Berlin – Sie flohen vor den Raketenangriffen der iranischen Mullahs: Das Auswärtige Amt hat am Donnerstag eine zweite Gruppe von Deutschen und engen Familienmitgliedern, die in Israel festsaßen, mit einem Sonderflug aus Jordanien ausgeflogen.
Die Maschine landete am frühen Abend in Berlin. An Bord: 174 Passagiere. Einschließlich des ersten Sonderflugs am Mittwoch nach Frankfurt konnten damit 345 Menschen die Region verlassen.
BILD sprach mit zwei Rückkehrern. Ihre Geschichten stehen für das Schicksal vieler.
„Das Leben fängt für uns noch mal neu an“
Goran Mikic ist nervös und angespannt. Der Berliner (42) steht mit seinen Töchtern Maja (12) und Clara (14) und seinen Eltern am Hauptstadtflughafen BER. Er wartet auf seine Frau Katja (42), die seit Freitag vergangener Woche in Tel-Aviv fast täglich im Hotel unter Beschuss steht.
Die Sundair Maschine landete kurz nach 18 Uhr am Flughafen BER
Foto: Sven Meissner
Es ist kurz nach 18 Uhr, als seine Frau mit einem Rollkoffer aus dem Gate kommt. Er fällt ihr in die Arme, umarmt sie und hält sein Glück so fest, wie er nur kann. Dann kommen auch die Töchter dazu und die Schwiegereltern – alle in Tränen aufgelöst und glücklich.
Katja Mikic (42) ist zurück in Berlin
Foto: Sven Meissner
„Ich bin so froh, meine Lieben zu sehen“, sagt Katja Mikic, die am Dienstag nach Pfingsten für den Job nach Tel-Aviv reisen musste. Doch dann: „Freitagvormittag ging nichts mehr, keine Möglichkeit mehr, zu fliegen. Wir waren im Hotel. Im Soho-House. Bis zu 18-mal am Tag mussten wir in Shelter-Rooms, im Keller des Hotels.“ Sie sollte eigentlich an dem Tag zurückfliegen.
Flucht vor den iranischen Bomben
Es war, sagt sie, wie der sprichwörtliche Tanz auf dem Vulkan – das Hotelleben ging abseits der Alarme weiter. „Die Pools waren voll, die Bars waren offen. Doch dann die Sirenen und ab in die Schutzräume. Total surreal war das“, sagt sie und schüttelt den Kopf.
Glückliche Familie, wieder vereint: Tochter Maja (12, li.), Clara (14, 3.v.li.), Katja (42), Goran (42) und seine Eltern Barbara (73, 2.v.li.) und Branco (77)
Foto: Sven Meissner
Sie fällt ihrem Mann wieder um den Hals. Der sagt: „Das Leben fängt für uns noch mal neu an, das war das Schlimmste, was uns bisher passiert ist im Leben, und diese Tage der Angst und Ungewissheit wünsche ich keinem.“
Sonderflug brachte 174 Passagiere zurück nach Berlin
Es gab drei abenteuerliche Optionen, aus Israel herauszukommen, schildert sie: per Schiff über Zypern, nach Kairo in Ägypten, oder auf dem Landweg durch das Westjordanland nach Jordanien.
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„Wir haben uns auf der Elephant-List für den deutschen Charterflug eingetragen. Den Rest, die Fahrt nach Amman, mussten wir selbst organisieren“, erzählt Katja Mikic. Nun sei sie „endlos glücklich“, wieder in Berlin zu sein.
Paul Ronzheimer in Tel Aviv: „Raketenabwehr funktioniert nicht“
Quelle: Paul Ronzheimer / X@sentdefender19.06.2025
„Wir hatten Angst, ja, ganz klar.“
Eine kleine, ältere Dame stützt sich auf eine Gehhilfe. Laufen fällt Christel Wollmann-Fiedler nicht mehr leicht. Sie ist 84. Erschöpft, aber auch erleichtert: Sie hat es geschafft in den Charterflieger der „Sundair“ und ist sicher in ihrer Heimatstadt angekommen.
„Das war schon eine Odysee, kann ich ihnen sagen.“ Sie ist aus Haifa im Norden Israels ausgereist. „Meine Familie in Berlin hat mich gedrängt“, erzählt sie.
Christel Wollmann-Fiedler (84) am Flughafen in Berlin
Foto: Sven Meissner
Sie ist einmal im Jahr für zwei Monate in Israel. Sie kennt den Alarm, wenn man in die Schutzräume muss. „Aber dieses Mal, seit Freitag, das war schon anders.“ Immer wieder musste auch sie in Schutzräume. Vor den iranischen Bomben flüchten. Nicht alles kann der Iron-Dome aufhalten. „Wir hatten Angst, ja, ganz klar.“
Sie hat sich die Flucht selbst organisiert – mit dem Taxi an die israelisch-jordanische Grenze. „Das war das Schlimmste, auf offenem Feld mit dem Taxi zu sein. Schutzlos, wenn nun doch eine Bombe oder Rakete durchgeht.“