Donald Trump verachtet Europa. Das ist nervig, aber doch zu ertragen. Schmerzhaft wird es allerdings, wenn Trump ins Herz europäischer Unzulänglichkeiten zielt und dabei einen Volltreffer landet. Das ist ihm jetzt wieder einmal gelungen: „Iran will nicht mit Europa sprechen. Sie wollen mit uns sprechen. Europa kann nicht helfen!“ Mit diesen Worten kommentierte er das Treffen der europäischen Außenminister mit ihrem iranischen Amtskollegen in Genf.
Gewiss, Abbas Araghtschi hatte drei Stunden mit dem Deutschen Johann Wadephul, dem Briten David Lammy und dem Franzosen Jean-Noël Barrot über mögliche Auswege aus dem Krieg beraten. Nach dem Treffen sprach Wadephul von „guten Gesprächen“, konnte aber keine konkreten Ergebnisse vorlegen. Das war auch nicht zu erwarten.
Trotzdem ist es natürlich wichtig, mit dem Iran im Gespräch zu bleiben, gerade jetzt, da Bomben fallen. Und ja, es muss alles versucht werden, den Krieg zwischen Israel und dem Iran möglichst schnell zu beenden.
Aber leider hat Trump recht. Die Europäer haben im Nahen Osten keinerlei Gewicht. Sie werden als geopolitischer Zwerg wahrgenommen, als eine Art Schweiz mit 500 Millionen Einwohnern.
Einer der wenigen Erfolge europäischer Diplomatie
Die Führung der Islamischen Republik Iran will und muss mit den USA sprechen. Wie nämlich dieser Krieg weitergehen, welches Ergebnis er haben wird – das hängt ganz wesentlich von den Entscheidungen Trumps ab. Ohne die USA wird selbst die so überlegene israelische Armee den Krieg nicht dauerhaft weiterführen können. Ohne die USA kann Israel nicht das tun, was es sich nach eigenen Worten zum Ziel gesetzt hat, nämlich das iranische Atomprogramm mit Gewalt zu beenden. Nur die USA haben die bunkerbrechenden Bomben, die die tief im Berg vergrabenen Atomanlagen zerstören können. Ohne die USA geht also so gut wie nichts, ohne Europa geht aber alles. Das ist eine bittere Erkenntnis.
© Lea Dohle
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Dabei galt die Iranpolitik lange Zeit als einer der wenigen Erfolge europäischer Diplomatie. Im Oktober 2003 reisten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens nach Teheran, um die Mullahs von ihrem Atomprogramm abzubringen. Damals hatten die USA gerade den irakischen Diktator Saddam Hussein mit Gewalt gestürzt. Die Regierung des Präsidenten George W. Bush nahm sich in maßloser Selbstüberschätzung die Neuordnung des Nahen Ostens vor. Bagdad war schnell gefallen, warum nicht auch Teheran? Warum nicht auch die Mullahs stürzen? Ein weiterer Krieg lag in der Luft. Das iranische Regime reagierte. Vor dieser Drohkulisse ließ es sich auf Verhandlungen ein – unter Vermittlung der Europäer.
2003 wurden die Grundlagen für das 2015 geschlossene JCPOA-Abkommen gelegt (Joint Comprehensive Plan of Action). Darin verpflichteten sich die Iraner dazu, ihr Atomprogramm von der Internationalen Atomenergie-Organisation in Wien kontrollieren zu lassen. Im Gegenzug sollten schrittweise die Sanktionen aufgehoben werden. Das JCPOA wurde zwischen der Islamischen Republik Iran und der P5+1-Gruppe geschlossen (China, Frankreich, Russland, Vereinigtes Königreich, USA sowie Deutschland). Dieses Abkommen gilt vielen als die bisher beste Gelegenheit, den Iran von einer atomaren Bewaffnung abzuhalten.
2016 aber zog Donald Trump ins Weiße Haus ein. Er stieg 2018 aus dem Abkommen mit dem Iran aus. Die Europäer versuchten zu retten, was zu retten war, aber ohne die USA brachten sie nicht genügend Gewicht mit, um das iranische Regime auf Kurs zu halten.
„Die Europäer können nicht helfen!“
Trump wurde von den Europäern wegen seines Austrittes aus dem JCPOA heftig kritisiert. Allerdings wurde dabei geflissentlich übersehen, dass das iranische Regime im Schatten des Abkommens sein Raketenprogramm weiterentwickelte und seinen Einfluss in der Region weiter ausbaute, indem es seine Klienten wie Hamas und die Hisbollah bis an die Zähne bewaffnete. Die Europäer ignorierten das weitgehend. Ein nicht nuklearer Iran war eben nicht gleichzusetzen mit einem nicht aggressiven Iran.
Jetzt versuchen sich die Europäer wieder ins Spiel zu bringen. Wenn sie überhaupt eine Rolle spielen können, dann wird es eine Mininebenrolle sei. Das liegt nicht allein an Donald Trump, der den Europäern grundsätzlich mit Verachtung begegnet. Das liegt in erster Linie an den Europäern selbst.
Ein aktuelles Beispiel verdeutlicht das: Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi hat zwar die Bereitschaft zu weiteren Gesprächen signalisiert, aber er hat Verhandlungen ausgeschlossen. Von den Europäern verlangte er, die „israelische Aggression“ zu verurteilten.
Dazu sind die Europäer aber weder willens noch in der Lage. Schon gar nicht die Deutschen, deren Kanzler kürzlich sagte, die Israelis machten „Drecksarbeit für uns“.
Auch wenn er es selbst nicht sagt, Abbas Araghtschi dürfte deswegen denken, was Trump ausspricht: „Die Europäer können nicht helfen!“