Berlin – Seit fünf Monaten leben Anjela K. (45) und ihre sieben Kinder in Notunterkünften. Nach der Zwangsräumung finden sie keine neue Wohnung. Indes werden die Kosten in den Obdachlosen-Quartieren immer höher.
Alle paar Wochen packt Anjela K. für sich und ihre Kinder Tüten und Rucksäcke. Bereits im dritten Asyl sind sie inzwischen untergekommen, dieses Mal in Lichtenberg. Zwei Zimmer, Erdgeschoss, an einer Hauptverkehrsstraße, vergitterte Fenster. „Einpacken, Auspacken nimmt kein Ende“, sagt Anjela K. und weint. „Es ist furchtbar. Die Kinder werden aus ihrer Umgebung herausgerissen. Es beginnt immer wieder bei null.“
Dinos und ein Mobile über dem Gitterbettchen in der Notunterkunft in Lichtenberg
Foto: privat
Sie hat Sticker an die Wände geklebt: Dinos über das Gitterbettchen von Valerian (1), Glitzer-Schmetterlinge und Giraffen über die Betten von Gino (9), Alessio (8) und Neyla (7), Herzen für die Größeren, Gianna (13), Celine (20), Giovanni (18), angebracht. Auf Schränken und Nachttischen steht ein Lichtspiel, das Sterne projiziert… Ein wenig Zuhause im Obdachlosenheim.
Die Mutter hat ihren Kindern die beiden Räume im Obdachlosenheim liebevoll eingerichtet
Foto: privat
Eine richtige Wohnung für die achtköpfige Familie ist trotz Bewerbungen weiterhin aussichtslos.
Andere Probleme bestimmen den Alltag: „Die Kinder müssen jeden Morgen anderthalb Stunden in ihre Schulen und Kitas nach Reinickendorf gebracht werden und nachmittags wieder zurück“, sagt sie.
Bis Anfang des Jahres lebte die Familie in einer schönen Drei-Zimmer-Wohnung (80 Quadratmeter) im Diakoniezentrum Heiligensee. Für die erwerbslose, chronisch kranke Frau (Darmerkrankung Morbus Crohn, Pflegestufe 2) und ihre Kinder übernahm das Jobcenter die Miete: 973 Euro.
Dramatische Szenen: Am 22. Januar ließ das EJF Anjela K. und ihre sieben Kinder mit Gerichtsvollzieher und Polizei aus ihrer Wohnung im Diakoniezentrum Berlin-Heiligensee zwangsräumen. Auf dem Arm trug sie Valerian
Foto: Olaf Selchow
Im Januar ließ der soziale Träger, das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk (EJF), die achtköpfige Familie zwangsräumen: Mietschulden. Auch, weil ein im Jobcenter eingescannter Antrag für Verlängerung staatlicher Leistungen von der Behörde nicht erfasst worden war.
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Der Träger wies ihr eine Notunterkunft auf demselben Gelände zu. Der Tagessatz pro Person betrug 34 Euro – machte plötzlich 8432 Euro im Monat, die der Steuerzahler dem EJF entrichtete! Schon nach wenigen Wochen sollte die Familie wieder in eine andere Notunterkunft des Trägers ziehen. Aber auch diese mussten sie wieder verlassen.
Warum eine Unterbringung immer nur von kurzer Dauer? Dazu sagt das EJF lediglich, bei Abmahnungen müssten gravierende Gründe vorliegen. Anjela K. betont, sie und die Kinder hätten sich nichts zuschulden kommen lassen.
Alessio und Valerian kuscheln auf dem Bett. In den beiden Zimmern ist sonst kaum Platz zum Spielen
Foto: privat
In der aktuellen, nun mehr dritten Obdachlosen-Unterkunft verlangt der Betreiber, eine Immobilienfirma, nun bereits einen Tagessatz von 42,97 Euro pro Person. In einem Monat mit 31 Tagen sind das 10.656,56 Euro!
Eine Lösung ist für die Familie nicht in Sicht. Anjela K.: „Wir sind inzwischen körperlich und nervlich am Limit.“