Was bedeutet Schwarz-Rot für die Zukunft des Landes? In der ARD-Talkshow geraten CDU-Politiker Jens Spahn und Grünen-Politikerin Katharina Dröge aneinander. Spahn kommentiert den Applaus des Publikums spöttisch. Beim Thema Migration macht Dröge der Union einen schweren Vorwurf.
Trotz „Duz-Männerfreundschaft“ handle es sich bei der Koalition von Schwarz-Rot um keine „Liebesheirat“, bemerkt Markus Söder (CSU) bei der Pressekonferenz, die am Mittwoch im Paul-Löbe-Haus in Berlin stattgefunden hat. Der Koalitionsvertrag sei ein „Bestseller“, schießt er aber dann hinterher und ergänzt: „Jedes Wort: Politik pur“.
Die Koalitionsverhandlungen erreichen die Zielgerade. Dabei handelt es sich aber eigentlich erst um die Startlinie für eine vierjährige Zusammenarbeit von Union und SPD. In denen können Friedrich Merz (CDU) und Lars Klingbeil (SPD) beweisen, dass sie es besser hinbekommen als ihre Vorgänger.
Bei Maischberger werden am Mittwochabend die Ergebnisse der Verhandlungen diskutiert. Jens Spahn (CDU) und Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen) geraten beim Thema Migrationspolitik aneinander. Der Moderator und TV-Produzent Hubertus Meyer-Burckhardt, der stellvertretender Chefredakteur der WELT, Robin Alexander, und Ann-Kathrin Hipp, Journalistin vom „Tagesspiegel“, analysieren die ersten Schritte von Schwarz-Rot. Der Kabarettist Dieter Nuhr verrät, wie er mit den politischen Herausforderungen umgeht.
Hubertus Meyer-Burckhardt blickt positiv auf die Koalitionsverhandlungen. Zuerst einmal sei er „erleichtert, dass es endlich mal vorangeht“. Unter dem Aspekt, dass sich Union und SPD deutlich annähern mussten, sei das ein „gutes Zeichen für die Demokratie und eine Stärke der Mitte.“ Gleichzeitig hätte sich Burckhardt gewünscht, dass das Thema Rente noch mehr angegangen wird. Außerdem spüre er in Deutschland einen „konservativen Wählerkern, die eine bestimmte Sehnsucht haben nach CDU-pur“. Daraus sei nichts geworden, da Lars Klingbeil ziemlich gut verhandelt habe, findet Burckhardt.
Robin Alexander bei „Maischberger“: Wo Schwarz-Rot Antworten schuldig bleibt
Ann-Kathrin Hipp betont, die neue Regierung habe nicht nur die Aufgabe, Vertrauen in sich selbst herzustellen, „sondern auch Vertrauen in der Bevölkerung wieder herzustellen“. Das sei besonders für Merz schwer umsetzbar: Er habe ein „Vertrauensdefizit, was er auch zum Teil selbst verschuldet hat“.
Die Atmosphäre während Koalitionsverhandlungen solle nicht überschätzt werden, weiß Robin Alexander und verweist auf den Werdegang der vorherigen Ampel-Koalition. Ihn beschäftigt, dass im Koalitionsvertrag keine Antwort auf den Umgang mit dem demografischen Wandel in Deutschland zu finden sei. „Die Antwort dieser Koalition ist: Wir gründen Kommissionen.“
Dafür sei diese Koalition möglicherweise „nicht so moralgesteuert, sondern etwas mehr interessengesteuert“, gibt sich Meyer-Burckhardt optimistisch. „Markus Söder hat nicht gesagt, welches Genre“ der Bestseller-Koalitionsvertrag werden solle, ergänzt Hipp ironisch.
Sollte Alexander Dobrindt (CSU) der neue Bundesinnenminister werden, sei „das ein Signal, dass da wirklich etwas passiert“, sagt Alexander. Im Ruhrgebiet zeigt sich, dass nicht nur die CDU, sondern auch die SPD „Einbrüche in ihrem Kernmilieu“ habe, das bei der Bundestagswahl nun AfD gewählt habe. Noch sei nichts passiert, ergänzt Alexander, „aber dieser Koalitionsvertrag ist in diesem Punkt anders als alles, was Angela Merkel unterschrieben hat“.
„Die Politik, die Sie schildern, hat keine Mehrheit“
Deutlich anders blickt die Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Katharina Dröge, auf die vergangenen Jahre zurück: „Was die Ampel geschafft hat, war ein großer Schritt nach vorne. Das war ein Plan für die Zukunft des Landes.“ CDU und SPD gingen nun große Schritte zurück.
„Lassen Sie uns mal anfangen, bevor Sie alles zerreißen“, versucht es Spahn mit einer versöhnlichen Antwort. Darauf geht Dröge nicht ein und setzt nach: „Im Klimaschutz wickeln Sie alles ab, was wir geschafft haben.“ Das Klatschen des Publikums kommentiert Spahn mit einem Seitenhieb: „Es mag hier im Studio der ARD Applaus geben, nur ist diese Politik abgewählt worden.“
Dann wird es hitzig. Dröge wirft CDU und SPD vor, in der Migrationspolitik einen Kurs aus einer „Mischung aus sinnlosen Härten“ zu fahren und dabei der Wirtschaft zu schaden. Das sei eine „unnötige, unmenschliche Härte“.
„Wir sind kein Einwanderungsland, wir sind ein Einreiseland“, hält Spahn dagegen. Ab Tag eins habe man in Deutschland Sozialleistungsansprüche. Diese Politik habe in Deutschland keine Mehrheit mehr. „Illegale Migration ist illegal. Und was illegal ist, würde ich gerne beenden“, macht Spahn deutlich.
„Seit ich denken kann, geht die Welt unter“
Mit Dieter Nuhr spricht bei Maischberger über die Stimmung in Deutschland und sein neues Buch, für das er Menschen in der ganzen Welt getroffen hat, um mit ihnen über den Sinn des Lebens zu sprechen. Mittlerweile sei Nuhr „sehr viel optimistischer als vor 30 Jahren“. Er sei in den 70ern links-grün sozialisiert worden. „Seit ich denken kann, geht die Welt unter“. Seine Taktik lautet daher mittlerweile: „ernsthaft darüber lachen.“
Zum Koalitionsvertrag habe Nuhr „überhaupt kein Urteil.“ Zur Migrationspolitik äußert er sich dann doch. Dort seien „unglaublich viele Fehler gemacht worden“. Aber zumindest hätten „die meisten mittlerweile verstanden, dass das ein ernsthaftes Problem ist“. Zuversichtlich für eine klare Migrationswende ist Nuhr aber nicht: „Ich glaube, dass keine Regierung das schaffen wird.“