In der Nähe des Hauptbahnhofs gibt es seit Sonntag 56 neue Stolpersteine. Mit denen soll an jüdische Menschen erinnert werden, die zur Zeit des Nationalsozialismus an den jeweiligen Orten gelebt haben, ehe sie vertrieben oder deportiert und umgebracht wurden. Die 56 Quader mit der metallischen Oberfläche sind in drei Reihen vor dem Haus mit der Nummer 23 in der Goethestraße in den Boden eingelassen, einem „Zufluchtshaus“, wie Terry Swartzberg sagte, der Vorstand der Initiative Stolpersteine für München.
Das Haus sei in den Dreißigerjahren zunächst im Eigentum einer jüdischen Familie gewesen, erzählte Swartzberg am Rande einer kleinen Zeremonie am Sonntagnachmittag. Auch nach dem Verkauf an die Familie Niedermaier im Jahr 1939 hätten noch viele Juden dort Unterschlupf gefunden – was die große Zahl der nun installierten Stolpersteine erklärt.
In der Geschichte des Vereins sei es jedenfalls die größte Verlegung von Stolpersteinen gewesen, fügte der aus den USA stammende Swartzberg hinzu. Aktuell findet man in München 423 solcher Stolpersteine, bis zum Ende des Sommers sollen es 500 sein, sagte er.
Bei der von rund 60 Menschen begleiteten Zeremonie am Sonntag erinnerte Inez Rattan, ein Vorstandsmitglied des Vereins, an den Hintergrund der eingravierten Namen auf den Stolpersteinen: Zur NS-Zeit habe es für die jüdischen Mitmenschen „keinen Namen mehr gegeben, nur noch Nummern – wir geben ihnen heute ihre Namen zurück“. Und damit auch ihre Würde, ergänzte Swartzberg.
Unumstritten sind die Stolpersteine freilich nicht, nicht einmal in der jüdischen Gemeinschaft. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in München, empfindet die Stolpersteine, als würden die Opfer von früher erneut mit Füßen getreten. Auch wegen ihrer Ablehnung hat der Stadtrat schon im Jahr 2004 untersagt, die Steine auf städtischem Boden zu platzieren. Man findet sie deshalb nur auf staatlichem oder privatem Grund, wie nun vor der Goethestraße 23.