Das umstrittene Russland-Manifest zahlreicher SPD-Politiker hat möglicherweise erste politische Konsequenzen. Der Mitautor und Partei-Linke Ralf Stegner muss nach BILD-Informationen um einen Top-Job zittern.

Grund: Das von SPD-Linken lancierte Russland-Manifest bricht mit der deutschen Russland-Linie und fordert eine radikale Wende der Außen- und Sicherheitspolitik.

Stegner hat das Papier mitinitiiert, fordert: direkte Gespräche mit Russland, keinen Ausbau des Verteidigungshaushalts und einen Stopp neuer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Das wäre eine 180-Grad-Wende deutscher Sicherheitspolitik.

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Schnell kam vergifteter Applaus von ganz links und ganz rechts: Die Linke lobte den „Pazifismus“, die AfD sieht die SPD nun „da angekommen, wo die AfD-Fraktion seit Beginn des Ukraine-Krieges steht“ – und wittert sogar die Chance auf eine „Koalition“.

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Brisant: Stegner ist Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr). Hieran entzündet sich auch die Kritik: Das PKGr überwacht die deutschen Nachrichtendienste, hat Zugang zu Geheiminformationen, auch von Deutschlands Alliierten.

Beim PKGr kommt Stegners Manifest folglich nicht gut an. Das Gremium wittert System, hat nach BILD-Informationen nach seinem umstrittenen Baku-Besuch (Stegner traf dort Mitte April 2025 Wiktor Subkow, den Aufsichtsratschef von Gazprom, der auf der Sanktionsliste der EU steht) und dem Russland-Manifest endgültig das Vertrauen in den SPD-Mann verloren.

Der Unmut über Stegner ist selbst in der SPD inzwischen groß. Zuletzt wurde er wegen des Manifests von der SPD-Basis in Neumünster als Redner beim traditionellen „Rote-Grütze-Essen“ ausgeladen. Jetzt will die SPD in der Bundestagsfraktion die Notbremse ziehen.

Stegner soll künftig nicht mehr im PKGr sitzen

Und tatsächlich: Nach BILD-Informationen soll Stegner am kommenden Donnerstag, wenn die PKGr-Mitglieder im Bundestag neu gewählt werden müssen, nicht mit auf der Liste stehen. Die SPD-Fraktion dürfte ihn dann am kommenden Dienstag nicht nominieren.

Eine konkrete BILD-Anfrage dazu ließ die SPD-Bundestagsfraktion (Stand: Samstag, 18.30 Uhr) unbeantwortet. Stegner selbst sagte dazu auf BILD-Anfrage nur: „Die SPD-Bundestagsfraktion entscheidet über das Thema erst in der kommenden Woche.“

Sitzt bereits für die Sozialdemokraten im PKGr: Marja-Liisa Völlers (40)

Sitzt bereits für die Sozialdemokraten im PKGr: Marja-Liisa Völlers (40)

Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Hier hilft den Sozialdemokraten, dass das Gremium im Vergleich zur letzten Legislaturperiode künftig erheblich verkleinert wird. Es soll nur noch 9 statt der bisher 13 Geheimplätze geben: Drei (statt vier) für die Union, zwei (statt vier) für die SPD, zwei (statt einem) für die AfD und je einen für Grüne (hatten bisher zwei Sitze) und Linke (war zuletzt nicht vertreten).

Nach BILD-Informationen will die SPD-Fraktion ihre beiden Sitze an Frauen vergeben.

Sie wäre Stegners direkte Nachfolgerin und neu im PKGr: Sonja Eichwede (37, SPD)

Sie wäre Stegners direkte Nachfolgerin und neu im PKGr: Sonja Eichwede (37, SPD)

Foto: picture alliance/dpa/Britta Pedersen

Im Gespräch sind Marja-Liisa Völlers, die bereits Mitglied im PKGr ist, und Sonja Eichwede. Eichwede ist Richterin, wäre neu im Gremium und Stegners direkte Nachfolgerin.

Stegner wollte den Vorsitz des Geheimgremiums

Ralf Stegner selbst soll nach BILD-Informationen allerdings andere Pläne gehabt haben, wollte im PKGr offenbar ganz nach oben: erst als Chef des Gremiums, dann als Vize. Seine PKGr-Kollegen zeigten sich verwundert. Denn: Beide Posten gehen als Teil der Spielregeln des Gremiums an andere Fraktionen. Stegner bestreitet auf BILD-Nachfrage diese Ambitionen.

Nun steht sein Platz im Geheimgremium komplett auf dem Spiel.

Aber: Selbst, wenn ihn die SPD-Fraktion nach einer möglichen Kampfabstimmung in der Fraktion doch noch für das PKGr nominieren sollte – die notwendige Mehrheit von 316 Stimmen (sprich: die sog. „Kanzlermehrheit“ von einer Stimme über der Hälfte) würde Stegner wohl nicht erreichen. Ein Parteifreund zu BILD: „Das Vertrauen ist weg.“