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Neue Sanktionen sollen Russlands Wirtschaft schwächen. Diese zielen unter anderem auf die Schattenflotte. Russland ändert eine wichtige Strategie.
Moskau – Auch ohne die Hilfe von US-Präsident Donald Trump gibt es neue Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft. Dabei hat der Kreml-Chef Wladimir Putin derzeit einen Lauf; der verschärfte Ölpreisdeckel der G7-Nationen blieb aus und wegen der Eskalation in Nahost stiegen die Ölpreise zumindest geringfügig. Die neuen Sanktionen treffen einmal mehr Russlands wichtige Schattenflotte.
Sanktionen setzen Schattenflotte unter Druck – neuer Schlag gegen Russlands Wirtschaft
Großbritannien hat am Dienstag (17. Juni) neue Sanktionen aufgelegt, die die Schlinge um die berüchtigte Schattenflotte enger ziehen sollen. Unter anderem stehen jetzt 20 neue Schiffe dieser Flotte auf der schwarzen Liste der Inselnation, außerdem zehn Individuen und Entitäten, die auf verschiedene Weisen mit Russlands Energie- und Transportsektor verbunden sind. Darüber hinaus fror Großbritannien verschiedene Mittel von größeren Unternehmen ein, darunter Rosneft Marine, das als „signifikanter“ Akteur in Russlands Energiesektor gilt.
Eine Festitivät auf der besetzten Krim mit Videoansprache (Symbolfoto). © IMAGO / ITAR-TASS
„Diese Sanktionen treffen genau ins Herz von Putins Kriegsmaschine und drosseln ihre Fähigkeit, den barbarischen Krieg in der Ukraine fortzuführen“, zitierte die Moscow Times Keir Starmer, Großbritanniens Premierminister. „Wir werden nicht zögern, die Daumenschrauben weiter anzuziehen.“
Die britische Regierung gab an, dass Sanktionen Russland bereits rund 450 Milliarden US-Dollar gekostet hätten. „Einer Schätzung zufolge ist das das Äquivalent zu etwa zwei zusätzlichen Jahren der Finanzierung für die Invasion“. Seit 2022 hat das Vereinigte Königreich mehr als 2.300 Individuen, Entitäten und Schiffe sanktioniert.
Westen geht gegen Schattenflotte vor – muss Putin die Strategie ändern?
Die Schattenflotte ist Russlands Werkzeug zur Umgehung verschiedener Sanktionen. Dazu gehört zum Beispiel der Ölpreisdeckel, der Ölschiffen verbietet, russisches Öl für mehr als 60 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) zu verkaufen. Westliche Unternehmen dürfen dieses Öl nicht abnehmen, Dienstleister dürfen ihre Services nicht anbieten. Um zu verschleiern, dass es russisches Öl ist, was da geliefert wird, hatte der Kreml-Chef Putin unter hohem Aufwand eine Flotte aus teils maroden und alten Schiffen aufgebaut.
Diese fahren häufig unter falscher Flagge und schalten gezielt ihre Schiffsortung aus, um zum Beispiel zu verschleiern, wo sie Ladung löschen oder verladen. Neben dem Öltransport wurden auch schon Schattentanker dabei beobachtet, wie sie zum Beispiel in der Ukraine gestohlenes Getreide oder andere Rohstoffe transportierten. Außerdem sollten sie an Sabotage-Akten in der Ostsee beteiligt sein.
Während Putin diese Schattenflotte immer weiter aufbaute, taten die westlichen Nationen ihr Bestes, um wiederum gegen diese Strategie vorzugehen. Als vergleichsweise effektiv stellten sich dabei vor allem US-Sekundärsanktionen heraus, die im Grunde Länder und Unternehmen bestrafen sollen, die mit den russischen Schattentankern Handel treiben. Anfang 2025 sorgte das beispielsweise dazu, dass selbst Russland-Partner wie Indien und China verschiedene Häfen für die Schattenflotte unzugänglich machten.
Schattenflotte verliert Macht – „auf Stress ausgelegt“
Von russischer Seite aus heißt es dagegen häufig, die westlichen Sanktionen hätten wenig Auswirkung auf Russlands Wirtschaft. Zuletzt hatten auch russische Ökonomen allerdings vor einer drohenden Abkühlung der Wirtschaft gewarnt. Auffällig dabei: Offenbar greift Russland tendenziell weniger auf seine Schattenflotte zurück, um Öl zu verschiffen. Laut dem Center for Research on Energy and Clean Air (CREA) nahm der Anteil von Öl, das die Schattenflotte verschiffte, von Januar bis Mai 2025 um 19 Prozent ab. Dafür verlässt sich Russland mehr auf Schiffe der sogenannten g7+-Staaten (zu denen unter anderem Sierra Leone und die Demokratische Republik Kongo gehören).
Bei den Rohöl-Exporten nahm der Anteil der Schattenflotte um glatte 20 Prozent ab. 61 Prozent dieser Exporte finden noch über die alternden Schiffe statt – im Januar waren es noch 81 Prozent gewesen. Das könnte darauf hinweisen, dass die West-Sanktionen Putin zunehmend dazu treiben, sich einfach wieder auf die reguläre Flotte zu verlassen, anstatt unter viel Aufwand die Schattenflotte am Laufen zu halten.
„Das heißt nicht, dass Russlands Energieindustrie morgen kollabieren wird“, sagt Craig Kennedy dazu, ein ehemaliger Top-Banker in den USA und Center Associate beim Davis Center der Universität Harvard. „Sie ist auf Stress ausgelegt.“ Aber solange die Industrie keinen Zugriff auf die heilige Dreifaltigkeit mehr habe (fortschrittliche westliche Technologie, billiges westliches Risikokapitel und die westlichen Premium-Märkte), werde sich der Zustand des Sektors weiter verschlechtern.
Kein neuer Ölpreisdeckel – G7 ohne neue Sanktionen
Wie geht es weiter? Starmer jedenfalls hat noch darauf gehofft, dass die G7 bei ihren Gesprächen in Kanada zu weiteren Strafmaßnahmen gegen Russland gelangen. „Wir müssen diesen Moment nutzen, um den wirtschaftlichen Druck zu erhöhen und Präsident Putin zu zeigen, dass es sowohl in seinem als auch Russlands Interesse ist, zu demonstrieren, wie ernst es ihm mit dem Frieden ist“, sagte Starmer.
Dazu kam es allerdings nicht mehr. Donald Trump gab Kostengründe an und lehnte zum Beispiel eine Verschärfung des wichtigen Ölpreisdeckels auf russische Exporte ab. Außerdem verließ er das Treffen der G7 in Kanada frühzeitig – weil sich die Lage zwischen Israel und dem Iran weiter zuspitzt.