Rote und rosafarbene Bücher stehen vor einen rosafarbenen Hintergrund.

AUDIO: eat.READ.sleep. Folge (140): Ananaskuchen und große Gefühle (68 Min)

Stand: 24.06.2025 13:16 Uhr

2025 begeistert mit spannenden Geschichten und tiefgründigen Erzählungen: Von Kristine Bilkaus ausgezeichnetem Roman „Halbinsel“ bis zu „Fun“ von Ärzte-Schlagzeuger Bela B. Die Empfehlungen der Literaturredaktion von NDR Kultur.

von Maren Ahring, Alexander Solloch, Anna Hartwich, Jürgen Deppe und Joachim Dicks

„Else“ von Jasna Fritzi Bauer und Katharina Zorn

Die Protagonistin ist die Großmutter einer der beiden Autorinnen, für die beide „Else“ ihr Romandebüt darstellt. Elses Leben steht stellvertretend für all die Frauen, die in ihrer Generation für die Gleichberechtigung gekämpft haben, in einer Zeit, in der, zumindest in Westdeutschland, Frauen nur gegen große Widerstände einer Arbeit nachgehen konnten. So nimmt die Lektüre die Leserschaft mit auf eine abenteuerliche Reise – in die Vergangenheit und auch nach Südfrankreich.

Cover: Jasna Fritzi Bauer / Katharina Zorn: "Else“

Jasna Fritzi Bauer und Katharina Zorn enthüllen in ihrem gemeinsamen Roman eine inspirierende Frauengeschichte.

„Der Schlaf der Anderen“ von Tamar Noort

Tamar Noorts Roman handelt von zwei schlafgestörten Frauen, die den Mut finden, aus festgefahrenen Strukturen auszubrechen. Das Buch beleuchtet ihren Leidensdruck und die persönliche Entwicklung, die durch neue Begegnungen, etwa im Schlaflabor, angestoßen wird. Der Roman schafft es, das schwere Thema Schlaflosigkeit humorvoll und leicht zugänglich zu gestalten. Vielleicht trägt dieses richtig gute Buch dazu bei, das Thema weiter zu enttabuisieren. Unbedingt lesenswert – nicht nur für Schlafgestörte.

Cover: Tamar Noort, "Der Schlaf der Anderen"

Noorts Roman zeigt schlaflose Frauen, die durch neue Begegnungen Mut schöpfen, festgefahrene Strukturen zu verlassen.

„Halbinsel“ von Kristine Bilkau

Für „Halbinsel“ wurde Kristine Bilkau nicht nur mit dem NDR Buch des Monats April, sondern auch mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Was wird aus uns, wenn unsere Kinder einmal groß sind? Was wird aus den Kindern, nachdem wir sie entlassen haben in eine immer unfreundlichere Welt? Wie sehr steht die innige Fürsorge fürs Kind seiner Freiheit im Weg? Das sind die Fragen, die Kristine Bilkaus Ich-Erzählerin umtreiben. An einem kritischen Punkt im Leben lernen Mutter und Tochter die Lebenswirklichkeit der jeweils anderen neu verstehen. Mit einer ruhigen, lakonischen, einnehmenden Sprache fängt Kristine Bilkau das Existenzielle ein, das darin besteht, jemanden zu lieben und sich um jemanden zu sorgen; wie magisch das ist und wie brutal. Ein Meisterwerk voller Zartheit, Realismus und Identifikationspotenzial.

Cover: Kristine Bilkau, "Halbinsel"

Im Roman stellt die Hamburger Autorin existenzielle Fragen. Dafür hat sie am Donnerstag den Preis der Leipziger Buchmesse bekommen.

