Berlin – Stellen Sie sich vor, die Straße vor Ihrer Haustür ist seit fünf Jahren wegen einer Baustelle gesperrt, auf der seit anderthalb Jahren kein Arbeiter mehr gesehen worden ist.
Genau so sieht es in Wilmersdorf auf der Nürnberger Straße aus. Sie ist in Fahrtrichtung Nord voll gesperrt, die kreuzende Eislebener Straße ist seit fünf Jahren eine Sackgasse. Wir haben über diese Baustelle schon oft berichtet. Erstens, weil niemand mehr versteht, was dort vor sich geht, und zweitens, weil es überall in Berlin ähnliche Baustellen gibt, die den Verkehr aufhalten oder unmöglich machen.
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Seit drei Jahren fragen wir uns durch die verschiedenen Behörden und bekommen immer nur – mit Verlaub – dumme Antworten. Jetzt fragten wir mal wieder beim Verkehrssenat an und bekommen eine Antwort, die wie eine ganz große Veralberung wirkt. Aber der Reihe nach…
Rückblende Nürnberger Straße: Im Frühjahr 2020 begann die BVG mit dem Einbau zweier Fahrstühle in den U-Bahnhof Augsburger Straße (U 3). Die Eislebener Straße wurde komplett gesperrt und die Nürnberger Straße in Fahrtrichtung Nord. Jeden Morgen bildet sich deshalb auf der Spichernstraße davor ein Stau.
Dreieinhalb (!) Jahre später, im Herbst 2023, sind die Aufzüge fertig und werden von der BVG in Betrieb genommen, die Baustelle aber blieb. Der BVG-Vorstand wäscht seitdem seine Hände in Unschuld: Der Bezirk sei jetzt am Zug, um Straßen und Gehwege wiederherzustellen, wurde uns mitgeteilt.
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Also fragten wir natürlich das Bezirksamt an: Dort behauptet man, dass die BVG zuständig sei. Es gehe um einen „vollständigen barrierefreien Ausbau“. Ein Teil der Ampelanlage muss umgebaut werden.
Die Ampel? Dafür ist Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) zuständig. Wir fragen an, die Antwort ist lang und gewunden formuliert, wir fassen sie so zusammen: Nach dem Einbau der Fahrstühle in den U-Bahnhof ist ein Umbau der Ampelanlage notwendig – Bordsteine müssen abgesenkt, die Überwege verändert werden usw.
An der Planung dafür sind acht Behörden beteiligt: die „BVG als Bauherr“, das BVG-Planungsbüro, das Bezirksamt, vier Abteilungen des Verkehrssenats (Lichtsignalanlagen, Dauerhafte und temporäre Anordnungen, Radverkehrsplanungen, Planfeststellung), außerdem ein Planungsbüro und ein „Generalübernehmer“ für den Umbau der Ampelanlage.
Sie alle planen seit anderthalb Jahren und kamen nicht weiter. Jetzt soll es schnell gehen: „Aktuell wird mit einer Umsetzung bis zum Ende des 2. Quartals 2025 bzw. Anfang des 3. Quartals 2025 gerechnet“, schreibt uns die Verkehrssenatorin auf unsere Anfrage hin. Das wäre in sechs Tagen! Wie soll das möglich sein?
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Auf der Nürnberger Straße übrigens tat sich jetzt doch etwas: Arbeiter rückten an und verlängerten die Halteverbote bis Jahresende! Dabei sollte doch in sechs Tagen alles fertig sein. BVG, Bezirksamt und Frau Bonde: Wollt ihr uns alle veralbern?
Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de