Das Schützenfest in Wittlaer beginnt traditionell an Fronleichnam. Bereits um 9 Uhr morgens wurde auch in diesem Jahr im Festzelt am Grenzweg ein Gottesdienst gefeiert, dem eine feierliche Prozession durch den Stadtteil folgte.

Vor dem Festzelt versammelten sich einige Frauen und sprachen über die Anfänge ihrer Zeit als erste weibliche Schützen: Bianca Japcke, Julia Gotzes, Heike Bernshausen, Karla Schmitz, Andrea Kappert und Melanie Nühlen. Inzwischen sind 25 Jahre vergangen, eine lange Zeit, auch für die Erinnerung. Melanie Nühlen war 13 Jahre alt, als sie der Wittlaerer Bruderschaft beitrat. In der Festschrift zum diesjährigen Fest schreibt sie: „Schon als kleines Mädchen wollte ich unbedingt in die Bruderschaft. Wenn das Tambourcorps in der Nähe spielte, rannten wir zur Straße, um den Klängen der Marschmusik zu lauschen.“

Natürlich gab es damals auch Widerstände. „Wir sind eine Bruderschaft, keine Geschwisterschaft“, hieß es. Kaspar Hilger, der Pressesprecher der Wittlaerer Schützen, erzählt ebenfalls von kritischen Stimmen, die aber irgendwann verstummten. Spätestens als die Satzung geändert wurde und Frauen volle Mitgliedsrechte erhielten. Wie beeinflusst das Schützin-Sein das Leben über das Jahr hinweg?

Isabelle Grabinsky vom Tambourcorps erzählt von den wöchentlichen Proben und vielerlei Auftritten auf Festen in den benachbarten Gemeinden. „Und dann kommen noch die üblichen Sachen, die im Dorf anfallen, da müsste man jetzt eine ganz lange Liste machen.“ Zu nennen sind vor allem der St. Martins-Umzug, Spendensammlungen und die Pflege der Kriegsgräber. Nicht zu vergessen das Schützenfest, dessen Organisation einen erheblichen Zeitaufwand mit sich bringt.

Nicht alle der acht Wittlaerer Kompanien nehmen Frauen auf, die Erwähnung dieses Punkts erzeugt Heiterkeit in der Runde. Kaspar Hilger blickt nach vorn: „Ich glaube, über Schülerschützinnen und Jungschützinnen wird der Weg für alle Teile der Bruderschaft geebnet.“ Bei einem Mitgliederstand von knapp 160 sind 38 Frauen doch eine beachtliche Zahl, findet die Gesprächsrunde. Eine knappe Antwort gibt es auf die Frage nach den Unterschieden im männlichen oder weiblichen Schützenleben: „Da sind einfach keine Unterschiede“.

Das betrifft auch den Nachwuchs. Wer einmal an dem Leben der Schützenfamilie teilgenommen hat, will bleiben, davon ist Melanie Nühlen überzeugt: „Ein Beispiel dafür, dass Uniform nicht wehtut, ist der Vater meiner Kinder. Eigentlich wollte er nie Uniform tragen. Doch nach nur einem Schützenfest wurde er Mitglied. Heute ist er nicht nur stellvertretender Zugführer unserer Kompanie, sondern strebt auch das Amt des Schießmeisters an.“ Und das Schießen? Da halten es die Damen ähnlich wie die meisten männlichen Mitglieder: mal ist man mehr, mal weniger aktiv, aber beim jährlichen Schießen auf den Vogel am Hochstand wollen fast alle mitmachen. Eine Schützenschwester war sogar schon mal Schützenkönigin und später Traditionskönigin: Andrea Kappert.

Die St. Sebastianus Bruderschaft Wittlaer kann auf eine stolze Tradition zurückblicken. Gegründet 1431 gehört sie zu den ältesten in der Region. An Fronleichnam gehörte der Nachmittag der Jugend und den Kindern. Sogar ein Zauberer war im Festzelt zu Gast. Am Freitag wird es einen Sternmarsch zur Pfarrkirche St. Remigius geben, gefolgt von einer Kranzniederlegung am Ehrenmal. Zusammen mit den Tambourcorps aus Wittlaer und Kaiserswerth sowie dem Musikverein Stein ist ein Platzkonzert geplant. Nach einem Großen Zapfenstreich wird die Partyband Roland Brüggen zum Tanz aufspielen.

Am Samstag früh geschieht das traditionelle Wecken durch das Tambourcorps. Ein Event, auf das sich die weiblichen Mitglieder besonders freuen. Am Sonntag findet erneut ein Festgottesdienst statt, anschließend das große Schießen auf den Königs- und den Prinzenvogel. Die neuen Majestäten werden bei ihrem feierlichen Umzug durch das Dorf von allen Aktiven begleitet, bevor sie im Festzelt gekrönt werden. Mit einem weiteren Zapfenstreich und der Gratulation der neuen Majestäten findet das diesjährige Schützenfest dann seinen Abschluss.