Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 1.637.894 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte hatten am 30. Juni 2024 ihren Arbeitsplatz im Freistaat Sachsen. Davon verfügten 141.537 Beschäftigte über eine ausländische Staatsangehörigkeit (8,6 Prozent aller Beschäftigten), meldet das Statistische Landesamt, und knapp zwei Drittel dieser Beschäftigten waren Männer. Oder so formuliert: In vielen Branchen läuft schon lange nichts mehr ohne ausländische Arbeitskräfte.

Die Zahl der ausländischen Beschäftigten legte in den letzten zehn Jahren um mehr als das Vierfache zu – von 32.251 Beschäftigten um 109.286 Personen auf nun 141.537. In den letzten zehn Jahren konnte dieser Zuwachs an Beschäftigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit zum Beispiel in der Region Chemnitz die Verluste an Beschäftigten insgesamt bremsen, geht das Statistische Landesamt auf einen der Effekte für die sächsische Wirtschaft ein. In den Landkreisen um Dresden kompensierten die Zugänge an ausländischen Beschäftigten sogar die Abgänge bei den deutschen Beschäftigten.

Oder einmal so ausgedrückt: Der Arbeitskräftemangel hätte Sachsens Wirtschaft schon längst viel heftiger im Griff, wenn es nicht seit Jahren permanente Zuwanderung aus dem Ausland gäbe.

Auch im Landkreis Görlitz läuft ohne Ausländer nichts mehr

Und das gegen eine miserable Stimmung im Land, die gerade rechtsradikale Parteien wie die AfD verbreiten, die ihren Wählern einreden, Deutschland müsste die Migration unterbinden und die „illegal“ eingewanderten Menschen wieder abschieben. Ein Konzept, das die CDU mit ihrer von falscher Härte geprägten Linie auch noch verstärkt.

Als wären ihre Sprecher zu feige, es auszusprechen: dass Sachsen in seine größte Wirtschaftskrise läuft, wenn sich diese Art Vogel-Strauß-Politik tatsächlich durchsetzt. Denn dann werden ganze Branchen regelrecht kollabieren, weil schlicht die Leute fehlen, den Laden noch am Laufen zu halten.

Es gibt in der Statistik sogar eine echte Überraschung: Regional betrachtet hatten die ausländischen Beschäftigten ihren Arbeitsplatz vorwiegend in den Städten Leipzig und Dresden – aber eben auch im Landkreis Görlitz. Mit 12,5 Prozent war der Anteil an ausländischen Beschäftigten innerhalb Sachsens in Görlitz am höchsten. Görlitz – das ist ein Landkreis, in dem die AfD bei der Kreistagswahl 2024 mit 36,1 Prozent haushoch gewann vor der CDU.

Als würden die Wähler überhaupt nicht wahrnehmen, dass die Görlitzer Wirtschaft ohne ausländische Arbeitskräfte schon lange nicht mehr funktionieren würde. Auf 77.271 Arbeitskräfte mit deutscher Staatsangehörigkeit kommen inzwischen 10.994 ausländischen Arbeitskräfte. Sozialversicherungspflichtig beschäftigt, das muss betont werden.

Denn damit zahlen auch sie in die deutschen Sozialversicherungssysteme ein. Wobei die Zahl der Arbeitnehmer mit deutscher Staatsangehörigkeit seit 2014 um rund 2.000 zurückging. Auch im Landkreis Görlitz macht sich längst die Überalterung der deutschen Bevölkerung bemerkbar, genauso wie das Fehlen von Nachwuchs für die Ausbildung.

Arbeitskräfte für den Wirtschaftsaufschwung

Dresden und Leipzig haben natürlich noch viel höhere Zahlen von ausländischen Erwerbstätigen. In Dresden sind es 26.428 (9,4 Prozent). Und in Leipzig arbeiten inzwischen 32.110 Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, 10,8 Prozent aller Beschäftigten.

Im Gegensatz dazu betrugen die Anteile ausländischer Beschäftigter im Erzgebirgskreis und im Landkreis Mittelsachsen nur 5,8 bzw. 5,9 Prozent. Auf Gemeindeebene ging dieser Anteil aktuell bis über 40 Prozent (Mockrehna in Nordsachsen, Schleife im Landkreis Görlitz), stellt das Statistische Landesamt mit. 17 kreisangehörige Städte und Gemeinden hatten zur Jahresmitte 2024 mehr als 20 Prozent Anteil der ausländischen Beschäftigten an allen Beschäftigten und bei 30 Städten und Gemeinden lag dieser Anteil zwischen 13 und 20 Prozent.

In 108 von den 418 sächsischen kreisangehörigen Städten und Gemeinden war dieser Anteil höher als der sächsische Wert.

Und natürlich nehmen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit vor allem in jenen Branchen eine Arbeit auf, in denen oft keine höhere Qualifikation gebraucht wird, der Arbeitskräftebedarf aber hoch ist. In den einzelnen Branchen waren ausländische Beschäftigte aktuell vor allem in den Bereichen Verkehr und Lagerei, Gastgewerbe, in der Überlassung von Arbeitskräften sowie im Gesundheits- und Sozialwesen tätig. Innerhalb des produzierenden Gewerbes lagen die Arbeitsschwerpunkte im Baugewerbe, in der Metallbranche sowie bei der Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken, so das Statistische Landesamt.

Da auch die Gesamtbeschäftigtenzahl in Sachsen seit 2014 um 126.281 Personen wuchs, liegt auch auf der Hand, dass das sächsische Wirtschaftswachstum in diesem Zeitraum ohne das Wachstum der ausländischen Beschäftigung gar nicht machbar gewesen wäre. Das wird in den wohlfeilen Reden der von „harter Hand“ geradezu berauschten Politiker einfach ignoriert. Und in den Reden derer, die fordern, die Deutschen müssten mehr arbeiten, erst recht.

Und das Verblüffende ist: Die statistischen Landesämter haben zwar all diese Zahlen. In der Politik gerade der konservativen Parteien aber spielen die tatsächlichen Zahlen aus dem Arbeitsmarkt keine Rolle. Sie suggerieren Zustände, die selbst mit der Wirklichkeit des sächsischen Arbeitsmarktes nichts (mehr) zu tun haben.