Bei der Lektüre von «Fussball-Euro 2025» schüttelt man ab und zu den Kopf. Denn manches erscheint aus heutiger Sicht kaum fassbar. Etwa bei jenem Kapitel, in dem Autor Marco Keller die Geschichte von Madeleine Boll erzählt. Die Walliserin war die erste lizenzierte Fussballerin der Schweiz. Am 11. September 1965 wurde ihr die Bewilligung zum Fussballspielen erteilt. Selbst in Südamerika habe man gemäss Boll über dieses Ereignis berichtet.

Gibt die EM dem Frauenfussball in der Schweiz nochmals einen Extraboost? Nati-Spielerin Aliyah Pilgrim (rechts) beim öffentlichen Training in Grenchen.

Bild: Urs Lindt / Freshfocus

Doch der Wirbel um Boll hatte negative Konsequenzen für sie. Denn der Fussballverband buchstabierte zurück und entzog ihr die Lizenz wieder. Bei der Vergabe sei ein Irrtum passiert, man habe Madeleine Boll für einen Buben gehalten, liess der Verband verlauten. Abenteuerliche Argumente wurden ins Feld geführt: Fussball sei zu gefährlich für Frauen. Überdies gebe es medizinische Gründe für den Ausschluss des weiblichen Geschlechts.

Doch der Frauenfussball kämpfte auch noch nach der Jahrtausendwende um sein Ansehen. Das sagt auch Dominique Blanc, der Präsident des SFV, in dem Vorwort des Buches: «Vor zwanzig Jahren noch drehten sich die Leute um, wenn ein Mädchen mit Fussballshirt und Sporttasche durchs Dorf lief. Heute ist es eine Selbstverständlichkeit. Endlich. Wunderbar.» Die Zahlen belegen jedenfalls diesen Aufschwung. 2020 gab es bloss 26’000 lizenzierte Fussballerinnen in der Schweiz. 2024 waren es bereits 44’000.

Dem Zuger Journalisten Marco Keller ist ein kurzweiliges Vorschaubuch zur EM 2025 in der Schweiz gelungen. Seit dem vergangenen Sommer hat er viele Gespräche mit Direktbeteiligten der Fussballszene geführt. So hat er unter anderem auch die beiden Nati-Coaches Pia Sundhage und Murat Yakin an einen Tisch gebracht. Und in diesem Gespräch sagt Sundhage freimütig, dass die Männer ganz einfach präziser Fussball spielen. «Alles ist schneller und genauer auf dem höchsten Niveau. Das fehlt mir bei den Frauen.»

Buchautor Marco Keller.

Bild: Stefan Kaiser

Ausserdem finden sich Porträts zu Persönlichkeiten wie EM-Turnierdirektorin Doris Keller, Schiedsrichterin Désirée Grundbacher oder den Schweizer Hoffnungsträgerinnen Sydney Schertenleib, Iman Beney und Naomi Luyet. Mit dem kleinen Schönheitsfehler natürlich, dass Luyet kurzfristig keine Hoffnungsträgerin sein kann. Für die Unterwalliserin kommt das Turnier nach einer Beckenverletzung zu früh. Ein positives Feature ist hingegen, dass man via QR-Code direkt zu Luyets Traumtor gelangt, das sie im Oktober 2024 gegen Frankreich erzielte.

Im hinteren Teil des Buches werden schliesslich sämtliche Teams sowie alle Schweizer Stadien (Basel, Bern, Genf, Zürich, St. Gallen, Luzern, Sion und Thun) vorgestellt. Keller schreibt in seinem Nachwort: «Dank dem Katalysator Women’s Euro 2025 wird die Bewegung zusätzliche Fahrt aufnehmen.» Es bleibt zu hoffen, dass der Frauenfussball diesen Schwung mitnehmen kann und sich der gesellschaftliche Wandel fortsetzt. Helfen würden sicher mitreissende Spiele des Schweizer Teams. Dieses Buch könnte helfen, die Wartezeit bis zum 2. Juli (Eröffnungsspiel Schweiz – Norwegen) zu überbrücken.

Fussball-Euro 2025 Schweiz. Helvetia Verlag, 142 Seiten, ca. 35 Fr.
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