„Abschied“ – Meisterwerk aus dem Nachlass Sebastian Haffners

„Anmerkungen zu Hitler“ oder seine „Geschichte eines Deutschen“ – der Journalist Sebastian Haffner war vor allem für seine essayistischen Betrachtungen bekannt. 1999 starb Haffner, der als Raimund Pretzel geboren wurde. Um so überraschender, dass in seinem Nachlass ein Roman gefunden wurde. 1932 verfasst und bislang unveröffentlicht. „Abschied“ spielt 1931 in Paris: Der Referendar Raimund besucht seine Freundin Teddy, die an der Sorbonne studiert. Nun naht aber der Abschied, Raimund muss wieder nach Berlin, will die umschwärmte Teddy aber auch nicht in Paris zurücklassen. Und so flaniert er durch die Gassen des Quartier Latin auf der Suche nach Glück und Freiheit. Ein echter Glücksfall, das dieser Roman – versehen mit einem Nachwort des Journalisten Volker Weidermann – nun auf den Markt kommt.

Cover Sebastian Haffner: "Abschied“

Den Roman schrieb der bekannte Journalist und Autor 1932. Der Text beschreibt die melancholische Suche nach Glück und Freiheit im Paris der 1930er-Jahre.

„Der Kaiser der Freude“ von Ocean Vuong

Ocean Vuong, der vietnamesisch-amerikanische Schriftsteller, erzählt in seinem zweiten Roman von Leuten, die sich als „Loser“ empfinden; das Leben mit seinen Härten hat sie nahe an den Abgrund gebracht, in die Abhängigkeit von Tabletten und Alkohol, ins Meer der Traurigkeit. Und doch kämpfen sie beharrlich um einen letzten Rest an Würde. Rettung kann überall lauern, oft in den kleinen besonderen Momenten, von denen dieser fulminante Roman voll ist.

Cover Ocean Vuong, "Der Kaiser der Freude“

Ocean Vuong erzählt in seinem zweiten Roman von Menschen am Abgrund und von der Rettung, die überall lauern kann.

NDR Buch des Monats Mai: „Entscheidung auf Hiddensee“ von Christof Kessler

Im Roman des Greifswalder Autoren Christof Kessler vermischen sich Wahrheit und Fiktion. Die Handlung spielt 1913 und handelt vom Dichter Gottfried Benn, der gerade in einer Beziehung mit der exzentrischen Lyrikerin Else Lasker-Schüler steckt. Im Urlaub auf Hiddensee lernt Benn Edith Osterloh kennen – und lieben. Kessler beschreibt die beiden als glückliches Paar in der schönen Natur, wie er ihren Körper erkundet und sie den seinen. Auf dem Leuchtturm Dornbusch gesteht Gottfried Benn Edith Osterloh schließlich seine Liebe und verspricht ihr, sich – wieder in Berlin – von Else Lasker-Schüler zu trennen. In dem Roman taucht alles auf, was in dieser Zeit Rang und Namen auf der Insel hat: Dichter Gerhart Hauptmann zum Beispiel, Schauspielerin Asta Nielsen oder der Maler Oskar Kruse. Die kommen an immer wieder neuen Schauplätzen zusammen: die Wohnorte der Künstler, Hotels, Kneipen, die Kirche, der Leuchtturm, der Strand. Es ist ein fantasievoll erzählter Roman zwischen Aufbruch und Abschied, vollgepackt mit geballtem Wissen über die Insel und ihre Menschen.

Buchcover: Christof Kessler "Entscheidung auf Hiddensee"

Der Roman behandelt die Beziehung zwischen Dichter Gottfried Benn und der exzentrischen Lyrikerin Else Lasker-Schüler.

Christoph Kramer: „Das Leben fing im Sommer an“

Dieses Buch weckt die Erinnerung an eine große, beängstigende, prägende Zeit im Leben, in der Euphorie und Panik immer ganz nah beieinander liegen. Man liest das mit Wehmut und Erleichterung zugleich: Ach, was war das für eine schöne Zeit! Und: Ach, wie gut, dass diese schreckliche Zeit überstanden ist! Ein doppelbödiger Roman also, gut konstruiert, mit leichter Hand geschrieben, getragen vom Glauben an magisches Denken. Christoph Kramer, Fußballweltmeister von 2014, hat sich seinen Traum vom eigenen Roman gekonnt erfüllt: „Das Leben fing im Sommer an“ ist eine gelungene Coming-of-Age-Geschichte.

