Es wird schon gerockt an der Fröttmaninger Arena. Etwa fünf Stunden vor dem geplanten Auftritt von Guns N‘ Roses flitzt Christo durch ein E-Gitarren-Solo: „Black Night“ von Deep Purple. Er ist aus Zagreb angereist, sagt der Silbergelockte mit Sandalen – aber nicht mit dem Klapprad, das neben ihm und seinem Akku-Verstärker steht. Er schlafe im Wohnmobil, damit reist er durch ganz Europa zu Konzerten und spielt für die Besucher, für ein paar Münzen. Ob er auch „Paradise City“ und andere Songs der kalifornischen Rocker draufhat, die heute hier erwartet werden, wird er gefragt? Ja, sagt er, aber er spielt sie nicht, die Leute hörten Guns N‘ Roses heute noch den ganzen Abend. In seinem Koffer liegen schon eine Handvoll Münzen und ein Fünf-Euro-Schein.
Am Merchandise-Stand sind die Fans großzügiger. Sie decken sich mit T-Shirts ein, für 55 Euro das Stück. Regina, 55, und ihr Sohn Michael, 25, beide aus Hausham, halten sich jeder stolz ein schwarzes Hemd vor die Brust. Das Motiv ist eigens für das München-Konzert heute entworfen worden. „Wir waren schon 2022 im Olympiastadion und haben uns geärgert, dass wir das München-Shirt nicht gekauft haben. Damals war eine Eisbach-Surferin im Dirndl drauf.“
In das Stadion strömen normalerweise Fußball-Anhänger – heute gehört es den Rock-Fans. (Foto: Johannes Simon)
Vor der Arena sieht man viele Menschen mit Bandshirts. Wer noch keins hat, kann sich am Merchandise-Stand eindecken. (Foto: Johannes Simon)
Diesmal ist es ein fieser Riesenkraken, der ein Piratenschiff angreift. Das gibt es auch als Siebdruck-Poster für 60 Euro, limitiert auf 300 Stück, erwartungsgemäß steigt der Preis in den Fan-Foren dafür bald rapide. „Allianz Arena“ steht auf dem Rumpf der Galeone, auf einem Fass in den Wogen steht „June 20“. Es ist ein besonderer Tag, das allererste Konzert in der Fröttmaninger Arena. „Das ist schon toll, dass wir da dabei sein dürfen“, sagt Michael, der noch ein Guns N‘ Roses Shirt von 1989 aus Los Angeles trägt (ein Geschenk einer Freundin). „Es ist doch toll, neue Konzertorte auszuprobieren.“
Es wird auf jeden Fall ein Testlauf. Solange das Olympiastadion saniert wird, hat der Stadtrat erlaubt, dass bis 2027 Groß-Konzerte ausnahmsweise in der Fußball-Spielstätte des FC Bayern München steigen dürfen. 55 000 Fans werden an diesem Freitag erwartet, etwa 20 000 weniger als bei Fußballspielen. Die Polizei rechnet daher nicht mit einem besonders anstrengenden Tag. Aber: Die Fußball-Fans haben sich hier schon seit Jahren eingegroovt, für manche Rock-Freunde dürfte es der erste Besuch in der Arena sein, neue Wege müssen gelernt werden. Noch ist alles ruhig am Einlass und im Parkhaus, das dürfte sich später ändern, um 16 Uhr sollen die Tore aufgehen, um 18 Uhr tritt die Vorband Rival Sons auf.
Wo sonst das Rot der Heimtrikots die Esplanade zum Haupteingang Süd hin dominiert, füllt es sich allmählich mit schwarzen Rocker-Kutten. Nicht ideal in der prallen Sonne, man sucht Schutz im Schatten, unter den Schirmen des Bier-Gärtchens, und unter den Einlass-Portalen. Die LED-Leuchtbänder können sich noch nicht entschieden, wie sie heute Leuchten werden: mal blinken sie grün, dann rot, blau und in Regenbogenfarben. Von drinnen pumpen tiefe Trommelschläge beim Soundcheck wie der Puls eines Riesenmonsters, das jetzt erwacht.