Argentiniens Parlament untersucht den Skandal rund um die Kryptowährung $Libra. Der Kongress hat am Dienstag die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen. Der Memecoin wurde von Präsident Javier Milei beworben, kurz bevor es Millionenverluste gab. Hochrangige Regierungsvertreter sollen in der Angelegenheit vor dem Kongress aussagen.

Für den Beschluss vom Dienstag gab es 128 Ja-Stimmen, 93 Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen. Die Regierung scheiterte zunächst mit dem Versuch, die Sitzung zu verhindern, und später damit, die Unterstützung für die Initiative zu untergraben. Der Beschluss wurde schließlich mit den Stimmen der oppositionellen Abgeordneten des peronistischen, linken und zentristischen Blocks angenommen. „Im Parlament werden wir die politischen Verantwortlichkeiten der Beamten bestimmen“, schrieb der Oppositionsabgeordnete Esteban Paulón von der sozialdemokratischen Partei Partido Socialista nach der Abstimmung in einem Online-Post.

Nächster Rückschlag für die Regierung

Auftrag des Ausschusses, der sich am 23. April konstituieren wird, ist laut Tageszeitung La Nación „die Untersuchung der Abfolge von Ereignissen im Zusammenhang mit der Förderung und Verbreitung der Kryptowährung $Libra und die Feststellung des Grades der Beteiligung und der politischen Verantwortung des Präsidenten Javier Milei, seiner Schwester und Generalsekretärin des Präsidiums, Karina Milei, des Sprechers des Präsidiums, Manuel Adorni, und des Wirtschaftsministers, Luis Caputo, sowie aller in den Fall verwickelten Minister und öffentlichen Beamten.“

Die Einsetzung des Untersuchungsausschusses ist der zweite Rückschlag für die Regierung innerhalb einer Woche. Am vergangenen Donnerstag hat der Senat zwei Richter des Obersten Gerichtshofs abgelehnt, die Milei nominiert und dann per Dekret ernannt hatte.

Das Parlament hat außerdem beschlossen, in Zusammenhang mit dem Kryptoskandal den Wirtschaftsminister, den Justizminister, den Kabinettschef und den Leiter der für die Kontrolle der Kapitalmärkte zuständigen Nationalen Wertpapierkommission als Zeugen vorzuladen. Der Fall $Libra wird bereits von Gerichten in Argentinien und den Vereinigten Staaten untersucht.

Kryptoskandal mit Millionenverlusten

Fast zwei Monate nach dem Krypto-Betrugsskandal gerät Präsident Milei in der Angelegenheit also zunehmend unter Druck. Mitte Februar warb er nur wenige Minuten nach Schaffung des Memecoins $Libra bei seinen Online-Followern für die Kryptowährung. „Dieses private Projekt soll das Wachstum der argentinischen Wirtschaft ankurbeln und kleine Unternehmen und argentinische Betriebe finanzieren“, schrieb er und teilte einen Link zu einer Kaufmöglichkeit. Schätzungsweise 40.000 Menschen kauften auch tatsächlich $Libra. Der Memecoin gewann schnell an Wert, kollabierte dann aber innerhalb weniger Stunden. Die übergroße Mehrheit der Investorinnen und Investoren erlitt Verluste in Gesamthöhe mehrerer hundert Millionen US-Dollar. Milei löschte daraufhin sein ursprüngliches Posting und erklärte, er sei sich der Details des Projekts „nicht bewusst“ gewesen. Die Kritik an seiner Werbeaktion wies er in gewohnt scharfer Weise zurück.

Das Geschehen um den $Libra erinnert an einen sogenannten „Rug Pull“. Das bezeichnet eine Betrugsart, bei der das von Spekulanten auf eine Kryptowährung gesetzte Geld abgegriffen und sich damit aus dem Staub gemacht wird. In Argentinien wurden zudem Stimmen laut, die darauf hinwiesen, dass der Präsident mit seiner Werbung gegen Gesetze verstoßen haben könnte, da es für gewählte Amtsträger illegal ist, private Unternehmungen zu bewerben. Zudem kam heraus, dass sich der Präsident und die ihn umgebenden Beamten vor der Einführung der Kryptowährung mit den Geschäftsleuten getroffen, die hinter $Libra standen.

Aus der Opposition gab es Rufe nach einer Amtsenthebung. Auch in den Vereinigten Staaten zieht der Skandal Betrugsvorwürfe nach sich. Im Februar ist die argentinische Opposition mit dem Versuch, einen Ausschuss zur Untersuchung des Falles einzurichten, noch im Senat gescheitert. Nun hatte sie im Kongress Erfolg, was auch an geänderten Machtverhältnissen im Parlament liegt: Der frühere rechtskonservative Präsident Mauricio Macri, der Milei zur Macht verholfen hat, unterstützt diesen nicht mehr vorbehaltlos.

(akn)