Buchcover: Christoph Kramer, "Das Leben fing im Sommer an"

Der Fußballweltmeister von 2014 beweist mit einer gelungenen Coming-of-Age-Geschichte sein literarisches Talent.

Wolf Haas: „Wackelkontakt“

Franz Escher wartet bei sich zu Hause auf einen Elektriker und liest derweil ein Buch. Darin geht es um einen Mafioso, der als Kronzeuge im Gefängnis sitzt und dort ein Buch liest: Darin geht es um Franz Escher, der auf einen Elektriker wartet und derweil ein Buch liest. Völlig verrückt? Ja, oder eben einfach Wolf Haas, wie er schreibt und lebt. Ein Wackelkontakt, der herumwirbelt und Leserinnen und Leser heftig unter Strom setzt!

Cover: Wolf Haas, "Wackelkontakt"

„Wackelkontakt“ ist ähnlich skurril und amüsant wie Wolf Haas‘ „Brenner“-Romane, aber erzählerisch deutlich verwickelter.

Christian Kracht: „Air“

Christian Kracht hat mit „Air“ einen verrätselten, ja „airratischen“ Roman geschrieben, ein modernes Märchen, eine Sage, für die, die noch an solche glauben mögen. Schauplatz für den Roman ist ein bewachtes Rechenzentrum in Norwegen. Als Protagonist Paul es betritt, wird durch eine Sonneneruption der Planet verschluckt. Paul findet sich in einer Fantasy-Welt wieder. Krachts Buch ist für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.

Cover: Christian Kracht, "Air“

Beim Betreten eines streng bewachten Rechenzentrums wird Protagonist Paul durch eine Sonneneruption in ein anderes Dasein geschleudert.

NDR Buch des Monats März: „Flusslinien“ von Katharina Hagena

Jedes der zwölf Romankapitel in „Flusslinien“ beginnt mit einem kurzen Gang an der Elbe, jedes Kapitel steht für einen Tag. Die Figuren, die Katharina Hagena in diese Landschaft „eingepasst“ hat, sind Margrit, Luzie und Arthur. Margrit ist 102 und lebt in einer Seniorenresidenz an der Elbe, ihre 18-jährige Enkelin Luzie hat nach einem traumatischen Erlebnis kurz vor dem Abitur die Schule geschmissen und will Tätowiererin werden. Deren 24-jähriger Nachbar Arthur muss den Tod seines Zwillingsbruders verarbeiten und jobbt als Fahrer in der Seniorenresidenz. Katharina Hagena spannt große Bögen – das Altern, der Tod und die Liebe sind die großen Themen des Romans. Wie nebenbei webt sie ein feines und breites Netz aus verschiedensten Fäden. In diesem ungemein klug komponierten Roman hängt auf subtile Weise alles mit allem zusammen.

Cover: Katharina Hagena, "Flusslinien“

Der vierte Roman der Hamburgerin birgt viele Geschichten: Das Altern, der Tod und die Liebe sind die großen Themen.

Chimamanda Ngozi Adichie: „Dream Count“

Nach Jahren endlich wieder ein Roman der nigerianischen Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie. „Dream Count“ erzählt die Geschichten von vier afrikanischen Frauen zwischen den USA und Nigeria. Es geht um Liebe, Verlust und den Wunsch nach Selbstbestimmung, um schmerzhafte Entscheidungen und unerwartete Wendungen. Ein kraftvolles Buch, das Fragen stellt, ohne einfache Antworten zu liefern.

Buchcover: Chimamanda Ngozi Adichie, "Dream count"

In Chimamanda Ngozi Adichies Roman dreht sich alles um den Wunsch nach Liebe, Zugehörigkeit und Selbstbestimmung.

