Der Eklat ist abgewendet worden: Nach dem hart geführten Streit der vergangenen Wochen haben sich Bund und Länder im Grundsatz darauf verständigt, dass insbesondere Städte und Gemeinden für die durch das Entlastungspaket der Bundesregierung erwarteten Steuerausfälle finanziell entschädigt werden.

„Wir sind uns darüber einig, dass vor allem Kommunen nicht noch weiter belastet werden dürfen und einen Ausgleich brauchen“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nach seiner ersten offiziellen Teilnahme an einer Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am Mittwoch in Berlin.

Die Tagesspiegel-Morgenlage EU-Kommission will Vorschläge für sechstes Sanktionspaket vorlegen

Die genaue Höhe der Kompensation wurde noch nicht vereinbart. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe soll bis zum kommenden Dienstag einen konkreten Vorschlag für „befristete, unmittelbare Kompensationsmaßnahmen“ unterbreiten, wie es im Beschlusspapier der Runde heißt.

Blockade ist unwahrscheinlich geworden

Ziel ist, dass die Entlastungen für die Wirtschaft einvernehmlich noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Dafür muss der Bundestag in der kommenden Woche seine Beratungen aufnehmen und auch der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor den Ferien am 11. Juli zustimmt.

Es liegt noch Arbeit vor uns.

Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD)

Eine Blockade des Gesetzespakets, das zwischenzeitlich im Raum stand, ist damit sehr viel unwahrscheinlicher geworden. „Bund und Länder sind sich einig, dass ein Ergebnis vor der abschließenden Beratung des Wachstumsboosters im Bundestag erzielt werden soll“, heißt es im Beschlusstext weiter. „Er wird am 11. Juli auch kommen“, sagte Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) als amtierender MPK-Vorsitzender, der mit seinem Parteichef im Kanzleramt „ein ganz neues Verhältnis von Bund und Ländern“ ausmachte.

Der Kanzler sprach von „einem guten föderalen Miteinander“. Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) wies zugleich darauf hin, dass über das Wochenende noch viel zu tun ist: „Es liegt noch Arbeit vor uns.“

Tatsächlich beinhaltet die politische Grundsatzeinigung noch keine konkreten Zahlen und Details – weder zur Höhe der Ausgleichszahlung an Länder und Kommunen, noch zur Gegenfinanzierung auf Seiten des Bundes.

Die Länderseite hatte die Steuerausfälle durch den Investitionsbooster, die schrittweise Absenkung der Körperschaftssteuer, die höhere Abschreibung von Elektroautos und weitere steuerliche Gesetzesänderungen bis zum Jahr 2029 auf insgesamt 48,1 Milliarden Euro beziffert. Davon hätten die Länder 16,6 und die Kommunen zusammen 13,6 Milliarden zu tragen.

Einen zweistelligen Milliardenbetrag kostet es mindestens

Mit seiner Aussage, dass den finanziell bereits stark belasteten Kommunen keine weiteren Probleme bereitet werden dürften, deutete Merz freilich eine Größenordnung der geplanten Entlastung. In Länderkreisen war nach der Sitzung gegenüber dem Tagesspiegel davon die Rede, dass die Kommunen mit einem nahezu vollen, die Länder mit einem kleinen Ausgleich rechnen könnten. Es ginge demnach in jedem Fall um einen zweistelligen Milliardenbetrag.

Für die Grünen-Bundestagsfraktion sprach die Abgeordnete Paula Piechotta von einer „Kampfansage“, weil die schwarz-roten Koalitionäre Geld aus dem im März beschlossenen Sondervermögen für eine bessere Infrastruktur nun „zum Stopfen von Haushaltslöchern verwenden werden“.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner begrüßte dagegen die Einigung und verwies darauf, dass auch Berlin von den 100 Milliarden Euro für die Länder aus dem Sondervermögen profitieren werde, „neben den bereits vereinbarten Maßnahmen nun auch in Wohnungsbau, Sport, Kultur, Wasserwirtschaft und Sicherheit“. Insgesamt geht es dabei um rund fünf Milliarden Euro, wie Wegners Sprecherin dem Tagesspiegel bestätigte. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz wurde auch vereinbart, nach welchem Schlüssel das Sondervermögen unter den Ländern verteilt werden soll.

Das könnte Sie ebenfalls interessieren Bund-Länder-Showdown ums Geld? Merz und die Ministerpräsidenten ringen um Steuerausfälle Schwarz-rote Steuerreform Was bringen Klingbeils milliardenschwere Entlastungen? Kai Wegner lobt Reform der Schuldenbremse „Jeder Euro muss in Zukunftsinvestitionen fließen statt kurzfristigem Konsum“

Eine zweite Arbeitsgruppe von Bund und Ländern soll derweil klären, wie grundsätzlich neu verfahren werden soll, wenn neue Bundesgesetze zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen in Ländern und Kommunen führen. Ein Ergebnis soll vorliegen, bevor der nächste solche Fall eintritt, spätestens jedoch bis zur Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember.