Liebe Leserin, lieber Leser,
habe
ich gelegentlich erwähnt, dass ich häufig mit dem Fahrrad unterwegs
bin und in einer Nachbarschaft lebe, in der viele andere das auch
sind? Das macht mich, in gewissem Sinne, zum Fahrradexperten, und in
dieser Eigenschaft möchte ich Ihnen heute einen wenig bekannten
Sachverhalt verraten: Fahrräder wachsen, wie Unkraut oder
Staubmäuse, an allen Stellen, an denen sie nicht regelmäßig
weggeputzt werden.
Wie
viele Räder ich selbst in unterschiedlichen Ecken unserer
Nachbarschaft verteilt habe – zum Beispiel an der Decke hängend
zwischen den stehenden Rädern meiner Nachbarinnen und Nachbarn –
darüber denke ich ungern nach und werde es hier nicht verraten.
Wenige sind es nicht. Es handelt sich durchweg um alte Fahrräder,
alle sind irgendwie besonders, teilweise regelrecht wertvoll. Und
alle sollten, nein sollen für diese oder jene Person aus meinem
Bekannten-, Verwandten-, Freundes- oder Familienkreis fertig gemacht
werden. Werden sie auch, irgendwann.
Vermutlich
ärgern sich einige meiner Nachbarn über mein Verhalten, aber die
meisten verstehen es. Wir vertiefen das Thema nicht, weil sie, oder
jedenfalls einige unter ihnen, es mit ihren eigenen Rädern ähnlich
halten. Erschwerend
kommt hinzu, dass auch bei uns die Fahrradelektrifizierung Einzug
gehalten hat. Aber soll man ein gutes altes Rad verschrotten, bloß
weil ein neues E-Bike sich auf seinen Platz gedrängt hat?
© ZON
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Falls
Ihnen das seltsam oder fragwürdig erscheint: Ich bin und wir sind
mit dieser Haltung nicht allein. Hamburg ist eine Stadt der
Fahrradliebhaberinnen und -liebhaber, weshalb ein ständiger
Fahrradüberschuss in privaten Kellern und Garagen die nicht
unproblematische Tendenz entwickelt, den öffentlichen Raum zu
erobern.
Seit
Anfang der Woche unternimmt die Stadt Hamburg etwas, nun,
Verständliches. Sie hat vergessene beziehungsweise verdrängte
Fahrräder, die zuvor mit roten Schildern markiert worden waren, von
ihren öffentlichen Stellplätzen abgeflext, um sie entweder
endgültig zu verschrotten oder auf Recyclinghöfen wieder fahrbar zu
machen. „Fahrradleichen geht es an den Kragen“, verkündete dazu
die Öffentlichkeitsabteilung der Stadtreinigung. Die Sprache ist
verräterisch: Wer Leichen an den Kragen geht, der ist auch fähig,
wehrlose Fahrräder mit der Trennscheibe zu traktieren.
Aber
natürlich sind wir Fahrradfreundinnen und -freunde einsichtig. Sehen
wir den Tatsachen ins Auge: Die Dinger müssen, siehe oben,
regelmäßig weggeputzt werden. Und: Jeder Platz, an dem kein Fahrrad
steht, ist ein Platz, an dem ein Fahrrad abgestellt werden kann.
Ich
wünsche Ihnen einen schönen Tag!
Ihr
Frank Drieschner
WAS HEUTE IN HAMBURG WICHTIG IST
© David Hammersen/dpa
In
Hamburgs Schulen sei kein
Platz für religiös motivierte Diskriminierung, bekräftigten
gestern die Bildungssenatorin
Ksenija Bekeris (SPD) und Vertreterinnen und Vertreter der
Glaubensgemeinschaften in einer Stellungnahme im Rathaus.
Vorausgegangen waren Medienberichte über religiöse Konflikte an
Schulen. Die Senatorin betonte: Wenn Kinder oder Jugendliche von
Gleichaltrigen angegangen würden, erwarte sie von Lehrkräften, dass
diese einschreiten. Hilfe fänden sie beim Landesinstitut für
Lehrerbildung und der Beratungsstelle Gewaltprävention. Zugleich
betonten alle Beteiligten die gute und bundesweit einmalige
Zusammenarbeit von Christen, Juden, Muslimen und Aleviten im
Religionsunterricht
für alle.
Drei
Tage nach dem Veteranentag hat die Bürgerschaft einen
Beförderungsappell der Bundeswehr auf dem Hamburger Rathausmarkt
kontrovers diskutiert.
Der friedenspolitische Sprecher der Linksfraktion, David Stoop,
kritisierte, die Gesellschaft solle durch den Veteranentag
„kriegswillig“ gemacht werden; Rüstungsausgaben gingen zulasten
von Bildung, Gesundheitswesen, Wohnen und Umwelt. Vertreter von SPD,
Grünen, CDU und AfD warfen der Linken vor, die Bundeswehr und ihre
Angehörigen diskreditieren zu wollen.
Beim
ÖPNV-Weltkongress in den Hamburger Messehallen hat Volkswagen ein
komplett autonom
fahrendes Auto präsentiert.