Feridun Zaimoglu: „Sohn ohne Vater“

Feridun Zaimoglus neuestes Werk ist eine Mischung aus Schmerzensbuch und flirrendem Roadmovie. „Ich behaupte, in diesem Buch ‚ich‘ zu sein, ich behaupte in diesem Buch, Zaimoglu zu sein“, erzählt der Autor im Gespräch mit NDR Kultur. Um sich von seinem Vater zu verabschieden und der Mutter beizustehen, muss der Sohn in die Türkei reisen. Da er unter extremer Flugangst leidet und trotz Führerscheins nicht selbst Auto fährt, gestaltet sich das überraschend kompliziert. Schließlich organisieren Freunde die Fahrt mit einem Wohnmobil, einer setzt sich hinters Steuer, Zaimoglu daneben. „Die Trauer macht mich türkisch“, heißt es an einer Stelle des Buches. „Sohn ohne Vater“ ist ein zutiefst persönlicher Roman über Verlust, Liebe, Aufbruch und Ankommen – in einem neuen Lebensabschnitt, in einer neuen Heimat.

Cover: Feridun Zaimoglu, "Sohn ohne Vater“

Der in Kiel lebende Schriftsteller Feridun Zaimoglu ist in viele Rollen geschlüpft. Entstanden ist ein Roman, der zum Krimi wird.

Takis Würger: „Für Polina“

Hannes und Polina sind seit der Kindheit befreundet. Hannes ist ein stilles Kind, Polina dagegen ist laut, lebhaft, frech, das genaue Gegenteil. Nach dem Tod von Hannes‘ Mutter, trennen sich ihre Wege. Später wird er versuchen, die Liebe seines Lebens mithilfe von Musik wiederzufinden…

Autor Takis Würger beherrscht die Klaviatur der Gefühle. Und genau das ist das Problem dieses überkonstruierten Buchs: Es ist ein Coming-of-Age-Roman wie am Reißbrett entworfen. Der Roman liest sich wie eine überkolorierte Fotografie, ohne jede Unschärfe, ohne Geheimnis. Es gibt keine Brüche, die nicht sofort von einem originellen Einfall übertüncht würden. So überschlagen sich die Bilder, die Figuren wirken wie aus dem Katalog. Dann aber, kurz vor dem Ende, greift er doch noch ans Herz.

Cover: Takis Würger, "Für Polina“

Das Problem dieses zu Herzen gehenden, aber überkonstruierten Buchs: Es ist ein Coming-of-Age-Roman wie am Reißbrett entworfen.

Janine Adomeit: „Die erste halbe Stunde im Paradies“

Im Roman von Janine Adomeit geht es um ein Geschwisterpaar, dessen Mutter an Multipler Sklerose erkrankt ist. Die Flensburgerin erzählt bewegend, ohne Kitsch, nüchtern, voller menschlicher Wärme und leisem Witz. „Die erste halbe Stunde im Paradies“ ist bei allem Leid auch ein tröstliches Buch. Man versteht sehr gut, was die Figuren durchmachen, und dadurch fühlt man sich auch selber ein bisschen verstanden und gesehen. Das macht diesen Roman außergewöhnlich.

Cover: Janine Adomeit, "Die erste halbe Stunde im Paradies“

Die Flensburgerin Janine Adomeit erzählt eine Familiengeschichte voller menschlicher Wärme und leisem Witz.

Kathrin Weßling: „Sonnenhang“

Aufrichtig und kompromisslos schreibt Kathrin Weßling über das Nicht-mehr-jung-Sein, zerbrochene Lebensträume und darüber, dass man manchmal an den ungewöhnlichsten Orten Freundschaft findet.

Während ihre Freundinnen Kinder bekommen und Instagram eine einzige Happy-Wife-Happy-Life-Show zu sein scheint, sitzt Katharina in ihrer Wohnung und betäubt sich mit Arbeit und Trash-TV. Mit Ende 30 hat sie sich arrangiert mit diesem recht ereignislosen Leben, in dem noch alles möglich ist. Das zumindest glaubt sie, bis sie erfährt, dass sie keine Kinder mehr bekommen kann. Plötzlich fühlen sich die Nächte in Kneipen und die Tage am Schreibtisch nur noch sinnlos an. Dann nimmt sie eine ehrenamtliche Stelle in der Seniorenresidenz „Sonnenhang“ an. Die Wochenenden bestehen nun aus Eierlikörschmuggel, Kniffeln und skurrilen, liebenswürdigen Begegnungen. Als die nächste große Entscheidung ansteht, muss Katharina sich fragen, was sie eigentlich will. Und ob sie nicht ganz unbemerkt schon längst gefunden hat, wonach sie so verzweifelt sucht.

