AUDIO: Künstliche Intelligenz als Opernstar: „AI-Cinas Archiv“ Premiere in Hannover (3 Min)
Stand: 19.06.2025 09:09 Uhr
Was bleibt von unserem Wissen, wenn die Katastrophe hereinbricht? Das fragen sich Studierende der Musikhochschule und der Hochschule Hannover in der Oper „AI-Cinas Archiv“. Nach drei Jahren Arbeit feiert die Produktion nun Uraufführung.
Probenstart im Konzertsaal der Musikhochschule Hannover. Acht Sängerinnen und Sänger stehen unter einer halben Kuppel aus Plastik. Sie tragen Overalls in verschiedenen Farben, die an Blaumänner erinnern. Studentin Nadja Conrad von der Hochschule Hannover hat sie mitentworfen: „Das soll Arbeitskleidung widerspiegeln, weil das sind auch alles Arbeiterpersonen. Deswegen haben wir uns für diese Overalls entschieden. Vielleicht könnte es aber auch zum Beispiel ein Schutzanzug sein. Ich meine, die Welt geht unter. Wir wissen aber gar nicht, warum sie untergeht.“
Die KI trainieren für die Macht
Wie die Arbeitswelt unser Leben prägt, ist eines der zentralen Themen der Oper. Wie wir mit den Auswirkungen von Umweltkatastrophen umgehen, ein anderes. Eine künstliche Intelligenz mit Namen AI-Cina hat die Aufgabe, Erfahrungen und Wissen dazu in einem Archiv für die Nachwelt zu sammeln. Mezzosopranistin Mathilde Matzeit zeigt sie zu Beginn als unsichere Kandidatin, die der Aufgabe noch nicht gewachsen scheint. „Es geht vor allem darum, dass die KI noch lernen muss, wie diese Welt funktioniert, die sie danach übernimmt“, so die Studentin. „Einerseits ist sie die Macht, die über allem steht. Andererseits steckt sie aber immer noch in den Kinderschuhen.“
Gesanglich anspruchsvolle Musik
Was ist ein Mensch, was ist Geld, Care-Arbeit, Feminismus – darüber streiten sich die Protagonisten manchmal. AI-Cina hingegen muss die Begriffe erst kennenlernen, um zu entscheiden, ob sie sie speichern will. Für Mathilde Matzeit war es gesanglich anspruchsvoll, die von ihren Kommilitonen neu komponierte Musik exakt einzustudieren: „In der neuen Musik geht es viel um Genauigkeit. Und diese Figur soll als Computer diese Genauigkeit abbilden. Das war schon sehr, sehr anspruchsvoll. Da habe ich meine gesamten Semesterferien dafür aufgegeben.“
Neue Musik wurde an der Hochschule komponiert
Das Eintauchen ins digitale Niemandsland machen immer wieder sechs Instrumente hörbar, darunter Akkordeon und E-Gitarre. Vier Studenten haben die Musik komponiert – unterstützt vom hochschuleigenen Institut für Neue Musik Incontri in Hannover und dem Ensemble Quillo, spezialisiert auf Neue Musik. Manchmal klingen Harmonien à la Palestrina durch.
Mit rund 500 öffentlichen Angeboten jährlich zählt die HMTMH zu den größten Kulturveranstaltern Niedersachsens.
Kabelsalat – Sinnbild für die überladene, ungewisse Welt
Sie proben auf hohem künstlerischem Niveau und müssen sich zuweilen in einem Knäul aus Sprechertexten, Gesang und Zuspielung zurechtfinden. Auch der Kabelsalat auf der Bühne nimmt dabei zu. Ein Sinnbild für unsere Zeit, sagt Kostümstudentin Melanie Schall: „Man bekommt das ja gar nicht immer alles so mit und steigt da vielleicht auch nicht durch. Das ist so eine Welt, die sich aufmacht, wo wir auch nicht wirklich Ahnung haben, wie sich das entwickelt.“ Was prägt unser Leben, was ist uns wichtig, was soll weiter existieren? Es sind gegenwärtige Themen und wichtige Fragen, die die Studenten in ihrer neuen Oper in Hannover verhandeln.
Im Musik-Kiosk am Kröpke gibt es kostenlose 15-Minuten-Klavierkonzerte. Im Publikum: Nur eine einzige Person.
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