Buchcover: Oliver Maria Schmitt - KomaSee

Stand: 19.06.2025 06:00 Uhr

Oliver Maria Schmitt war fünf Jahre Chefredakteur der Satirezeitschrift „Titanic“. Da der Autor seit Jahren zeitweise am Comer See lebt, liegt doch nichts näher, als den neuen Roman dort spielen zu lassen.

von Katja Eßbach

Schon der Buchtitel weist den Weg: „KomaSee“, das Wortspiel für den italienischen Comer See, ist nur eines von vielen. Oliver Maria Schmitt liebt Wortspielerei in Kalauer-Qualität. Erzählt wird eine wilde Geschichte über die deutsch-italienische Paparazza Elena, über George Clooney, Ruhm und Dolce Vita.

Italienische Klischees am Comer See

Besagte Elena hat ein Problem: Ihre finanzielle Lage ist verzweifelt, und Rettung verspricht das ultimative George-Clooney-Foto. Der hat bekanntermaßen eine Villa am Comer See und angeblich eine Affäre. Also legt sich Elena auf die Lauer:

Stunden schon saß die Fotografin in ihrem Boot und starrte durch das Teleobjektiv auf die Fenster der weißen Villa, die vor ihr am Ufer thronte. Irgendwo in der Ferne der Schwarzwasserfläche blinkte was, rot und grün. Die Bojen der Fischernetze, die nachts im Wasser trieben und im Morgengrauen eingeholt wurden. Im Haus direkt vor ihr tat sich: noch immer nichts.

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Zu Hilfe eilt Elena der prototypischste Italiener der ganzen Welt: Faustino. Mit dem Anzugträger und Cabriofahrer hatte sie eine klitzekleine Affäre, und dass Faustino nicht der ist, der er vorgibt zu sein, versteht sich fast von selbst. Das ist nicht das einzige italienische Klischee aus dem Baukasten – da wären noch eine mafiöse Familie, zahlreiche Mamas und Nonnas und Landschaft:

Blau blitzte der See in der Sonne, das ultramarin schimmernde Pendant zum wolkenlosen Himmel über ihr. Kleine Sportboote zogen scharf geschnittene Schaumstreifen hinter sich her, auf der anderen Uferseite verdichtete sich die Besiedlung.

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Natürlich spielt Oliver Maria Schmitt mit diesen Klischees und überzeichnet sie. Das ist oft ziemlich lustig, aber seine Wortspiele und Komik erinnern manchmal etwas an die guten alten 90er-Jahre.

Humor, Tiefgang und unerwartete Familienverflechtungen

Oliver Maria Schmitt erzählt – das merkt man schnell – gern ausschweifend. Er lässt keinen Gag liegen und verliert deshalb seine Geschichte schon mal kurz aus den Augen. Das hat die gar nicht verdient. Denn neben der Jagd nach dem Promi-Foto verhandelt Schmitt auch Themen wie den ungebrochenen Hang mancher Italiener zum Faschismus, kriminelle Schleuser und nicht zuletzt eine Mutter-Tochter-Beziehung. Denn als Elena denkt, es könnte nicht schlimmer werden, taucht ihre italienische Mutter auf, die jahrelang in Deutschland gelebt hat:

Sophia Barone, strahlend und scharf wie ein frisch polierter Diamant, trug eine Sonnenbrille in Schweißmaskengröße und einen Seidenschal, mit dem der selige Christo problemlos den Duomo von Como hätte verpacken können.

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Sophia Barone sorgt zwar für Aufregung, die Elena echt nicht gebrauchen kann, sie bringt aber auch Licht in die Familienvergangenheit, RAF inklusive.

Müsste man „KomaSee“ in wenigen Worten beschreiben, dann vielleicht so: Pointendichter Roman mit Klamaukanteilen und Herz-Schmerz-Spuren, unterlegt mit Italo-Pop.

Buchcover: Oliver Maria Schmitt - KomaSee

KomaSee

von Oliver Maria Schmitt

Seitenzahl:
320 Seiten
Genre:
Roman
Verlag:
Rowohlt
ISBN:
978-3-7371-0207-0
Preis:
24 €

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