Am Montag traf US-Präsident Donald Trump einen Japaner, der ihn sicher nicht mit Beschwerden über seine Zollpolitik nervte. Der Baseball-Großmeister Shohei Ohtani kam ins Weiße Haus, zusammen mit anderen Führungsspielern des Profiklubs Los Angeles Dodgers. Anlass war eine Glückwunschveranstaltung der amerikanischen Regierung für die Dodgers, den Gewinner der nordamerikanischen Meisterschaft, dessen Finalserie man im Baseball-Mutterland USA ganz unbescheiden „World Series“ nennt. Ohtani, 30, hatte zum Dodgers-Erfolg 2024 mit einem noch nie erreichten Rekord beigetragen: 54 Homeruns, 59 Stolen Bases. „Einfach unglaublich“, sagte Trump zu Recht. Er schüttelte dem prominenten Einwanderer die Hand und lobte ihn: „Er sieht aus wie ein Filmstar. Er hat eine gute Zukunft.“ Ohtani lächelte höflich.
Die nächsten japanischen Begegnungen dürften für Donald Trump und seine Regierungsleute deutlich unangenehmer werden. Dass sie es dabei mit Beschwerden über ihre Zollpolitik zu tun bekommen, ist so gut wie sicher. Am Dienstag benannte Japans Premierminister Shigeru Ishiba seinen Minister für wirtschaftliche Wiederbelebung, Ryosei Akazawa, als Sonderbeauftragen für die Aufgabe, die neuen US-Zölle herunterzuhandeln. Dass es solche Verhandlungen mit den Amerikanern gibt, war ein Ergebnis des Telefonats, das Trump am Montagmorgen vor dem Dodgers-Termin mit Ishiba führte.
Japan ist für die US-Truppen ein strategisch wichtiger Standort nahe China
Höflich war Ishiba dabei sicher, allerdings nicht zum Lächeln aufgelegt. Selbst aus der sachlichen Meldung des japanischen Premierminister-Amtes über das 25-minütige Ferngespräch konnte man herauslesen, wie sauer Tokio über Trumps Zollpolitik ist. Ishiba habe „ein Umdenken der Maßnahmen gefordert“, hieß es darin. Vor Reportern nannte Ishiba Trumps Zollpolitik „einseitig“. Die Folgen sieht er als „nationale Krise“.
Japan ist Amerikas wichtigster Bündnispartner in Asien. Der Inselstaat ist für die US-Truppen ein strategisch wichtiger Standort nahe China. Und aus keinem anderen Land floss in den vergangenen fünf Jahren so viel Investorengeld in die USA. Trotzdem treffen Trumps Zölle Japan hart. Japans Wohlstand stützt eine produktive Autoindustrie mit dem weltgrößten Automobilhersteller Toyota – deshalb waren schon Trumps 25 Prozent auf importierte Fahrzeuge ein Schlag für Tokio. Dazu kommen von diesem Mittwoch an 24 Prozent auf andere Produkte im Rahmen jener Zölle, die Trump vielen Ländern in unterschiedlicher Höhe aufbrummt, um Handelsdefizite auszugleichen. An Tokios Börse brachen am Montag die Kurse ein.
In dem Telefonat mit Trump erreichte Ishiba keine Ausnahme von den neuen Einfuhrgebühren. Aber immerhin die Vereinbarung, darüber zu reden. Trump verkündete über soziale Medien, dass Japan „ein Spitzenteam zu Verhandlungen“ schicken werde. Für die USA sollen Finanzminister Scott Bessent und der Handelsbeauftragte Jamieson Greer die Gespräche führen. Japans Chefregierungssprecher Yoshimasa Hayashi sagte, je nachdem, wie die Verhandlungen auf Ministerebene laufen, werde Ishiba entscheiden, ob er selbst nach Washington reist, um mit Trump zu reden. Vornehm zurückhalten will er sich jedenfalls nicht.
2022 waren 529 200 Amerikaner bei japanischen Firmen in den USA angestellt
Ishiba war Anfang Februar schon in Washington. Er brachte einen goldenen Samurai-Helm aus seiner Heimatpräfektur Tottori als Gastgeschenk mit und folgte der Strategie, Trump nur zu sagen, was dieser hören will. Ishiba lobte Trumps Fernsehprominenz und versprach, amerikanisches Gas zu kaufen. Am Ende gab es eine Erklärung zur unverbrüchlichen japanisch-amerikanischen Partnerschaft. Und Trump lobte Ishiba als potenziellen Wiedergänger des Ex-Premiers Shinzo Abe, der bis zu seiner Ermordung im Juli 2022 mit Trump befreundet war. „Ich erwarte, dass dieser Premierminister genauso großartig wird“, sagte Trump bei der gemeinsamen Pressekonferenz und zeigte auf Ishiba.
Da tätschelte er noch: Beim Besuch von Shigeru Ishiba im Februar im Oval Office verteilte Donald Trump Freundlichkeiten. (Foto: Alex Brandon/AP)
Aber mittlerweile lernt die Welt, dass Schmeicheleien und gefällige Gesten nicht vor Trumps Zöllen schützen. Ishiba ändert deshalb den Kurs: von Wohlfühlrhetorik auf sanfte Konfrontation. Gegenzölle hat Ishiba vorerst ausgeschlossen, Japan werde sich „nicht auf ein Wie-du-mir-so-ich-dir einlassen“. Er will Trumps Behauptung widerlegen, Amerika werde über den Tisch gezogen, indem er auf Japans Leistungen verweist. Laut dem jüngsten japanisch-amerikanischen Investment-Report der Non-Profit-Organisation Jetro, die für das japanische Wirtschaftsministerium internationale Geschäfte fördert, investierten japanische Firmen 2023 knapp 800 Milliarden Dollar in den USA. 2022 seien 529 200 Amerikaner bei japanischen Firmen in den USA angestellt gewesen – ein Rekord.
Ishiba will Trump klarmachen, dass Zölle für Japan auch den USA schaden. Das Premierministeramt erklärte, Ishiba habe beim Telefonat mit Trump zu bedenken gegeben, „dass die Zollmaßnahmen der USA die Investitionskapazität japanischer Unternehmen schwächen könnten“.
Ob Trump das einsieht? Bisher wirkt er ungerührt vom Aufruhr in der Weltwirtschaft, den seine Zölle auslösen. Wenn das so bleibt, wird Ishiba den Ton wohl verschärfen müssen. Oder er wechselt das Verhandlungspersonal. Vielleicht könnte der Meister-Baseballer Shohei Ohtani den Sportfreund Trump milder stimmen.