Kasachstan bewegt sich auf einem diplomatischen Drahtseil – es vertieft seine Beziehungen zu China und Russland und bewahrt gleichzeitig seine strategische Partnerschaft mit der Europäischen Union. Im Zentrum dieses Balanceakts steht eine unmissverständliche Botschaft: In einer Welt, die von Fragmentierung und Wettbewerb geprägt ist, ist Astana offen für Geschäfte – aber zu seinen eigenen Bedingungen.

Auf dem zweiten Zentralasien-China-Gipfel, der am 17. Juni in Astana stattfand, sprach der kasachische Präsident Kassym-Jomart Tokayev von einem neuen Impuls für eine intensive und für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit mit China.

Er sagte, die Beziehungen zwischen Zentralasien und China hätten nun das Niveau einer „ewigen, anpassungsfähigen und umfassenden“ strategischen Partnerschaft erreicht.

Mit einem intraregionalen Handelsvolumen von über 10 Milliarden US-Dollar in den letzten fünf Jahren machte China fast 40 Prozent des Außenhandels Zentralasiens aus. Dies trug zu einem Rekordvolumen von insgesamt 95 Milliarden US-Dollar bei, wobei allein Kasachstan für 44 Milliarden US-Dollar verantwortlich war.

Auf dem Gipfel unterzeichneten die zentralasiatischen Länder und China mehr als 35 Abkommen im Wert von über 17 Milliarden US-Dollar sowie einen Vertrag über ewige gute Nachbarschaft, Freundschaft und Zusammenarbeit – ein Dokument, das neue Richtungen für die bilaterale Zusammenarbeit aufzeigt.

Ein neues Entwicklungsmodell

In einem Leitartikel der chinesischen Staatsmedien zum Gipfel wurde die Vertiefung der Partnerschaft zwischen China und den zentralasiatischen Staaten als wichtige stabilisierende Kraft in einer zunehmend zerrissenen Welt beschrieben.

Diese Beziehung, die auf den historischen Verbindungen entlang der Seidenstraße basiert und durch 30 Jahre diplomatischer Zusammenarbeit gestärkt wurde, wird als neues Modell für internationale Beziehungen dargestellt, das auf gegenseitigem Respekt, strategischem Vertrauen und gemeinsamer Entwicklung beruht.

China und Zentralasien werden als Verfechter des Multilateralismus, der Souveränität und des Dialogs dargestellt, wobei die Partnerschaft ein praktisches, inklusives Modell für eine nachhaltige globale Entwicklung bietet, das insbesondere den Bestrebungen des Globalen Südens entspricht.

Enge Freundschaft

Bei einem separaten Treffen mit Chinas Xi Jinping in der Präsidentenresidenz Akorda vor dem Gipfel bezeichnete Tokajew China als „engen Freund und zuverlässigen Partner” Kasachstans. Der Besuch fiel bemerkenswerterweise mit dem 72. Geburtstag von Xi zusammen.

Sowohl Xi als auch Tokajew hoben die Widerstandsfähigkeit der bilateralen Beziehungen hervor und bezeichneten sie trotz globaler geopolitischer Turbulenzen als „natürliche Voraussetzung für den Wohlstand unserer Länder”.

Derzeit sind etwa 5.000 von China finanzierte Unternehmen in Kasachstan tätig, und Tokajew betonte die Einleitung gemeinsamer Projekte in Bereichen wie Landwirtschaft, Logistik, Kernenergie und Kultur.

Europa raus? China und Russland rein!

Der Besuch von Xi in Astana und der Gipfel fanden zu einem für Kasachstan strategisch wichtigen Zeitpunkt statt. Das Land gab kürzlich die Gewinner der Ausschreibung für seine ersten Kernkraftwerke bekannt: Rosatom aus Russland und die China National Nuclear Corporation (CNNC).

Das französische Unternehmen EDF – das einzige europäische Unternehmen in der engeren Auswahl – konnte sich trotz intensiver diplomatischer Bemühungen, darunter Tokajews Staatsbesuch in Paris und ein persönlicher Besuch des EDF-Vorstandsvorsitzenden in Kasachstan, letztlich nicht den Zuschlag sichern.

Im Vorfeld der Entscheidung hatten kasachische Beamte erklärt, dass sie bei dem Atomprojekt auf Russland zählen würden. Obwohl weiterhin Bedenken hinsichtlich der Beteiligung Moskaus bestehen, hat Kasachstan erklärt, dass es die vollständige Eigentümerschaft und Kontrolle über den Betrieb der Anlage behalten wird.

Langfristige Zusammenarbeit

Trotz des Rückschlags Europas im Atombereich bekräftigten die EU und Kasachstan während der 22. Sitzung des Kooperationsausschusses in politischer Konfiguration ihre strategische Partnerschaft.

Aufbauend auf den Ergebnissen des EU-Zentralasien-Gipfels, der im April in Samarkand stattfand, konzentrierten sich die Gespräche auf Handel, Investitionen, Verkehrsanbindung, Energie, Klima, Rechtsstaatlichkeit und Visaliberalisierung.

Nach Angaben der Teilnehmer legte die Diskussion den Grundstein für eine nachhaltige, langfristige Zusammenarbeit. Europäische Beamte bezeichneten die Partnerschaft mit Kasachstan als solide und ausgereift.

Wo steht Europa?

Obwohl Kasachstan eine multivektorielle Außenpolitik verfolgt, die Raum für vielfältige Partnerschaften bietet, könnte das Scheitern Europas bei der Sicherung des Atomvertrags einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen.

Die EU bleibt Kasachstans größter Handelspartner und ausländischer Investor, aber China und Russland haben in Bezug auf direkte zwischenstaatliche Beziehungen die Oberhand. Die neuen Atomverträge könnten ihre strategische Position im Land weiter festigen.

Dies zwingt die EU erneut dazu, ihre Relevanz in Kasachstan und der gesamten zentralasiatischen Region zu behaupten. Italien mit seinem maßgeschneiderten und pragmatischen Ansatz in den Beziehungen zu Astana und anderen regionalen Hauptstädten könnte als Vorbild für das künftige Engagement der EU dienen.

Europa, beeilt euch jetzt!

Kasachstan sieht seine wachsende Partnerschaft mit der EU als Eckpfeiler einer globalen Strategie zur Stärkung der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit und Flexibilität. Diese Botschaft wurde auf dem Astana International Forum (AIF) 2025 bekräftigt, das den EU-Mitgliedstaaten einen willkommenen Anlass bot, ihr Engagement zu vertiefen.

Wenn die EU nicht weiter an Boden verlieren will – oder einen weiteren Großauftrag –, muss sie schnell handeln und ihr Wertversprechen in der Region neu definieren.