Als „intensiv, ernsthaft, aber auch konstruktiv“ beschrieb Außenminister Johann Wadephul am Freitag die Gespräche mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi und EU-Kollegen in Genf. Sogar von einer „Annäherung“ sprach unser Chefdiplomat. Und weiter: „Der Iran ist grundsätzlich bereit, mit uns zu sprechen.“

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Das ist nett – doch wie viel Arglosigkeit und Naivität kann man sich als Außenminister eigentlich leisten, oder besser, kann sich Deutschland in einer brandgefährlichen Krisensituation leisten?

Noch während die Europäer mit Araghtschi diskutierten, sprach der israelische Außenminister Gideon Sa’ar in BILD Klartext: Der Iran nutze solche Gespräche, „um zu täuschen, um Zeit zu schinden und um Fortschritte (beim Atomprogramm) zu machen“.

Die Realität ist: Israels Militärschläge haben das Atomprogramm bereits nach einer Woche um zwei bis drei Jahre verzögert (Sa’ar). Es ist nicht zu sehen, wie man den Iran in Verhandlungen auch nur dazu hätte bewegen können, ganz zu schweigen von einer Aufgabe des Atomwaffenprogramms. Derzeit spricht Teheran nicht einmal mehr mit der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), die ja eigentlich das iranische Nuklearprogramm überwachen soll, droht vielmehr mit dem Bau einer neuen Urananreicherungsanlage.

Die Wahrheit ist: Alles, absolut alles setzen die Mullahs seit vielen Jahren daran, um in den Besitz der Bombe zu kommen und so ihre Herrschaft unangreifbar zu machen. Wie kann man nur einen Moment glauben, dass die Islamische Republik sich den Bau von Atomwaffen am schönen Genfer See von Ministern ausreden lassen würde, die schon bei der Anreise ohne Pause Deeskalation rufen?

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Selbst angesichts der verheerenden Militärschläge der Israelis und der Drohung von US-Präsident Donald Trump mit einem militärischen Eingreifen ist in Teheran von Einlenken keine Spur. In dieser Lage kann der Platz Deutschlands nicht in der Mitte sein, sondern unzweifelhaft an der Seite Israels und der USA. Verhandlungen machen doch nur Sinn auf der Grundlage, dass Teheran grundsätzlich bereit ist zur Aufgabe der Urananreicherung.

Kanzler Friedrich Merz hat diese Woche mit undiplomatischer Offenheit gesagt, wie er die Lage sieht, dass nämlich Israel gerade „die Drecksarbeit für uns alle“ mache. Wadephul schwieg dazu im Maischberger-Talk demonstrativ. Und als es um den Kanzler-Wunsch ging, dass das Regime im Iran an sein Ende kommen möge, widersprach er sogar deutlich. Man fragt sich, wie viel unser Außenminister von seinem Kanzler eigentlich hält? Vor allem aber frage ich mich, wann der Kanzler von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen wird, auch wenn es um einen Parteifreund geht?

Merz braucht einen Außenminister, auf den er sich blind verlassen kann. Denn er wird künftig wieder deutlich mehr Zeit und Energie in die Wirtschafts- und Innenpolitik investieren müssen. Mit einer lahmenden Wirtschaft und einer in jeder Hinsicht abgemagerten Armee werden wir nicht wieder zu einem ernst zu nehmenden Player auf der politischen Weltbühne.