Hat ein Altkanzler Anspruch auf ein Bundestagsbüro? Seit 2022 muss Gerhard Schröder ohne auskommen – und wehrt sich dagegen. Antworten auf die wichtigsten Fragen
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Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder kämpft vor Gericht darum, sein Büro im Bundestag behalten zu dürfen, das ihm nach dem Ende seiner Amtszeit entzogen wurde. Schröder beruft sich auf Gleichbehandlung und Gewohnheitsrecht, argumentiert, dass er das Büro für seine Arbeit benötigt, unter anderem für Vermittlungsversuche zwischen Russland und der Ukraine. Bisher hat er in zwei Instanzen vor Gericht verloren. Die Entscheidung liegt nun beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Schröder ist der erste ehemalige Kanzler, dem diese Sonderrechte entzogen wurden, was auf seine Nähe zu Russland zurückgeführt wird.
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Gerhard Schröder (SPD), Bundeskanzler von 1998 bis 2005, aufgenommen im März 2024 in seiner Kanzlei in Hannover.
© Michael Kappeler/dpa
Gerhard Schröder ist der erste Kanzler a. D., dem sein Büro im Bundestag entzogen wurde. Der frühere Regierungschef sieht gängige Praxis gebrochen und zog vor Gericht – wo er bisher zweimal unterlag. Jetzt versucht er es erneut. Was Sie über den Fall wissen sollten:
Alle Fragen im Überblick:
Worum geht es in dem Streit?
Jahrelang unterhielt Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) ein Bundestagsbüro samt mehreren Mitarbeitern. So ist es üblich für ehemalige Kanzler. Doch im Mai 2022, kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, strich der Haushaltsausschuss des Bundestages diese Sonderrechte. Die Begründung: Der frühere Bundeskanzler nehme „keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt“ mehr wahr. Ein Ruhegehalt sowie Personenschutz erhält Schröder weiterhin.
Der SPD-Politiker, von 1998 bis 2005 im Amt, wehrte sich gegen die Entscheidung und reichte Klage ein, verlor jedoch in zwei Instanzen vor Gericht. Nun brachte er den Fall vor die dritte und letzte Instanz: das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Verhandlung dort beginnt an diesem Donnerstagvormittag (Aktenzeichen BVerwG 2 C 16.24).
Wie argumentiert Gerhard Schröder?
Schröder beruft sich in dem Streit auf
den Grundsatz der Gleichbehandlung und auf entstandenes
Gewohnheitsrecht. Seine Argumentation im Kern: Da Altkanzler seit Jahrzehnten ein Büro samt Mitarbeitern gestellt bekommen, habe er ebenfalls einen Anspruch darauf. In einer der Verhandlungen sagte er, sein früheres vom Staat finanziertes Büro sei wichtig für seine Arbeit. Als Beispiel nannte er unter anderem Versuche,
zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln. Dies sei mit aufwendigen Reisen und Gesprächen verbunden gewesen, sagte Schröder. So etwas könne er privat kaum organisieren.
Gerhard Schröder und seine Anwälte Ralph Heiermann und Michael Nagel: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte in zweiter Instanz gegen Schröder entschieden. Nun folgt Versuch Nummer drei. © Andreas Rabenstein/dpa
Wie haben die Gerichte bisher entschieden?
Im Mai 2023 hatte das Berliner Verwaltungsgericht Schröders Klage in erster Instanz abgewiesen. Dagegen ging Schröder in Berufung. Doch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte die Entscheidung der vorherigen Instanz im Juni 2024.
Beide Gerichte widersprachen der Argumentation Schröders: Weder aus Gewohnheitsrecht noch aus dem Gleichheitssatz heraus könne er einen Rechtsanspruch auf ein Büro ableiten. Ob er ein Büro zugesprochen bekommt, hängt laut Gericht von der angemessenen Erfüllung öffentlicher
Aufgaben ab. Einen „bloßen Rechtsreflex“ infolge der bisher gängigen Praxis sahen die Richter nicht.
Umstrittener Altkanzler
Gerhard Schröder:
Wer Privilegien verteilt, muss Regeln aufstellen
Z+ (abopflichtiger Inhalt);
CDU:
Mehr Nullerjahre wagen
Z+ (abopflichtiger Inhalt);
Wladimir Putin:
Damals, bei Schröders Geburtstagsfeier …
Letztlich liege es in der Macht des Haushaltsgesetzgebers, also des
Bundestages, der die Ausgaben des Staates festlegt, zu entscheiden. Damit folgten die Richter der Argumentation des Bundeskanzleramtes. Dessen Anwalt bezeichnete die Bereitstellung eines Büros als eine „freundliche, freiwillige Geste“ des Staates. „Es ist eine Wertschätzung für das, was geleistet wurde. Daraus ergibt sich aber kein Anspruch.“ Mit Schröders Nähe zu Russland wurden die Entscheidungen nicht begründet.
Gab es schon einmal einen ähnlichen Fall?
Seit Jahrzehnten ist es üblich, dass ehemalige Bundeskanzler und Bundespräsidenten nach dem Ende ihrer Amtszeit ein Büro gestellt bekommen. Neben den Räumlichkeiten stehen ihnen auf Staatskosten auch Mitarbeiter zur Verfügung. Diese Sonderrechte sollen es ermöglichen, repräsentative Aufgaben, die sich aus dem früheren Amt ergeben, fortzuführen: Das können etwa Reden und Vorträge auf Veranstaltungen oder Schirmherrschaften für verschiedene Projekte sein. Die Büros wurden bislang auf Lebenszeit zur Verfügung gestellt und konnten damit über Jahrzehnte existieren. Eine gesetzliche Grundlage dafür gibt es jedoch nicht.
© Lea Dohle
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Auch Schröders Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) betreibt ein Büro mit mehreren Mitarbeitenden. Schröder ist der erste Kanzler a. D., dem diese Sonderrechte entzogen wurden. Einen ähnlichen Fall gab es zuvor nicht.
Was ist an Schröders Fall besonders?
Auch wenn der Haushaltsausschuss des Bundestages in seiner Begründung nicht explizit darauf einging, gilt Schröders Nähe zu Russland als Grund für den Entzug seines Büros. Die Entscheidung fiel drei Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine.
Nach seiner Abwahl im Jahr 2005 war Schröder viele Jahre für russische Energiekonzerne tätig und gilt zudem als Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putins. Dafür gab es immer wieder Kritik – auch innerhalb der eigenen Partei. Mehrere SPD-Verbände versuchten, Schröder aus der Partei auszuschließen. Eine Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover entschied jedoch, dass er Mitglied bleiben darf.