Der Elektro-Bulli ID Buzz AD (für autonomous driving) soll in Serie
produziert werden und ab
2026 zunächst in Hamburg und Los Angeles zum Einsatz kommen. Bis Ende 2026 will VW in Europa
und den USA die Zulassung für den fahrerlosen Betrieb erhalten –
auf den bisher noch vorgeschriebenen Sicherheitsfahrer könne dann
verzichtet werden.
In aller Kürze
• Beim größten Schulschachturnier der Welt mit
dem Titel „Rechtes Alsterufer gegen Linkes Alsterufer“ sind auf dem
Rathausmarkt mehr als 3.000 Schülerinnen und Schüler gegeneinander
angetreten. Das Team vom linken Alsterufer siegte mit 966,5:769,5 •
Wegen der Entschärfung einer in Hamburg-Steinwerder gefundenen
1.000-Pfund-Bombe aus dem Zweiten
Weltkrieg ist die Köhlbrandbrücke
gestern kurzzeitig gesperrt gewesen •
Hamburgerinnen und Hamburger haben im vergangenen Jahr nach einem
mehrjährigen Rückgang wieder mehr
Wasser verbraucht – insgesamt 115,7
Millionen Kubikmeter. Dies sei durch einen Bevölkerungsanstieg zu
erklären, sagte das städtische Unternehmen Hamburg Wasser
THEMA DES TAGES
© Anna Barclay/Getty Images
„Wir haben in Abgründe geblickt, die wir noch nicht kannten“
Durch
einen Hinweis des FBI stößt die Hamburger Polizei auf einen
20-Jährigen. Der soll im Netz Taten begangen haben, die selbst
Ermittler fassungslos zurücklassen. Christoph Heinemann und Tom
Kroll von der ZEIT:Hamburg haben den Fall recherchiert. Lesen Sie
hier einen Auszug aus ihrem Artikel.
Die
Täter nennen sich „Raubtiere“. Sie suchen sich die Schwächsten.
Systematisch sprechen sie in Internetforen Kinder und Jugendliche mit
Ängsten oder Depressionen an, schicken ihnen Nachrichten bei
Instagram oder über Gaming-Plattformen wie Roblox.
Sie
spielen ihren Opfern Freundschaft vor, manchmal sogar Liebe. Die
labilen Kinder, so schildert es einer der Chefermittler, Björn
Gebauer, am Mittwochmorgen im Hamburger Polizeipräsidium, hätten
die Aufmerksamkeit aufgesogen „wie ein Schwamm“. Doch das alles
diente nur dazu, sie sexuell auszubeuten, sie irgendwann um
freizügige Fotos zu bitten. Danach begann das Martyrium der Kinder.
Die
Gruppe „764“, zu der sich die Täter im Internet
zusammengeschlossen haben, ist eines der teuflischsten Netzwerke von
Pädokriminellen der Welt. Die Taten, die ihre Mitglieder begehen,
sind von solch unvorstellbarer Grausamkeit, dass hier nur wenige
Details genannt werden sollen. Die Nacktfotos jedenfalls sind nur ein
Zwischenschritt, ein Druckmittel, mit dem die Täter die Kinder
erpressen. Sie zwingen sie, sich selbst zu verletzen. Oder sich
selbst zu töten, möglichst vor laufender Kamera.
In
der Nacht zu Dienstag wurde in Hamburg einer der mutmaßlichen
Verantwortlichen verhaftet. Er ist ein junger Mann, 20 Jahre alt,
wohnte noch bei seinen Eltern in Hamburg-Marienthal, einem ruhigen
Wohnstadtteil.
Wie
es zu den Verbrechen kam, und wie die Polizei den Täter letztlich
verhaften konnte, lesen Sie in der vollständigen Fassung des Texts
auf ZEIT ONLINE.
DER SATZ
© Max Arens/HVJ
„Man kann sich diese Auszeichnung so wenig erkochen, wie man sich etwa einen Literaturpreis erschreiben kann.“
Mit
dem Haerlin gibt es in Hamburg nun ein zweites Dreisternerestaurant.
ZEIT-Redakteur Michael Allmaier beschreibt, was es so besonders macht
– den
ganzen Artikel lesen Sie hier.
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN
Im
Rahmen des Hamburg Theater Festivals kommt die Schauspielerin
Caroline Peters wieder in die Stadt. An der
Seite ihres Schauspielerkollegen Michael Wächter spielt sie in
Marius von
Mayenburgs jüngstem Stück „egal“,
das seine deutschsprachige Erstaufführung diesen Februar in Wien
feierte.
Wir
verlosen fünfmal zwei Karten für die Vorstellung am Donnerstag, den
26. Juni, ab 19 Uhr im Schauspielhaus. Schreiben Sie uns bis morgen,
12 Uhr, eine E-Mail mit dem Betreff „egal“ an hamburg@zeit.de. Die
Gewinner werden von uns direkt benachrichtigt. Viel Glück!
MEINE STADT
Polospiel und Osdorfer Born © Hilke Suhr
HAMBURGER SCHNACK
Kürzlich
auf einer vollen Hafenfähre an einem sonnigen Sonntagnachmittag.
Eine Familie ergattert noch Plätze oben. Der etwa vierjährige Sohn
beschwert sich: „Ich möchte nicht hier oben sitzen! Hier kann ich
gar nicht aus dem Fenster gucken!“
Gehört
von Claudia Bauer
Das war
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