Risikoanalyse in NRW: Ist der Digitale Zwilling von Stuttgart eine potenzielle Gefahr? Der digitale Zwilling im Internet: Das Nordbahnhofviertel in Stuttgart ist Teil eines Projekts der Hochschule für Technik. Foto: Screenshot/Hochschule für Technik Stuttgart

Das Militär sieht im Digitalen Zwilling für Nordrhein-Westfalen eine mögliche Gefahrenquelle. Auch Stuttgart gibt es als 3-D-Abbild. Was die Macher und die Stadt dazu sagen.

Von Stuttgart gibt es ein digitales Abbild, sozusagen einen digitalen Schatten: eine 3-D-Karte der gebauten Stadt. Sie wurde entwickelt von der Hochschule für Technik in Stuttgart und soll unter anderem wertvolle Hinweise für das Klimaziel liefern. Stuttgart will bis 2035 als Gesamtstadt emissionsfrei sein. Der Digitale Zwilling zeigt recht einfach und anschaulich mit Farben, welchen Wärmebedarf die 190 000 Gebäude haben oder ob es Quartiere gibt, in denen besonders wenige Häuser saniert sind.

So nützlich Digitale Zwillinge also sein können, um eine Stadt besser zu verstehen, so risikobehaftet sind sie zugleich. Ende Mai hatten Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“, des WDR und des NDR ergeben, dass das Bundesverteidigungsministerium den ersten Digitalen Zwilling eines ganzen Bundeslandes – nämlich Nordrhein-Westfalen – als kritisch einstuft.

Konsequenz aus der Flutkatastrophe im Ahrtal

Geschaffen wurde das Geodaten-Modell dort, um Rettungskräfte im Krisenfall zu unterstützen, damit sie eine Lage schneller einschätzen können. Dies geschah offenbar auch als Konsequenz aus der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal vor vier Jahren. Die Sorge des Verteidigungsministeriums hingegen: die unter Umständen zu detaillierten 3-D-Daten könnten für militärische Zwecke missbraucht werden. Man sei mit dem Innenministerium dazu im Gespräch, heißt es laut „Süddeutscher Zeitung“.

Professor Volker Coors und der Digitale Zwilling der gebauten Stadt Stuttgart Foto: Archiv Lichtgut/Max Kovalenko

Zurück nach Stuttgart. Wie blickt man hier auf die Einschätzung des Militärs? „Die Erkenntnis ist nicht so neu und wird laufend bewertet, ebenso Datenschutzaspekte“, erklärt Professor Volker Coors, Prorektor Forschung und Digitalisierung an der Hochschule für Technik in Stuttgart, und zuständig für das Projekt. „Daten zu kritischer Infrastruktur und natürlich auch personenbezogene Daten sind nicht frei verfügbar.“

Dies bestätigt die Stadt als Kooperationspartner fast wortgleich. Und zudem: „Die Stadt Stuttgart ist sich der sicherheitsrelevanten Aspekte Digitaler Zwillinge bewusst und berücksichtigt diese in ihren Projekten und in der Zusammenarbeit mit der Hochschule für Technik sowie auch mit anderen Hochschulen“, richtet die Sprecherin Frederike Myhsok für das Stadtmessungsamt aus. Man habe mit der Hochschule mehrere Projekte laufen.

Allerdings schließt die Stadt Stuttgart Restrisiken nicht aus. „Grundsätzlich können beim Aufbau und der Nutzung Digitaler Zwillinge Risiken entstehen“, sagt die Sprecherin Frederike Myhsok im Sinne des Stadtmessungsamts. Diese würden „frühzeitig untersucht und berücksichtigt“. Unter anderem würden deshalb nur verallgemeinerte oder abstrahierte Daten genutzt werden, sagt sie, „um mögliche Missbrauchsszenarien zu vermeiden“.