Bei „Maischberger“ lassen die Gäste einen politisch ereignisreichen Tag ausklingen. Neben dem Koalitionsvertrag von Union und SPD wird auch Trumps jüngster Rückzieher in der Zollpolitik diskutiert.
Der Koalitionsvertrag: „Gesamtkunstwerk“ oder „zäh und grau“?
Es sind kreative Wortreihungen, mit denen die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge den schwarz-roten Koalitionsvertrag attackiert. „Ganz viele sehr wurschtlige Kompromisse“ steckten darin, die Ergebnisse seien „all in all ziemlich zäh und grau“. Insbesondere beim Klimaschutz mache die neue Koalition Rückschritte.
Jens Spahn, Fraktionsvize der CDU im Bundestag, zeigt sich hingegen zufrieden mit der Einigung. SPD und Union seien unter anderem in der Wirtschafts- und Migrationspolitik zusammengekommen. „Das sind die beiden Hauptthemen, und für die haben wir eine Antwort.“ Im Koalitionsvertrag sieht er gar ein „Gesamtkunstwerk“.
Streit um Migration
Die Diskussion zwischen Spahn und Dröge läuft für eine Talkshow ungewöhnlich gesittet ab. Beim Thema Migration wird der Ton jedoch schärfer. Dröge wirft Schwarz-Rot etwa eine „völlig unnötige, unmenschliche Härte“ vor und unterstellt Spahn mehrmals Falschaussagen: „Sie können nicht im deutschen Fernsehen sitzen und so viele Unwahrheiten hintereinander unwidersprochen erzählen.“
Der CDU-Politiker besteht darauf, dass eine vermeintlich zu lasche Migrationspolitik die AfD stärke. Wenn man so weitermache wie bisher, stehe „die extreme Rechte vielleicht mal bei 40 und 50 Prozent“, warnt Spahn. CDU und CSU dürften keine AfD-Politik vollziehen, hält Dröge dagegen: „Wir brauchen eine konservative Partei, die erklärt, wo sie stehenbleibt.“
Zwischenzeitlich wirkt es, als habe Dröge die Moderatorin an ihrer Seite. Mehrmals konfrontiert Maischberger Spahn mit Themen, die Dröge anspricht. Der kann sich wiederum Kritik am Publikum und dem Sender nicht verkneifen: „Es mag hier im Studio der ARD Applaus geben, nur ist diese Politik abgewählt worden.“
Die Kommentatoren
Tagesspiegel-Journalistin Ann-Kathrin Hipp sieht den möglichen neuen Kanzler Friedrich Merz in der Defensive. Mit seiner „Basta-Politik“ aus dem Wahlkampf komme er an Grenzen. Zugleich sei „nicht die große Wirtschaftswende“ vereinbart worden, sondern „eher ein Wirtschafts-Wendchen“.
Ann-Kathrin Hipp Ann-Kathrin Hipp hat beim Tagesspiegel volontiert und leitet mittlerweile den preisgekrönten Newsletter „Checkpoint“. Einmal im Monat hostet sie zudem den Ringbahn-Podcast „Eine Runde Berlin“. Auf Radioeins kommentiert sie regelmäßig das politische Geschehen in Berlin & Bund.
Auch TV-Produzent Hubertus Meyer-Burckhardt nimmt die Wirtschaft in den Blick. Er sorgt sich nach Trumps Zoll-Wirrwarr um das Ansehen des Aktienmarktes in Deutschland. Kleinsparer zögen sich zurück. „Diese Geschichte wirft das ganze Unterfangen um Jahrzehnte zurück.“
Der „Welt“-Journalist Robin Alexander sieht nebem dem Staat auch die Bürger in der Pflicht, Widrigkeiten zu ertragen. „Es kommen jetzt zehn harte Jahre, und das ist noch das Beste, was passieren kann“, prophezeit er. Über Kabinettsposten möchte Alexander nicht spekulieren.
Ein witzloser Kabarettist
Kabarettist Dieter Nuhr bekommt in seinem Gespräch mit Maischberger erst einmal reichlich Gelegenheit, sein neues Buch zu bewerben. Dankenswerterweise wird dabei sogleich der Titel eingeblendet.
Als es an den Inhalt der Sendung geht, erklärt der Kabarettist: „Ich hab überhaupt kein Urteil zu diesem Koalitionsvertrag.“ Das lässt selbst den geneigten Zuschauer fragend zurück: Was vermag Nuhr stattdessen zur Sendung beizutragen? Offenbar sind es seine Urteile in anderen Politikbereichen, die ihn als Talkshowgast qualifizieren – und reichlich pauschal ausfallen.
Geht es etwa um „Migranten“, weiß Nuhr viel Anekdotisches zu berichten. „Ein Freund von mir zahlt Schutzgeld an Leute in der Klasse seines Sohnes, damit sie ihn auf dem Schulweg nicht angreifen“, sagt er. Dass er Menschen mit Migrationshintergrund meint, versteht sich von selbst.
Ein anderer Freund habe eine Tochter, die „nicht mehr mit kurzem Röckchen in die Schule“ gehe, „weil sie Angst hat, als Schlampe zum Freiwild zu werden“. Offenbar hat Nuhr nicht nur viele Freunde, sondern auch eine eigenwillige Ausdrucksweise.
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Als der Kabarettist seinen Kassenschlager „Wokeness“ anstimmt, wird es Maischberger zu bunt: „Sie übertreiben, Herr Nuhr, das wissen Sie genau.“ Man will hoffen, dass sie recht hat.