Stand: 20.06.2025 16:26 Uhr
„Kinder wirklich schützen“ lautet das Motto der Demo-Kundgebung, die sich gegen den AfD-„Kinderschutzkongress“ richtet. Die AfD will auf dem Kongress in Hannover über angebliche „Frühsexualisierung“ und „Gender-Wahn“ sprechen.
Zu der Kundgebung haben die Grünen und das Bürgerbündnis „Bunt statt Braun“ aufgerufen. Sie soll am Samstag um 9 Uhr vor dem Landtagsgebäude in Hannover beginnen. Die Gegendemo richtet sich den Organisatoren zufolge „gegen die braune Einflussnahme der AfD in der Bildungspolitik und anderswo“. Weiter heißt es: „Unser Regenbogen bleibt bunt!“ Auch der Grünen-Stadtverband in Hannover ruft zur Gegendemonstration auf. Nach Angaben der Polizei werden einige Hundert Teilnehmende erwartet.
AfD spricht von wachsenden Gefahren für Kinder
Ein breites Bündnis ruft für Samstag auch mit Plakaten zu einer Demonstration gegen den AfD-Kongress auf.
Der sogenannte Kinderschutzkongress der AfD-Landtagsfraktion findet am Samstag ab 10 Uhr im Niedersächsischen Landtag statt. „Am 21. Juni 2025 sagen wir allen den Kampf an, die sich an Kindern vergehen“, heißt es in einer Ankündigung der Fraktion. Die AfD behauptet, dass Gefahren für Kinder zunähmen. Sie spricht von „Frühsexualisierung, Gender-Wahn, Abtreibungen bis zum neunten Monat“ und einer angeblichen „Verharmlosung von Pädophilie“. Erwartet werden unter anderem die stellvertretende AfD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Beatrix von Storch, der AfD-Landtagsabgeordnete Stephan Bothe, die rechte Influencerin Michelle Gollan und Dennis Engelmann vom Bochumer Verein „Kinderseelenschützer“.
Ermittlungen gegen Initiatorin wegen Verdachts der Volksverhetzung
Die Initiatorin des „Kinderschutzgipfels“ der AfD ist Vanessa Behrendt. Gegen die Landtagsabgeordnete wurde immer wieder wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt. Sie unterstellt wiederholt einzelnen Kita-Verantwortlichen und queeren Menschen pädophile Absichten. Unter anderem hatte die familienpolitische Sprecherin der AfD die Regenbogenflagge in einem Post bei X als Symbol für „Machenschaften pädophiler Lobbygruppen“ bezeichnet.
Sexualpädagogische Konzepte als „Frühsexualisierung“ bezeichnet
Die AfD-Politikerin interpretiert zudem immer wieder gängige sexualpädagogische Konzepte in Kindertagesstätten als „Frühsexualisierung“ von Kindern. Zuletzt hatte Behrendt im April öffentlich ein Berufsverbot für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Kita in Bramsche gefordert, da im pädagogischen Konzept der Einrichtung auch geregelt war, wie damit umzugehen sei, wenn die Kinder unter anderem „Doktorspiele“ machen würden, und welche Grenzen dabei gelten. Behrendt nannte das pädagogische Konzept in sozialen Netzwerken „pervers“. Die Verantwortlichen und auch das Kultusministerium hielten damals dagegen, die Einrichtungen seien verpflichtet, solche Konzepte zu erstellen, um die Kinder zu schützen.
Kinderschutzbund sieht Instrumentalisierung
Der Kinderschutzbund und das Queere Netzwerk Niedersachsen distanzieren sich von der geplanten Veranstaltung und werfen der AfD vor, Kinderschutz zu instrumentalisieren. „Die von ihr verbreiteten Behauptungen entbehren jeder fachlichen Grundlage und untergraben das Vertrauen in wichtige Präventionsarbeit“, sagte Simon Kopelke vom Kinderschutzbund. Unter dem Deckmantel des Kinderschutzes würden Themen in einer Weise diskutiert, die gesellschaftliche Spaltung und Ängste schürten, statt dem Schutz von Kindern zu dienen. Mareike Stober vom Queeren Netzwerk betonte, Kinderschutz und Kinderrechte gelten für alle – auch für queere junge Menschen, die oft Unverständnis, Mobbing und Gewalt erlebten. „Sie brauchen Schutz, Anerkennung und keine Desinformation, um sicher und selbstbestimmt aufwachsen zu können“, so die Verbandsvorständin.
Video:
Pädokriminalität: Wie können Kinder besser geschützt werden? (5 Min)
Grüne sprechen von „ideologischem Manöver“
Auch von den Grünen im Landtag kommt scharfe Kritik an der Veranstaltung. „Die AfD instrumentalisiert den Begriff Kinderschutz, um ihre autoritäre, queerfeindliche Agenda salonfähig zu machen. Was hier stattfindet, ist ein ideologisches Manöver“, sagte Swantje Schendel, Sprecherin für Kinder, Jugend, Familie und Queerpolitik. Kinderschutz bedeute viel mehr, Kinder und Jugendliche zu stärken, ihnen altersgerechte Aufklärung zu ermöglichen, Vielfalt anzuerkennen und Fachlichkeit sowie wissenschaftliche Erkenntnisse ernst zu nehmen – und die AfD tue genau das Gegenteil. „Wir stehen an der Seite all jener, die sich morgen dem Missbrauch des Kinderschutzbegriffs entgegenstellen“, heißt es von der Partei.
Bereits Anfang des Jahres wurde ein Verfahren gegen Vanessa Behrendt bekannt. Nun geht es erneut um Volksverhetzung.
Der SOS-Kinderdorf-Verein schließt seine Gewaltberatungsstelle in Osterholz. Die Landespolitik fordert eine neue Anlaufstelle.
Beratungsangebote sollen mehr Geld erhalten. Geplant ist außerdem ein neuer Beirat, der sich dem Thema gezielt widmet.
Unter anderem in Hannover, Göttingen und Celle fanden am Sonntag Kundgebungen statt. Ein breites Bündnis hatte dazu aufgerufen.