Buchcover: Kathrin Weßling, "Sonnenhang"

Kathrin Weßling schreibt über zerbrochene Lebensträume und darüber, dass man manchmal an den ungewöhnlichsten Orten Freundschaft findet.

Bela B. Felsenheimer: „Fun“

Der Drummer der Punk-Band Die Ärzte eroberte 2019 mit seinem Debütroman „Scharnow“ die Bestsellerlisten – vor allem mit skurrilen Ideen, kreativen Plot-Ideen und jeder Menge Charme. Bela Bs neues Werk „Fun“ handelt vom Machtmissbrauch durch eine Rockband – und erinnert damit auch an die Debatte um Till Lindemann und Rammstein. Die Männer von „Nabel Nabel“ sind inzwischen Ende 40 und haben sich in ihrem misogynen Weltbild eingerichtet. Es ist harter, gewaltvoller Stoff, der teilweise verstörend zu lesen ist. Detailliert beschreibt er zum Beispiel, wie zwei der Nabels eine 18-Jährige gemeinsam vergewaltigen. Doch die Frau ist mutig und erstattet Anzeige. Hinzu kommen weitere Vorwürfe: Körperverletzung und der Einsatz von Drogen, um die Opfer gefügig zu machen. Am Ende erlaubt sich Felsenheimer Gerechtigkeit im Tarantino-Stil.

Buch-Cover: "Fun" von Bela B. Felsenheimer Fun

Der zweite Roman des Ärzte-Schlagzeugers erzählt das Gegenteil von dem, was sein Titel vermuten lässt.

Julia Schoch: „Wild nach einem wilden Traum“

Dieses Buch ist der letzte Band der „Biographie einer Frau“, und es geht um Liebe und Lust. Die Erzählerin blickt in eine Zeit zurück, in der sie als Dozentin Literatur lehrte. Dabei begegnete sie einem Katalanen und beginnt mit ihm eine Affäre. Danach stellt sie die Weichen neu und will als Schriftstellerin arbeiten.

Julia Schochs Schreiben wir gern das Label „Autofiktion“ aufgeklebt. Die Autorin selbst versteht ihre Literatur aber anders: Nicht sie bedient sich der „Wirklichkeit“, sondern indem sie erzählt, schafft sie eine neue Realität. „Wild nach einem wilden Traum“ ist auch eine Geschichte über die Kraft des literarischen Schreibens.

Cover: Julia Schoch, "Wild nach einem wilden Traum"

Die Erzählerin erinnert sich im letzten Teil der „Biografie einer Frau“ an eine Episode, in der die Liebe wild aufflackerte.

Heinrich Breloer: „Ein tadelloses Glück“

Was ist nicht schon alles über Thomas Mann geschrieben worden? Wenn aber einer, wie Heinrich Breloer einmal zur Feder greift und diesen vielen Blicken auf den legendären Literaturnobelpreisträger aus Lübeck noch eine weitere Facette hinzufügt, dann lohnt sich die Lektüre allemal. Zumal Breloer mit seinen früheren Filmen „Buddenbrooks“ und „Die Manns“ als wahrer Mann-Experte gelten darf. Es geht Breloer um den jungen Thomas Mann, der nach seinem großen Erfolg von „Buddenbrooks“ eine Familie gründet. Ein echter Pageturner.

Cover: Heinrich Breloer, "Ein tadelloses Glück. Der junge Thomas Mann und der Preis des Erfolgs“

In Heinrich Breloers Roman geht es um den Literaturnobelpreisträger, der nach seinem großen Erfolg von „Buddenbrooks“ eine Familie gründet.

