Unter dem Namen „Abdelhamid“ erreichte er als Prediger bei Tiktok und Instagram Hunderttausende Follower. Das Weltbild, das er dort kumpelhaft und oft im Sporttrikot verbreitete, ist laut NRW-Verfassungsschutz extremistisch-salafistisch.
Dass der 33-Jährige am kommenden Dienstag in Düsseldorf als Angeklagter vor dem Düsseldorfer Landgericht erscheinen muss, hat aber nichts mit Extremismus zu tun. Es geht um Spendenbetrug. Mit 37 Aufrufen, notleidenden Kindern zu helfen, soll er sich die eigenen Taschen gefüllt haben. Die Staatsanwaltschaft sieht sogar den Verdacht des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs.
Der inzwischen 34-Jährige soll fast eine halbe Million Euro eingeworben haben. Aber nur knapp 5000 Euro sollen tatsächlich entsprechend den Spendenaufrufen weitergeleitet worden sein. Seine 33-jährige Partnerin muss als mutmaßliche Komplizin ebenfalls auf die Anklagebank. Der Prediger sei bereits einschlägig vorbestraft und Geldstrafen gegen ihn verhängt worden, hatte Staatsanwältin Laura Neumann mitgeteilt.
Für die Sicherheitsbehörden gelten seine Videos als Einstieg in eine Radikalisierungsspirale – vor allem für junge, bildungsferne Menschen. Als salafistischer Lifestyle-Influencer wird Dehran A. im Lagebild Islamismus des NRW-Innenministeriums beschrieben.
Der Deutsche hatte sich mit seiner Reichweite zur Größe in der islamistischen Szene entwickelt. Nicht nur das Lagebild Islamismus, auch der NRW-Verfassungsschutzbericht widmen dem Düsseldorfer einen eigenen Abschnitt.
Zehn Millionen „Likes“ bei Tiktok
Mit seiner einfachen Sprache erfuhr er große Zustimmung in Form von zehn Millionen „Likes“ bei Tiktok. Abdelhamid setze fort, was Pierre Vogel begonnen habe: den extremistischen Salafismus einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, warnten die Behörden.
Doch seit vergangenem September herrscht zumindest auf seinem Instagram-Kanal Funkstelle. Im Oktober war er verhaftet worden. Ein Richter hatte ihn in Untersuchungshaft geschickt – wegen Flucht- und Wiederholungsgefahr. Zu den Vorwürfen hatte der damals 33-Jährige geschwiegen.
Luxusuhren und dicke Bündel Bargeld
Den Ermittlern war aufgefallen, dass seine Spendenaufrufe unkonkret und nebulös blieben. So habe er in der Regel nicht gesagt, wo genau das Geld hingehen soll und auch keine Kooperationen mit Hilfsorganisationen genannt.
Die Arbeit der Ermittlungskommission „Spende“ hatte schon 2021 begonnen und bereits 2023 gab es eine Durchsuchung bei ihm. Trotzdem soll er fleißig weiter Spenden eingeworben haben.
Limousine am Abschlepphaken
Als er dann Vorbereitungen getroffen habe, sich nach Dubai abzusetzen, schlugen die Ermittler zu. Drei Wohnungen wurden durchsucht, dicke Bündel mit 20.000 Euro Bargeld, mehrere Luxusuhren der Marke „Rolex“ und mehrere Luxus-Handtaschen wurden beschlagnahmt. Eine Limousine aus Stuttgart landete am Abschlepphaken. Zudem wurden sieben Konten gepfändet.
Die Anklage ist rund 600 Seiten stark. Das Landgericht hat für den Prozess bis Juli sechs Verhandlungstage angesetzt.