Für Leipzigs Schauspielintendanten Enrico Lübbe ist es die vorletzte Saison, die er am Schauspiel verantwortet. Gemeinsam mit seinem Leitungsteam stellte er am Donnerstag, dem 19. Juni, das Programm der Spielzeit 2025/26 am Schauspiel Leipzig vor. Die neue Saison ist mit dem Motto „Wir-Gesänge“ überschrieben. Passend zu einer Zeit, in der die Egos immer härter aufeinander prallen. Aber wie findet man zurück zu einem wirklich gelebten Wir? Vielleicht eignen sich dramatische Inszenierungen genau dafür besonders gut.

Vom Spielzeitbeginn bis zur Schließung der Großen Bühne Ende März 2025 erreichte das Schauspiel Leipzig 96.000 Besucherinnen und Besucher. Das entspricht einem erneuten Zuwachs von ca. 6.000 Besuchen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sowie einer Auslastung von 82,9 Prozent. Die Interimsspielstätte ag(o)ra und die weiteren kleinen Spielstätten wurden im April und Mai von rund 15.000 Personen besucht, bei einer Auslastung von durchschnittlich 81,3 Prozent.

„Wir-Gesänge“ lautet das Motto der neuen Saison am Schauspiel Leipzig. Was macht das ‚Wir‘ aus? Was macht uns alle aus, was bedingt uns, was beschäftigt uns als Gesellschaft? Die „Wir-Gesänge“ sind eine Suche nach Ursprüngen und Bezügen, nach neuen Fragen und bekannten Erzählungen, nach Aushandlungen und Konflikten, Widersprüchen und Sehnsüchten.

Bis September in der ag(o)ra

Wegen umfangreicher technischer Arbeiten auf der Großen Bühne bespielt das Schauspiel Leipzig noch bis Ende Oktober die Interimsspielstätte ag(o)ra auf dem Gelände des agra Messepark Leipzig. Zum Abschluss der Interimszeit wird dort Shakespeares „Der Sturm“ auf räumlich besondere Weise erlebbar (Regie: Adewale Teodros Adebisi).

Nach Ende der Umbauarbeiten kehren ab Herbst elf Repertoire-Stücke zurück auf die Große Bühne – von A wie „Arsen und Spitzenhäubchen“ bis W wie „Woyzeck“. Für Familien stehen dabei zwei Märchen im Spielplan: Neben „Andersens Märchen“ wird auch „Das kalte Herz“ wiederaufgenommen.

Shakespeare und Schiller ab Februar

Ab Februar 2026 sind auf der Großen Bühne Premieren zu erleben, die den Fokus darauf legen, Vergangenes und Gegenwärtiges miteinander zu verbinden – und vertraute Antworten neu zu hinterfragen. In diesem Sinne verwebt Regisseurin Pia Richter in „Was ihr wollt“ Shakespeare mit Taylor Swift, inszeniert Nuran David Calis Schillers „Jungfrau von Orleans“ und begibt sich Thomas Köck im Auftragswerk „deutsche märchen“ auf eine Spurensuche in die Welt deutscher Mythen und Märchen (Regie: Elsa-Sophie Jach).

Das Aushandeln des Gemeinsamen, das Nebeneinander unterschiedlicher Lebensrealitäten, zieht sich als zentrales Thema durch den Spielplan der Diskothek. In Lukas Rietzschels Auftragswerk des Schauspiels Leipzig „Der Girschkarten“, inspiriert von Anton Tschechows „Kirschgarten“, steht die Sehnsucht nach dem Vergangenen als Reaktion auf die Unsicherheiten unserer Zeit im Zentrum (Regie: Enrico Lübbe).

„Bu sözler bizim – Die Worte gehören uns“ von Yade Yasemin Önder macht auf Deutsch und Türkisch erfahrbar, wie Abwesenheit, Erinnerung und kulturelle Vielfalt das ‚Wir‘ einer Familie und einer Gesellschaft formen (Regie: Ebru Tartıcı Borchers).

Maria Milisavljevićs mit dem Mülheimer Dramatikpreis ausgezeichneter Text „Staubfrau“ erzählt von drei Frauengenerationen, deren Leben vom Kreislauf patriarchaler Gewalt geprägt sind (Regie: Kamila Polívková).

„Liebe/Eine argumentative Übung“ von Sivan Ben Yishai stellt das Bedürfnis nach Unabhängigkeit dem eigenen Begehren und der Sehnsucht nach Liebe gegenüber (Regie: Katrin Plötner, Studioinszenierung 2026). Zum ersten Mal wird im Frühjahr 2026 Wilke Weermann in der Diskothek inszenieren.

Residenz und „4 + 1“

Die Residenz in der ehemaligen Baumwollspinnerei schließt seit ihrem Bestehen eine signifikante Lücke zwischen Arbeitsweisen und Ästhetiken der Freien Szene und dem Stadttheaterbetrieb. Dabei sind überregionale Vernetzung und internationale Kooperationen ebenso wichtig wie die lokale Verankerung des Programms und der Dialog mit der Leipziger Szene.

2025/26 handeln die Stücke von Normalität und Irrsinn, von den Wertesystemen unseres Urteilsvermögens, von der Sehnsucht nach Glauben, von ausgelieferten Körpern und der Suche nach dem Ausgang aus einer Situation, die ausweglos zu sein scheint. Neue Projekte in der Residenz erarbeiten: ChorAlle, Diederik Peeters, Antonia Baehr/Jule Flierl/Hermann Heisig & Claire Vivianne Sobottke, Elia Rediger & int int irrit, Doris Uhlich, Iggy Malmborg.

Das Festival „4 + 1“ bringt im Juni 2026 die Themen und Stimmen des dramatischen Nachwuchses deutschsprachiger Schreibschulen in Leipzig zusammen. Zu den Kontinuitäten am Schauspiel Leipzig zählt ebenso die Fortführung des inklusiven Angebots mit Audiodeskription und Deutscher Gebärdensprache sowie die Kinderbetreuung zu ausgewählten Terminen.

Vom 16. bis 25. Oktober gastiert die Bundeszentrale für politische Bildung mit dem traditionsreichen Festival „Politik im Freien Theater“ in seiner 12. Ausgabe erstmals in Leipzig, veranstaltet in Kooperation mit Schauspiel Leipzig, Theater der Jungen Welt, Schaubühne Lindenfels, Westflügel und Lofft — Das Theater.

Auch in der Saison 2025/26 gibt es jeden Monat einen Theatertag, an dem eine Vorstellung des Repertoires zu vergünstigten Konditionen zu sehen ist. Weiterhin ist die Schauspiel-Card 100 erhältlich und gewährt für einmalig 200 Euro eine Spielzeit lang freien Eintritt in alle Spielstätten.

Der Vorverkauf für die Spielzeit 2025/26 begann am 19. Juni. Neben den Premieren sind zahlreiche Wiederaufnahmen und Repertoire-Termine bereits buchbar. Das Spielzeitheft sowie weitere Informationen und Termine findet man unter www.schauspiel-leipzig.de.