Buchcover: Heike Kleen:  "ZusammenKommen"

Stand: 20.06.2025 06:00 Uhr

Heike Kleen hat die Geschlechterungerechtigkeit im Liebesleben analysiert und fordert Veränderung. In ihrem Buch nimmt sie uns mit auf eine so unterhaltsame wie tiefgründige Reise durch unser Liebes- und Sexleben.

„Ohne Gerechtigkeit kann es keine Liebe geben“, zitiert Heike Kleen die Autorin und Feministin bell hooks. Und sie ergänzt: „Ohne Gerechtigkeit gibt es auch keinen guten Sex.“ Wir diskutieren über Geschlechterungerechtigkeiten bei Gehalt und Sorgearbeit, Gender Pay Gap und Gender Care Gap sind in aller Munde. Gut so, weiter so, mehr davon! Aber was bitte ist mit dem Gender Orgasm Gap? Laut Umfragen kommen nur 65 Prozent der Frauen in heterosexuellen Beziehungen regelmäßig zum sexuellen Höhepunkt. Bei den Männern sind es 95 Prozent. Eine große und bei weitem nicht die einzige Kluft, die Heike Kleen zwischen Männern und Frauen sieht.

Die Heterosexualität steckt aktuell in einer Krise, die wir nur überwinden, wenn wir uns von alten Denkmustern und überholten Rollenbildern lösen. Wenn wir endlich Beziehungen auf Augenhöhe führen.

Zitat aus dem Buch „ZusammenKommen“ von Heike Kleen

Queere Perspektiven als Lösungsansatz

Hierbei könne die Perspektive queerer Menschen helfen, meint Heike Kleen, weil sie sich in der Regel mit ihrem Körper, ihrer geschlechtlichen und sexuellen Identität, ihrem Begehren befasst haben und nicht einfach versuchen, Hollywood-Liebesfilme zu reinszenieren: „Mann und Frau. Am Ende küssen sie sich und haben innerhalb von drei Sekunden den besten Sex ihres Lebens und dann war der Film zu Ende. Mit diesem Modell sind ja fast alle aufgewachsen, und die meisten haben gemerkt, das funktioniert so nicht. Queere Menschen, denke ich, haben sich viel früher gefragt was will ich? Wer bin ich? Mit wem möchte ich was machen?“

Verniedlichungen, Scham und Abwertung beim Vokabular

Fragen, die wir uns alle stellen sollten. Wenn wir die Antworten gefunden haben, kommt die nächste Herausforderung: drüber sprechen. „Leider haben Sex und Kommunikation als Paar ein ähnlich schlechtes Image wie John Lennon und Yoko Ono: Er ist ja ganz geil, aber sie macht alles kaputt“, schreibt Heike Kleen. Dabei sei das Gegenteil wahr: Guter Sex braucht gute Kommunikation.

Neben Scham und Angst vor Ablehnung hindere uns daran das passende Vokabular. „Man kann entweder ganz medizinisch darüber reden: Stimulation der Klitoris – klingt nicht sexy, wenn ich so etwas sagen würde zu jemandem, dass ich mir das wünsche. Andererseits eine derbe, vulgäre Sprache zu benutzen, ist ja auch nicht gerade attraktiv.“ Vor allem unsere Begriffe für weibliche Körper sind voll von Verniedlichungen, Scham und Abwertung.

Ich gehöre zur Generation Scheide. Dieses Wort lernte ich als Kind für meine Geschlechtsteile. Ich mochte die Bezeichnung nie, aber nicht, weil ich schon damals die tiefere Bedeutung verstand: Die Scheide als Behälter für das Schwert.

Zitat aus dem Buch „ZusammenKommen“ von Heike Kleen

Probleme verschwunden? Für Generation Vulva kommen neue dazu

Passive Frau, aktiver Mann. „Sie“ ist nur da, damit „Er“ einen wegstecken kann. Inzwischen etablieren sich Begriffe wie Vulva und Vagina, die der Eigenständigkeit und Komplexität der weiblichen Geschlechtsorgane gerechter werden.

Aber auch mit der Generation Vulva sind nicht alle Probleme verschwunden, dafür kommen ein paar neue dazu, findet die Autorin: „Gerade die junge Generation hat ja so viel auch mit Instagram und Körperbildern zu tun. Und in einer Zeit, in der erstmal die Vulva rasiert wird, sieht man ja überhaupt erst mal, wie sie aussieht. Dann stellt man fest, sie sieht vielleicht gar nicht aus wie dieser ideale Brötchen-Look, wo bitte überhaupt nichts rausguckt.“

Das hilft dem Geschäft mit der Intimchirurgie: Vulvalippenverkleinerung, Fettabsaugung am sogenannten Schamhügel oder Klitorismantelstraffung – dem Optimierungswahn sind keine Grenzen gesetzt.

Zitat aus dem Buch „ZusammenKommen“ von Heike Kleen

Raus aus der Komfortzone öffnet den Horizont

Nichts davon hat Heike Kleen ausprobiert, aber sie plädiert fürs Experiment und wagt selbst für die Kolumne regelmäßig ihre „Sexpeditionen“. Im Swingerclub wird allerdings mehr ihr Humor – als das Lustzentrum angesprochen und bei der Frauenerotik-Party kann sie so gar keine lesbische Neigung an sich entdecken. Die Tantramassage mit ihrem Mann aber weckt in beiden die Lust auf mehr gemeinsame Abenteuer.

Heike Kleen zeigt: Wenn wir in uns gehen, uns aber auch mal aus der Komfortzone herausbewegen, dann muss das nicht unbedingt ein neues und aufregendes Ich frei legen, aber es erweitert den Horizont und schafft mehr Verständnis, es kann stimulieren und die Perspektive verändern auf das, was wir haben.

Erst wenn wir alle uns bewegen, können wir richtig zusammenkommen. Und zusammen kommen.

Zitat aus dem Buch „ZusammenKommen“ von Heike Kleen

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Buchcover: Heike Kleen:  "ZusammenKommen"

ZusammenKommen

von Heike Kleen

Seitenzahl:
272 Seiten
Genre:
Sachbuch
Roman
Verlag:
Penguin Verlag
ISBN:
978-3328113041
Preis:
15 €