„Wir hatten heute Morgen kaum ausgepackt, da fand das erste Teil in Form eines Kassettenrecorders schon einen Käufer“, erzählt Sylvia Lappen. Ausgepackt hieß in diesem Fall um 6.20 Uhr. Das war der Zeitpunkt, an dem die gesamten Familie mit Tochter Jule und Sohn Julius bereits in die Viersener Innenstadt gereist war und am Remigiusbrunnen noch einen Platz für den Aufbau fand: Der Kinder- und Jugendflohmarkt in der Fußgängerzone hat auch seit mehr als 40 Jahren nicht von seinem Reiz verloren.
„Nachdem zu urteilen, wie viele Stände bereits standen, waren wir spät. Es war schon richtig was los“, bemerkt Sylvia Lappen lächelnd. Sie konnte feststellen, dass zu den frühen Einkäufern etliche Händler zählten, die auf der Suche nach Lego und Playmobil waren. Das kann Tim bestätigen, der genau diese Produkte in Menge dabei hatte, weil „ich einfach aus dem Alter raus bin“, wie es der 13-Jährige beschreibt. Er habe schon einen sehr guten Verkaufsstart in der ersten Stunde gehabt, fügt er an.
Der Spruch „Der frühe Vogel fängt den Wurm“, wobei es in diesem Fall heißen müsste, macht seinen Einkauf, passt bestens auf den traditionellen Kinder- und Jugendflohmarkt in der Viersener Innenstadt. Wer früh kommt – und das heißt in diesem Fall schon weit vor dem eigentlichen offiziellen Start um 11 Uhr – hat die Auswahl. Das mussten am Sonntag viele Besucher feststellen. Schon vor 9 Uhr präsentierte sich der bekannte Event als Anziehungspunkt. Hunderte von Besuchern wanderten entlang der Stände und hielten die Augen offen, um ihre ganz persönlichen Schnäppchen zu machen. Die Fußgängerzone hatte sich in einen einzigen großen Markt verwandelt, bei dem junge Händler, zumeist unterstützt von den Eltern, in die Verhandlungsgespräche einstiegen und ihre Sparschweinchen füllten.
Auf aufgebauten Tapeziertischen und Bierzelttischen sowie mitgebrachten Decken stapeln sich Sportzubehör, Gesellschaftsspiele, Bücher, Plüschtiere, Puppen, Elektrospielzeug, Hüpfbälle & Co. Kinderfahrräder stehen zwischen aufgeklappten Wäscheständern und Kleiderstangen voller Bekleidung. In Kunststoffboxen und Koffern lockt Babybabybekleidung, sorgfältig nach Größen sortiert.
Was aus den heimatlichen Kinderzimmern ausrangiert worden ist bzw. seit Jahren ein einsames Dasein in Kellern, Garagen und auf Dachböden fristet, findet sich in der Viersener Fußgängerzone wieder und weckt das Interesse der Kauflustigen. Der Kinderholzstuhl für fünf Euro, das knallgrüne E-Kunststoffauto für kleine Fahrer für 25 Euro, das Set Bilderbücher für zwei Euro, das Puzzle für einen Euro – kleine Preise locken. Überall sind Verhandlungsgespräche zu hören. Allerdings nicht jedes Mal erfolgreich. „Ich hatte drei Spiele für fünf Euro angesetzt und fand das nicht zu teuer. Alles ist komplett. Aber die Dame wollte nur drei Euro geben. Da habe ich abgelehnt“, erzählt Paula. Zurecht, wie die Zwölfjährige schon kurze Zeit später feststellen kann. Ihr Wunschpreis wird anstandslos gezahlt, wobei die Käuferin von einem Schnäppchen spricht.
Es gibt auch Sachen, die so manch einer eigentlich nicht unbedingt verkaufen möchte. „Wenn das Plüschmeerschweinchen nicht weggeht, bin ich nicht traurig“, meint Leni, die gerade zusammen mit ihrer Mutter Annika hinter ihrem Stand frühstückt. „Wir sind seit kurz vor fünf Uhr hier. Wir wollten unbedingt einen Schattenplatz, und eine Freundin, die hier schon öfter getrödelt hat, gab uns den Tipp früh zu kommen. Das war goldrichtig. Der Papa hat uns jetzt das Frühstück gebracht“, erzählt Annika.
Es sei noch dunkel gewesen, als er zusammen mit seiner Tochter aufgebaut habe, verrät indes Sascha, der zusammen mit den beiden Kindern und seiner Frau Nadine einen großen Stand betreibt. Man habe daheim ordentlich sortiert, bemerkt Nadine mit Blick über die mitgebrachte Vielfalt. Bei Hannah und Emma am Stand ist indes der Regenschirm aufgespannt worden. Allerdings in der Funktion als Sonnenschutz. „Wir freuen uns nachher alle auf den Pool im Garten und ein großes Eis“, bemerkt Mutter Sabrina, die die beiden begleitet.
Besucher schleppen derweil Tüten mit ihrer Ausbeute in Richtung zuhause. „Es war wieder einmal klasse. Der Besuch hat sich gelohnt. Gerade in Sachen Kinderbekleidung. Der eigene Nachwuchs wächst so schnell heraus, und hier kann man gut und günstig kaufen“, bemerkt Sandra Holters.