
Vor einem Jahr hatten die Oilers die Serie ganz knapp in sieben Spielen verloren, mussten sich im entscheidenden Match 1:2 geschlagen geben. „Knapper kannst du nicht am Stanley Cup dran sein“, hatte Draisaitl danach immer wieder betont. Diesmal hingegen waren sie vom Titel so weit weg, wie Edmonton geografisch von Florida. Dass diese einseitige Finalserie überhaupt sechs Partien andauerte, war Draisaitl zu verdanken, der die Oilers in Spiel eins und vier jeweils in der Verlängerung zum Sieg geschossen hatte.
Florida hingegen dominierte die Partien drei, fünf und sechs, siegte 6:1, 5:2 und 5:1. Edmonton hätte am Dienstagabend in Sunrise, 50 Kilometer nördlich von Miami, gewinnen müssen, um so ein siebtes und entscheidendes Spiel daheim zu erzwingen. Doch wie schon in den vorangegangenen vier Begegnungen mussten die Oilers auch diesmal das erste Gegentor hinnehmen. Dabei hatte es Edmontons bester Verteidiger, Mattias Ekholm, Floridas Stürmer Sam Reinhart in der fünften Minuten viel zu leicht gemacht.
Sechstes Finalspiel nach Torwartfehler entschieden
Spätestens, als Reinhart nach einem schweren Torwartfehler von Stuart Skinner in der 38. Minute zum 3:0 traf, waren das Spiel und diese Finalserie entschieden. Und so stand Draisaitl, wie schon am 24. Juni 2024, abgekämpft und mit traurigem Gesicht vor den Medien und musste erklären, warum es auch diesmal nicht zum Titelgewinn gereicht hatte. „Einfach nicht genug Tore geschossen, hinten zu viele einkassiert, zu viele kleine Fehler“, resümierte der gebürtige Kölner schmallippig.
Jubel bei den Florida Panthers.
Dabei war Edmonton sehr souverän durch die ersten drei Runden der K.o.-Runde gekommen, hatte vor allem bei den überraschend klaren Siegen gegen 2023-Champion Vegas Golden Knights (4:1) und die hoch gehandelten Dallas Stars (4:1) Kraft gespart und Eindruck hinterlassen. Doch diese Florida Panthers waren in der Finalserie wie eine Anaconda, hatten die Oilers in vielen Spielen im Würgegriff, gaben ihnen kaum Raum, ließen sie schlichtweg nicht zur Entfaltung kommen.
Draisaitl mit meisten Punkten und Playoff-Rekord
Zudem hatte der alte und neue Meister mit Sergej Bobrowsky den klar besseren Schlussmann. Während bei den Oilers ab der vierten Partie stets unklar war, wer wohl im Tor stehen würde, die eigentliche Nummer eins, Skinner oder der starke Ersatzmann, Calvin Pickard, stellte sich diese Frage für Florida nie.
Diese Panthers, so Draisaitl, seien stärker gewesen, als die des Vorjahres, vor allem tiefer besetzt. Dass er mit 33 Zählern in diesen zwei Monate andauernden Playoffs zusammen mit Oilers-Kapitän Connor McDavid die meisten Punkte aller Spieler erzielt hatte, war ihm total egal. Dass er mit vier Siegtoren in der Verlängerung sogar einen neuen NHL-Playoff-Rekord aufstellte, ebenso. Denn das Saisonziel, Stanley-Cup-Gewinn, hatten Draisaitl und die Oilers wieder verpasst.
Sportschau, 18.06.2025 08:20 Uhr
Nico Sturm zum zweiten Mal Meister
Während der Kölner und seine Teamkollegen somit auch im zweiten Anlauf ohne Titel von Florida zurück nach Edmonton flogen, jubelte Nico Sturm. Der Nationalspieler, der 2022 bereits mit der Colorado Avalanche Meister geworden war, ist nun erneut Champion – auch wenn er in der Finalserie nicht zum Einsatz kam. „Den Cup wieder anfassen, ihn wieder in die Höhe stemmen zu dürfen, ist ein absolutes Privileg“, meinte Sturm, der erst zum Ende der Wechselperiode im März vom damaligen Schlusslicht San Jose Sharks zu den Panthers gekommen war.
Der Augsburger absolvierte acht Playoff-Partien für seinen neuen Verein und genoss den Erfolg mit seinen beiden Brüdern, sowie seiner Verlobten auf dem Eis. Doch der 30-Jährige dachte auch an Draisaitl. „Ich fühle sehr mit ihm, aber ich bin fest davon überzeugt, dass auch Leon seinen Stanley Cup noch holen wird. Aus deutscher Sicht hat es niemand mehr verdient als er“, betonte Sturm. Draisaitl, ergänzte er, sei „der beste Spieler, den wir in Deutschland haben, das Aushängeschild in unserem Sport“.
Für Draisaitl sollte es ein ganz besonderer Sommer werden. Erst wollte er mit den Oilers den Stanley Cup gewinnen, und dann, im August, in der Provence seine kanadische Verlobte, Celeste Desjardins, heiraten. Bald wird der Eishockey-Superstar erstmal nur den Ehering tragen – und auf den Meisterring mindestens ein weiteres Jahr warten müssen.