Die Stadt München wird in den kommenden Jahren doch nicht auf Steuereinnahmen in Höhe von Hunderten Millionen Euro verzichten müssen. Der Bund hat zugesagt, die Mindereinnahmen der Kommunen durch den sogenannten Wachstumsbooster der Bundesregierung in den Jahren 2025 bis 2029 vollständig zu übernehmen. „Die Kompensation erfolgt über eine entsprechende Anpassung der Festbeträge an der Umsatzsteuer der Gemeinden“, heißt es in einem Beschlusspapier der „Arbeitsgruppe Booster“, es liegt der SZ vor.
Am Donnerstag soll der Bundestag über den Wachstumsbooster abstimmen. Die geplanten Steuererleichterungen sollen Investitionen für Firmen attraktiver machen. Dazu gehören verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und – in mehreren Schritten ab 2028 – die Senkung der Körperschaftsteuer für Unternehmen von derzeit 15 auf künftig zehn Prozent. Was die Wirtschaft ankurbeln soll, wird jedoch bei Bund, Ländern und Kommunen aller Voraussicht nach zu massiven Steuerausfällen führen. Insgesamt könnten in den kommenden Jahren den Städten und Gemeinden in Deutschland nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums 13,5 Milliarden entgehen.
Die Ausfälle für München bei der Gewerbesteuer und beim städtischen Anteil an der Einkommensteuer bezifferte Kämmerer Christoph Frey (SPD) auf 660 Millionen Euro. Dies hätte sich unmittelbar auf den städtischen Haushalt ausgewirkt. Denn solche Summen ließen sich nicht einfach ohne spürbare Einschnitte „heraussparen“, hatte Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) kürzlich gesagt und dem Wachstumsbooster „hohen sozialen Sprengstoff“ attestiert. Ohne die nun zugesagte Kompensation hätte dieser dazu führen können, dass die Stadt bei freiwilligen Leistungen wie niedrigen Kita-Gebühren, täglich geöffneten Stadtbibliotheken oder kostenlosem Mittagessen für Seniorinnen und Senioren hätte kürzen oder streichen müssen, wie Krause gewarnt hatte.
Der Zweite Bürgermeister zeigte sich am Dienstag „erleichtert, dass der Druck der Städte und Gemeinden Wirkung gezeigt hat“. Zugleich wies er darauf hin, dass die finanzielle Krise der Kommunen ungelöst bleibe. Der Bund müsse deshalb die Kommunen strukturell besser aufstellen, „denn sie stemmen die meisten Investitionen in Deutschland und haben auch immer größere Probleme, die soziale Infrastruktur aufrechtzuerhalten“. Allein die geplante U-Bahnlinie 9 in München koste mehrere Milliarden Euro. Da seien die prognostizierten 80 Millionen Euro, die München pro Jahr aus dem Wachstumspaket erhalten könnte, ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Für das Geld bekomme die Stadt nicht einmal ein neues Gymnasium.
Auch Kämmerer Frey freute sich über die Zusage von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD), dass der Bund die Steuerausfälle kompensieren werde. Mit dem Wirtschaftsbooster werde ein wichtiger Impuls gesetzt, sagte er, „der perspektivisch auch den städtischen Haushalten zugutekommt“. Um auch bei den Investitionen für Entlastung im kommunalen Bereich zu sorgen, sei es wichtig, dass aus den geplanten Sondervermögen, die Ländern und Kommunen gemeinsam zur Verfügung gestellt werden, 75 Prozent des Volumens bei den Kommunen ankomme. „Die langfristige auskömmliche Finanzierung der Kommunen bleibt allerdings noch eine zu lösende Aufgabe.“
Dafür wäre dringend mehr Spielraum für die Städte nötig, forderte SPD-Fraktionschef Christian Köning, beispielsweise über eine Übernachtungssteuer, die jedes Jahr etwa 100 Millionen Euro in die städtischen Kassen bringen würde. Indem die Bundesregierung die Steuerausfälle kompensiere, könne München aber immerhin weiter „in den sozialen Zusammenhalt, bezahlbares Wohnen, Schulen und Bildungseinrichtungen investieren“.