Wie es im Nahost-Krieg weitergehen könnte, diskutieren die Gäste bei „Maybrit Illner“. Nachdem Donald Trump eine zweiwöchige Bedenkzeit angekündigt hat, sieht Armin Laschet den US-Präsidenten in einem Dilemma. Doch auch die EU hätte laut dem CDU-Politiker viel konsequenter sein müssen.

Greifen die Vereinigten Staaten aktiv in den Krieg zwischen Israel und dem Iran ein? Während Benjamin Netanjahu diese Woche offen die „Beseitigung der Achse des Terrors“ als Ziel ausrief, ließ der US-Präsident verlauten, „nicht gerade in der Stimmung“ für Verhandlungen zu sein. „Niemand weiß genau, was ich tun werde“, erklärte Donald Trump lapidar. Unter dem Titel „Trump, Iran und die Bombe – Eskalation in Nahost“, befragte Maybrit Illner dazu den CDU-Politiker Armin Laschet, die Historiker Moshe Zimmermann und Michael Wolffsohn sowie die Journalisten Kristin Helberg, Shahrzad Eden Osterer und Elmar Theveßen.

Donald Trump sei damit angetreten, den US-amerikanischen Interventionismus zu beenden, erläuterte Elmar Theveßen. Folgerichtig wolle dessen Regierung einen Regimewechsel verhindern, da sie sonst einen Plan benötige, wie sie auf einen möglichen iranischen Bürgerkrieg reagieren würde. Der frühere US-Außenminister Colin Powell habe dazu die Losung „If you break it, you own it“ geprägt. Zugleich wisse der US-Präsident aber auch, dass sich Netanjahu für einen Regime-Change starkmache. Ein eigenes, begrenztes, militärisches Eingreifen der USA sei somit die einzige Möglichkeit, die Initiative in die Hand zu bekommen.

Trumps angekündigte Bedenkzeit von zwei Wochen bezeichnete Theveßen als vielfach genutzte „Chiffre“, die dazu diene, Zeit zu gewinnen. Zwar sei ein demokratischer Iran „für alle Welt viel besser“, doch die Frage bestehe, welchen Preis diese bereit sei, zu zahlen. Die Islamische Republik sei etwa in der Lage, die Straße von Hormus zu sperren und damit Öllieferungen zu stoppen, Terroranschläge zu verüben, chemische oder biologische Waffen gegen Israel einzusetzen sowie den Cyberkrieg zu intensivieren. Im besten Fall strecken alle iranischen Kräfte die Waffen. „Aber das glaubt hier in Washington eigentlich keiner.“

Skeptisch blickte auch Armin Laschet in Richtung der Vereinigtem Staaten. Trump stecke in einem Dilemma und niemand wisse, wie er dort herauskommen könne. „Seine ganze Präsidentschaft besteht aus der Idee, möglichst alle Kriege beenden“, erklärte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, „und Amerikaner überall raus, wo Krieg ist.“ Dementsprechend schrecke er davor zurück, einen Krieg aktiv zu starten, und räume sich selbst die „relativ lange“ Wartezeit von zwei Wochen ein. Und da auch China und Russland kein Interesse an einer Kriegsbeteiligung der USA hegen, wirkten aktuell „alle“ auf den Iran ein, nachzugeben.

Shahrzad Eden Osterer, gebürtige Iranerin und verheiratet mit einem gebürtigen Israeli, gewährte persönlich geprägte Innenperspektiven. „Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet, heute hier zu sitzen“, gestand die BR-Journalistin. Ihren Eltern sei gelungen, trotz langer Staus und Benzinmangels aus Teheran zu fliehen, doch vielen der 20 Millionen Menschen aus dem Großraum der Hauptstadt fehle die Möglichkeit dazu. Der israelische Teil der Familie habe im Gegensatz zu den Iranern Zugang zu Bunkern. Gegen ballistische Raketen bieten diese jedoch auch keine Sicherheitsgarantie. „Diese doppelte Belastung ist wirklich unaushaltbar.“

Als „sehr problematisch“ bezeichnete Osterer die Einschätzung von Friedrich Merz, wonach Israel „für uns alle“ die „Drecksarbeit“ erledige. Vielmehr kämpften die Iraner selbst seit Jahrzehnten. Bereits kurz nach der Islamischen Revolution 1979 habe es die ersten Proteste gegeben. Später folgten die Studentenproteste (1999), die Grüne Bewegung (2009) bis zu den Demonstrationen unter dem Slogan „Frau, Leben, Freiheit“ (2022). Bei den Letztgenannten habe es „klare Forderungen“ gegeben wie Sanktionen gegen die politische Elite. „Nichts davon hat stattgefunden“, kritisierte die Journalistin. „Die Menschen wurden verraten.“

„Da hätte man konsequenter sein müssen“, stimmte ihr Laschet zu. Insbesondere die Europäische Union sei in der Iran-Frage ein „völliger Ausfall“ gewesen. Die Merz’sche Wortwahl nahm der CDU-Politiker indes in Schutz. Er rede „klarer“, bediene sich einer anderen Sprache als sein Vorgänger Olaf Scholz. Für ihn selbst laute die Grundfrage, ob zum Beispiel der Bundeskanzler oder der Außenminister Israel zum Präventivschlag geraten hätte. „Wahrscheinlich“ hätten sie davon abgeraten. Völkerrechtlich gebe es „unterschiedliche Interpretationen“ des Angriffs, wobei es die „überwiegende Mehrzahl“ für eine Grenzüberschreitung halte.

Michael Wolffsohn relativierte die völkerrechtliche Betrachtung. Es handele sich dabei um eine „rein akademische Frage“, die erst in 20 Jahren in Seminaren behandelt werden sollte. Netanjahu habe schon aus „Fürsorgepflicht“ handeln müssen. Entscheidend war für ihn, dass sich der Iran seit den Raketenschlägen im April 2024 „faktisch“ im Krieg mit Israel befinde. Und doch appellierte auch der Historiker dazu, den iranischen Widerstand gegen das eigene Regime nicht zu unterschätzen. „Im Iran besteht eine Bürgerschicht, die tatsächlich Wissen und Willen hat, einen funktionierenden demokratischen Staat aufzubauen.“

Dominik Lippe berichtet für WELT regelmäßig über die abendlichen Polit-Talkshows. Der studierte Biologe ist Absolvent der Axel Springer Academy of Journalism & Technology.