Jonas Lüscher: „Verzauberte Vorbestimmung“

Das Mensch-Maschine-Verhältnis ist für den Schweizer Autor Jonas Lüscher eine politische und gesellschaftliche Frage. „Gerade die Frage der KI ist so entscheidend, weil sich Technologien seit der Frühindustrialisierung nicht deswegen weiterentwickeln, weil sie uns per se weiterbringen oder uns zu besseren Menschen machen oder uns zu einem erfüllteren Leben führen, sondern weil sie die Produktivität erhöhen“, sagt Lüscher bei „Der Norden liest“. Als Ich-Erzähler verbindet Jonas Lüscher Erzählungen über Mensch-Maschine-Verbindungen in verschiedenen Ländern und Zeiten. Es geht um einen algerischen Soldaten beim ersten deutschen Giftgasangriff im Ersten Weltkrieg, einen französischen Briefträger, der mit der Technik des Steineaufschichtens einen Traumpalast errichtet und Weber in Böhmen, die gegen ihre Ausbeutung aufbegehren. „Verzauberte Vorbestimmung“ ist ein komisches und dramatisches Spiegelkabinett der großen und kleinen Konflikte der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Cover: Jonas Lüscher, "Verzauberte Vorbestimmung"

Jonas Lüscher verdankt sein Überleben der Medizintechnik. Trotzdem sieht er Maschinen kritisch. Bei „Der Norden liest“ verrät er, warum.

Jakob Hein: „Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste“

Der lustigste Psychiater der Welt hat wieder einen Roman geschrieben: Jakob Hein ist Mediziner und Schriftsteller. Seit Jahren führt der gebürtige Leipziger eine Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Berlin. Gleichzeitig verfasste er – inspiriert durch seine Arbeit als Psychiater – Bestseller-Romane wie „Hypochonder leben länger und andere gute Nachrichten aus meiner psychiatrischen Praxis“ oder „Herr Jensen steigt aus“. Sein neuer Roman ist eine Groteske, in der Cannabis- und Devisengeschäfte die deutsch-deutschen Beziehungen in den 1980er-Jahren in Aufruhr versetzen. In der Berliner Invalidenstraße, am Grenzübergang zwischen West und Ost, spielen sich tumultartige Szenen ab, aber anders, als man denkt: Die Leute wollen in den Osten! Die Lage wird brenzlig, aber Grischa hat einen Plan…

Cover: Jakob Hein, "Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste“

Mit „Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste“ ist Hein eine höchst vergnügliche Schwejkiade geglückt.

Colum McCann: „Twist“

Tiefseekabel verbinden Menschen über Länder und Kontinente hinweg. Aber sie sind auch störungsanfällig und fragil. Darüber soll ein Journalist schreiben und begibt sich an Bord eines Schiffes. Natürlich kommt es zum Showdown auf hoher See. Oberflächlich geht es in „Twist“ um die Reparatur von Tiefseekabeln. Wie das Reparaturboot auf den Wellen des Atlantiks schaukelt und die eigentliche Handlung in der Tiefe stattfindet. So ist das auch in diesem Roman. Es geht um das Wieder-Herstellen von Verbindungen, auch von menschlichen. Colum McCann unternimmt eine Expedition in die Tiefe der menschlichen Psyche.

Cover: Colum McCann, "Twist”

Oberflächlich geht es im Roman um die Reparatur von Tiefseekabeln. Doch Colum McCann unternimmt dabei eine Expedition in die Tiefe der menschlichen Psyche.

Antje Rávik Strubel: „Der Einfluss der Fasane“

Der neue Roman der Buchpreisträgerin von 2021 – und ein sehr gegenwärtiger: Er handelt von den Erregungsmechanismen unserer Zeit, davon, wie schnell aus Worten Gewalt, aus Kritik Schuld werden kann.

Im fernen Australien nimmt sich der Ehemann einer berühmten deutschen Opernsängerin vor der herrlichen Kulisse der Sydney Opera das Leben. Diese Zeitungsnotiz bringt die Geschichte ins Rollen, in deren Mittelpunkt die Journalistin Hella Karl steht. Bei dem Toten handelt es sich um den Berliner Theaterintendanten Kai Hochwerth. Hella Karl hatte kurz vor dessen Suizid in ihrer Zeitung einen kritischen Artikel über ihn veröffentlicht und steht nun im Mittelpunkt der Debatte. Antje Ravik Strubel wirft viele Fragen auf: Wie die Wahrheit schreiben? Wie über patriarchale Herrschaftsstrukturen? Über sexuellen Missbrauch? Fake-News? Was geschieht in den sogenannten „Sozialen Medien“? Wie schnell kann ein Mensch unter die Räder kommen?

