In den Prozessen um den Kölner Drogenkrieg sagt eine der Geiseln aus. Doch seine Aussagen hinterlassen mehr Fragen als Antworten.
Es dämmert bereits am Kölner Stadtrand, als Isaak C. (Name geändert) merkt, dass er in Schwierigkeiten geraten ist. Eigentlich soll er nur einen seiner Transporter aus einer Lagerhalle in Hürth abholen. Doch stattdessen findet er dort fünf gefesselte Männer. Mit Kabelbindern an den Händen und Klebeband vor dem Mund.
„Hau ab, ruf die Polizei“, schreit einer der gefesselten Männer, der sich von dem Klebeband befreien konnte. Sofort flüchtet Isaak C. aus der Halle auf nahegelegene Bahngleise, wählt den Notruf. Ein Großaufgebot der Polizei beendet kurz darauf die Geiselnahme. Noch nicht ganz im Bilde darüber, welche Bedeutung diese Tat im Kölner Drogenkrieg einmal haben wird.
Eine der Geiseln ist David M. (Name geändert). Er will mit den Taten selbst nichts zu tun haben. Laut eigenen Angaben soll er nur in einem Kiosk eines mutmaßlichen Mitglieds der Drogenbande gearbeitet haben. Trotzdem wird er im Juni 2024 zu der Lagerhalle zitiert – und dort wenig später gefesselt.
Für das Gericht ist David M. so etwa wie der Kronzeuge in dem Fall. Im Gegensatz zu den vier weiteren Geiseln sagt er vor Gericht aus. M. spricht von Todesdrohungen, Schlägen ins Gesicht und auch davon, dass ihm jemand mit einer Pistole auf den Hinterkopf geschlagen habe. Trotz der Festnahmen und Anklagen sieht er sich weiterhin durch die Bande bedroht.
Die Aussagen decken sich allerdings nicht mit dem, was er Monate zuvor bei der Polizei gesagt hat. Teilweise spricht er von fünf statt drei Geiselnehmern oder ist sich nicht sicher, in welcher Sprache sie kommuniziert haben sollen. Die Verteidigung stellt am Mittwoch (18. Juni) deshalb einen neuen Beweisantrag. Die beiden Kommissare, die M. verhört haben, sollen im Zeugenstand über die Vernehmungen berichten.
Die Beweise gegen die Angeklagten sind an vielen Stellen eindeutig. Sie wurden vor Ort von der Polizei verhaftet, einige Geiseln haben sie auf Bildern erkannt. Ein Polizist berichtete am Mittwoch zudem von der Aussage der Geisel Hakim S. (Name geändert). Er beschreibt einen der Geiselnehmer mit einem „unheimlichen Gesicht“. S. war wenige Stunden vor der Geiselnahme noch in den Niederlanden, sollte auf Anweisung des mutmaßlichen Bandenchefs Sermet A. unbedingt zur Lagerhalle fahren.
S. will auf Nachfrage nicht gewusst haben, warum er in die Halle fahren sollte. Er habe Sermet A. allerdings vertraut, weil diese bereits seit der Kindheit befreundet waren. Wenige Wochen vor der Tat sei dieser dann allerdings abgetaucht. „Er war nach der ganzen Sache wie vom Erdboden verschluckt“, heißt es im Vernehmungsprotokoll.