Microglia

Die Alzheimer-Krankheit gilt weltweit als führende Ursache für Demenz. Bisherige Therapiestrategien konzentrierten sich primär auf die Reduktion von Amyloid-β-Ablagerungen – mit begrenztem klinischem Erfolg. Ein neuer Forschungsansatz richtet den Fokus nun auf den Schutz der Blut-Hirn-Schranke (BHS), deren frühzeitige Schädigung mit Krankheitsprogression und kognitiven Defiziten korreliert.

15-PGDH: Entzündungsförderndes Enzym als krankheitsrelevanter Faktor

Im Zentrum der aktuellen Studie steht das Enzym 15-Hydroxyprostaglandin-Dehydrogenase (15-PGDH). Es ist bei Alzheimer, Schädel-Hirn-Trauma (SHT) und im Alter signifikant überexprimiert – insbesondere in Mikroglia und perivaskulären Makrophagen an der BHS. Diese Überexpression begünstigt oxidative Stressreaktionen, Neuroinflammation und strukturelle Schädigungen der Kapillarendothelien.

Pharmakologische Inhibition schützt Struktur und Funktion der BHS

Die Hemmung von 15-PGDH mit dem spezifischen Inhibitor SW033291, verabreicht über vier Monate, führte bei transgenen Alzheimer-Mäusen (5xFAD) zum Erhalt der BHS-Integrität. Elektronenmikroskopisch ließ sich das Fehlen der typischen Schwellung astrozytärer Endfüße nachweisen. Funktionell zeigte sich ein deutlich reduzierter Immunglobulin G-Übertritt ins Hirngewebe.

Kognitive Funktionen bleiben vollständig erhalten

Im Morris-Wasserlabyrinth-Test zeigten behandelte 5xFAD-Mäuse keinerlei kognitiven Defizite mehr – weder nach pharmakologischer noch nach genetischer Hemmung des Enzyms (Hpgd-Haploinsuffizienz). Die Gedächtnisleistung entsprach der gesunder Kontrolltiere. Bemerkenswert: Amyloid-Ablagerungen blieben unbeeinflusst, was auf einen amyloidunabhängigen Wirkmechanismus hindeutet.

Schutz vor Neuroinflammation und oxidativem Stress

Neben dem strukturellen Erhalt der BHS reduzierte die Inhibition von 15-PGDH signifikant die Expression oxidativer Stressmarker wie 4-Hydroxynonenal (4-HNE) und 3-Nitrotyrosin (3-NT). In vitro ließ sich dieser Effekt durch den Erhalt antiinflammatorischer Lipidmediatoren wie PGE2, RvD1 und LXA4 erklären – allesamt Substrate des Enzyms.

Neuroprotektion auch nach Schädel-Hirn-Trauma

Nach einem SHT verhinderte die Inhibition von 15-PGDH ebenfalls strukturelle Schäden an der BHS, axonale Degeneration sowie einen Rückgang der kognitiven Funktionen. Sowohl pharmakologische als auch genetische Inhibition zeigten protektive Effekte, selbst bei verzögertem Therapiebeginn nach 24 Stunden post Trauma.

Fazit: Vielversprechender Therapieansatz mit hoher Translationsrelevanz

Die Ergebnisse etablieren 15-PGDH als zentrale Schnittstelle zwischen vaskulärer Dysfunktion und neurodegenerativer Progression. Die Hemmung wirkt unabhängig von Amyloid, greift jedoch gezielt in durch Myeloidzellen vermittelte Entzündungsprozesse und oxidative Gewebeschädigung ein. Die klinische Entwicklung bereits verfügbarer Inhibitoren für andere Indikationen bietet Potenzial für eine zügige translationale Anwendung in der Neurodegeneration.