Eigentlich scheint Westsachsen längst auf dem Weg. Der Planungsverband Westsachsen hat die Teilfortschreibung „Erneuerbare Energien“ vorgelegt, in der die zwei Prozent der Gebietsfläche ausgewiesen sind, die für den Ausbau von Windenergie infrage kommen. Aber einmal mehr kommt das altbekannte Phänomen von „Nicht in meinem Hinterhof“ zum Tragen.
Nicht ganz 100 Bürgerinnen und Bürger versammelten sich am Mittwoch, dem 18. Juni, vor dem KulturGut Thallwitz, wo der Kreistag des Landkreises diesmal tagte. Sie protestierten gegen die Ausweisung von Windvorranggebieten in den Kommunen im Landkreis Leipzig. Einige nutzen auch die Bürgerfragestunde des Kreistages, um ihre Fragen und Bedenken loszuwerden.
„Auch einige Kreisrätinnen und Kreisräte sowie Landrat Graichen hatten dazu Anträge eingebracht, die intensiv diskutiert wurden“, teilt das Landratsamt des Landkreises mit. „Im Ergebnis wurde beschlossen, dass sich der Landkreis Leipzig klar zur Teilfortschreibung des Regionalplans Leipzig-Westsachsen zum Thema ‚Erneuerbare Energien‘ positionieren wird.
So sollen die im Landratsamt vorliegenden fachlichen Argumente aufgenommen werden, um eine ablehnende Stellungnahme zur Ausweisung von Vorranggebieten Windenergie in Landschaftsschutz – und Trinkwasserschutzgebieten sowie Lebensräumen geschützter Tierarten zu begründen. Lassen es die rechtlichen Beurteilungs- und Ermessensspielräume zu, will der Landkreis bei künftigen Verfahren für Windenergieanlagen seine Möglichkeiten nutzen, um Genehmigungen zu begrenzen oder zu versagen.
Der Landkreis Leipzig soll bei künftigen Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen alle im Rahmen seines Beurteilungs- und Ermessensspielraums bestehenden Möglichkeiten nutzen, um Genehmigungen zu begrenzen oder zu versagen.“
Eine Entscheidung, in der die seit 2024 herrschenden Mehrheitsverhältnisse im Kreistag deutlich werden, in dem die AfD mit 25 Sitzen die größte Fraktion stellt, die CDU mit 23 die zweitgrößte.
Wird das Flächenziel wieder aufgeweicht?
Im März hatte der Planungsverband Westsachsen die möglichen Vorranggebiete für Windkraft vorgestellt. Aber schon im April startete die neue sächsische Infrastrukturministerin Regina Kraushaar den Vorstoß, das Flächenziel von 2 Prozent in Sachsen wieder aufzuweichen. Ein Kurs, vor dem inzwischen auch die IHK zu Leipzig warnt.
Denn Planung, Genehmigung und Bau neuer Windkraftanlagen benötigen einen jahrelangen Vorlauf. Wenn aber immer wieder gebremst und beschlossene Zielvorgaben aufgeweicht werden, fehlt die Planungssicherheit.
Doch das scheint im Landkreis nur Wenige zu interessieren. Stattdessen wolle der Landkreis darauf hinwirken, „dass das Sächsische Landesplanungsgesetz an das Windflächenbedarfsgesetz des Bundes angepasst wird – insbesondere durch eine verbindliche Festlegung des Flächenbeitragswerts von 1,3 Prozent bis zum Jahr 2027“, meldet das Landratsamt.
Und begründet es so: „Mit dieser Position unterstreichen die Kreisrätinnen und Kreisräte des Landkreises Leipzig ihr Engagement für eine ausgewogene Energiepolitik, die den Ausbau erneuerbarer Energien mit dem Schutz von Mensch, Natur und Landschaft in Einklang bringt.“
Das klingt mehr als fadenscheinig, nachdem der Ausbau der Windkraft in Sachsen jahrelang ausgebremst wurde und der Freistaat inzwischen das Schlusslicht ist unter den Flächenländern. Obwohl auch in Sachsen feststeht, dass die Kohlemeiler spätestens 2035 bzw. 2038 vom Netz gehen, bis dahin also eine leistungsfähige Landschaft alternativer Energieanlagen gebaut werden muss. Das ist nicht mehr viel Zeit.
Und jedem, der sich ein wenig mit den langen Planungsvorläufen für Windkraftanlagen beschäftigt, dürfte klar sein, dass die Planungen dafür jetzt beginnen müssen, nicht erst 2032, wenn CDU und SPD tatsächlich das Flächenziel 2 Prozent erreichen wollen. Und zwar für so viele Anlagen wie möglich. Auch deshalb hatte die Vorgängerregierung das Ausweisungsziel für Vorranggebiete für Windkraft vorgezogen: Sachsen ist Bummelletzter und muss aufholen.
Bürgerbeteiligung Vorranggebiete Windkraft
Aktuell läuft das Beteiligungsverfahren zur Teilfortschreibung „Erneuerbare Energien“ des Regionalen Planungsverbandes Westsachsen. Dort sind nach Bewertung von Kriterien wie Siedlungsabstände, Natur-, Landschafts- und Tierschutz u.a. Gebiete ausgewiesen, die für die Errichtung von Windkraftanlagen als geeignet eingeschätzt werden. Bis zum 11. Juli können in einer Bürgerbeteiligung dazu Stellungnahmen abgeben werden. Hier geht es zur Website.