Cover: Antje Rávik Strubel, "Der Einfluss der Fasane“

In Antje Rávik Strubels neuem Roman wird ein kritischer Zeitungsartikel einer Journalistin zum Verhängnis.

Katharina Hagena: „Flusslinien“

Ihre Familiengeschichte „Der Geschmack von Apfelkernen“ begeisterte 2008 viele Leserinnen und Leser. Jetzt hat die in Hamburg lebende Autorin einen neuen Generationenroman geschrieben: Im Mittelpunkt stehen die hundertzweijährige Margrit, ihr Fahrer, ihre Enkelin – und zwölf frühsommerliche Tage an der Elbe.

Cover: Katharina Hagena, "Flusslinien“

Der vierte Roman der Hamburgerin birgt viele Geschichten: Das Altern, der Tod und die Liebe sind die großen Themen.

Martin Mosebach: „Die Richtige“

Cover: Martin Mosebach, "Die Richtige"

„Die Richtige“ erschien am 13. März im dtv Verlag und kostet 26 Euro.

Der Großmeister des eleganten, ironischen Erzählens ist wieder da: Schon Mosebachs letzter Roman „Taube und Wildente“ handelte von einem rätselhaften Kunstwerk. Jetzt erzählt der Büchnerpreisträger von einem Maler, der keine Grenzen kennt und keine Hemmungen, worunter seine Mitmenschen zu leiden haben.

Alice Renard: „Hunger und Zorn“

Cover: Alice Renard: "Hunger und Zorn"

„Hunger und Zorn“ erschien am 20. März im Unionsverlag und kostet 22 Euro. Aus dem Französischen von Katharina Meyer und Lena Müller.

Die Autorin ist selbst gerade einmal 22 Jahre alt. Die Protagonistin ihres Debütromans Isor ist noch ein Mädchen. Und sie ist anders als die allermeisten anderen Kinder: sie spricht nicht, sie lernt auch nicht und manchmal bricht Wut aus ihr hervor. Da begegnet sie bei ihren Streifzügen durch die Umgebung einem alten einsamen Mann. Es ist der Beginn einer außerordentlichen Freundschaft.

Katja Kullmann: „Stars“

Cover: Katja Kullmann: "Stars"

„Stars“ erschien am 15. April bei Hanser Berlin und kostet 24 Euro.

Was tut man, wenn man vor seiner Wohnungstür einen Schuhkarton mit sehr viel Geld in Dollarnoten findet, Absender unbekannt? Die Autorin des Bestsellers „Generation Ally“ lässt ihre Heldin, Hobby-Astrologin mit einem Brotjob in einer Möbelfirma, ihre Chance ergreifen. Ihre Karriere als Star-Astrologin ist nicht mehr aufzuhalten. Sie wirft einen tiefen Blick auf unsere Sehnsucht nach kosmischer Ordnung in krisenhaften Zeiten.

Paul Ruban: „Der Duft des Wals“

Cover: Paul Ruban, "Der Duft des Wals"

„Der Duft des Wals“ erschien am 16. April im Aufbau Verlag und kostet 22 Euro. Aus dem Französischen von Jennifer Dummer.

In Kanada hat die Geschichte von Judith und Hugo ein großes Publikum erreicht. Dabei ist „Der Duft des Wals“ der erste Roman, den Paul Ruban veröffentlicht hat. Vor allem der bisweilen absurde Humor, mit der er seine Protagonisten versuchen lässt, mit einer Urlaubsreise ihre Ehe zu retten, während um sie herum eine Umweltkatastrophe droht, hat die Leserschaft in Kanada begeistert. Warum nicht auch in Deutschland?

Ronald Reng: „Er kenne Herrn Benz nicht, sagt Herr Daimler“

Cover: Ronald Reng, "Er kenne Herrn Benz nicht, sagt Herr Daimler"

„Er kenne Herrn Benz nicht, sagt Herr Daimler“ erscheint am 2. Mai im Piper Verlag und kostet 22 Euro.

Der beste deutschsprachige Fußballschriftsteller tut etwas Außergewöhnliches: Er legt ein Buch ganz ohne Fußball vor! Er erzählt davon, wie zwei Unternehmer, die etwas mehr als 100 Kilometer voneinander entfernt leben, um das Jahr 1885 herum fest davon überzeugt sind, soeben das Automobil erfunden zu haben. Als die beiden vom jeweils anderen erfahren, beginnt ein Wettlauf – auch um die Gunst des eher skeptischen Publikums: Ein Auto, wer braucht denn sowas?

Etgar Keret: „Starke Meinung zu brennenden Themen. Storys“

Cover: Etgar Keret: "Starke Meinung zu brennenden Themen. Storys"

„Starke Meinung zu brennenden Themen. Storys“ erscheint am 14. Mai im Aufbau Verlag und kostet 24 Euro. Aus dem Hebräischen von Barbara Linner.

Prall und lebenssatt sind die neuen Stories des Großmeisters der kurzen Form, der es wie kein zweiter versteht, die Schrecken unserer Zeit in absurde, surreale und berührende Geschichten zu verwandeln. Alltäglichkeiten aus dem israelischen Leben vor dem 7. Oktober 2023, von denen aus das Lot sich tief in die existenziellen Fragen des Lebens senkt.

Ralf Rothmann: „Museum der Einsamkeit“

Cover: Ralf Rothmann, "Museum der Einsamkeit"

„Museum der Einsamkeit“ erscheint am 14. Mai bei Suhrkamp und kostet 25 Euro.

Was Ralf Rothmann in Worte fasst, bekommt zuverlässig eine besondere Plastizität und Lebendigkeit. Ob es seine Kindheitserinnerungen ans Ruhrgebiet sind in „Milch und Kohle“ oder seine Auseinandersetzung mit den Kriegserfahrungen der Elterngeneration in „Im Frühling sterben“. Sein neues Buch versammelt neun Erzählungen, die uns sicher wieder mittenhinein in unsere Gegenwart stürzen. 

Juan S. Guse: „Tausendmal so viel Geld wie jetzt“

Cover: Juan S. Guse, "Tausendmal so viel Geld wie jetzt"

„Tausendmal so viel Geld wie jetzt“ erscheint am 28. Mai bei S. Fischer und kostet 24 Euro.

Ganz normale Leute, denen nichts anzumerken ist; sie sind keine Topmanager, keine Börsenhändler, aber: Sie sind steinreich geworden. Steinreich mit Kryptowährungen. Juan S. Guse hat sich ein Jahr lang mit solchen Leuten getroffen und erzählt jetzt von ihnen – und von seinen eigenen Verlusten beim Versuch, selbst auch reich zu werden.

Vergissmeinnicht

Das Programm von NDR Kultur wird täglich mit einem Gedicht bereichert – alle Gedichte im März in der Übersicht.

Ein Vogel sitzt auf einem verschneiten Ast.

Das Programm von NDR Kultur wird täglich mit einem Gedicht bereichert – alle Gedichte im Februar in der Übersicht.

Ein Latte Macchiato, eine Brille und eine Kerze liegen auf einem Buch

Unter anderem gab es Neues von Martina Hefter, Frank Schätzing, Markus Thielemann, Isabel Bogdan oder Lucy Fricke.

Die drei Hosts vom NDR Bücherpodcast "eat.READ.sleep.".

Beim Podcast eat.READ.sleep bekommt ihr aktuelle Buchtipps, Interviews mit Büchermenschen, literarische Fun Facts und neu entdeckte Klassiker.

Ein aufgeschlagenes Buch liegt auf einer Fensterbank neben einer Kaffeetasse.

Die Lesungen in chronologischer Reihenfolge.