Bielefeld/Oerlinghausen. Es herrscht Kampfstimmung in der Belegschaft des Nahrungsmittelherstellers Dr. Oetker an den Standorten Bielefeld und Oerlinghausen: “Heute ist kein Arbeitstag, heute ist Streiktag“, ruft der Gewerkschafter Thorsten Kleile den mehr als 150 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vor den Toren des Puddingwerkes in Bielefeld-Brackwede zu, und schrilles Pfeifentrillern ist die Antwort. Es ist ein erster Warnstreik nach einer monatelangen Hängepartie.

Für den Ende März 2025 ausgelaufenen Gehaltstarifvertrag gebe es noch immer keinerlei Angebot der Geschäftsführung für Tariferhöhungen, beklagen Kleile, der Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Ostwestfalen-Lippe, und Mohamed Boudih, der Verhandlungsführer und NRW-Landeschef der NGG. Ein erster Verhandlungstermin Ende Mai sei ergebnislos geblieben. Im Tarifstreit mit dem Oetker-Konzern hat die Gewerkschaft daher ihr Vorgehen verschärft: Für diesen Dienstag hatte sie die in Bielefeld und Oerlinghausen Beschäftigten der Dr. Oetker Nahrungsmittel KG und der IT-Tochterfirma OEDIV zur ersten Streikaktion aufgerufen.

Die Streikenden vor dem Werk, in dem neben Puddingpulver auch Müsli, Backmischungen und mehr hergestellt wird, erhielten prominente Unterstützung aus der Politik: Schon um 7 Uhr fand sich SPD-Politiker Ingo Nürnberger vor den Werkstoren ein, der Bielefelder Sozialdezernent und Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters kam bürgernah mit dem E-Bike: „Oetker muss Euch hören“, sagte Nürnberger und stellte fest, dass es „ziemlich einmalig“ sei, wenn das Unternehmen erst die Gespräche verweigerte und noch immer kein Angebot vorgelegt habe.

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Ingo Nürnberger: „Es geht um Gerechtigkeit“

Dabei könne Dr. Oetker „gute Zahlen“ vorweisen, die Umsätze seien gestiegen – über die Gewinne werde bekanntlich geschwiegen. Auf der anderen Seite werde alles teurer, von den Lebensmitteln bis zu den Mieten: „Ihr nehmt Euer gutes Recht wahr, wenn Ihr für höhere Löhne und gute Arbeitsbedingungen streikt“, machte Nürnberger den Beschäftigten Mut. „Es geht um Gerechtigkeit“.

Mehr zum Thema: Oetker-Gruppe meldet leichtes Wachstum


Der Bielefelder SPD-Politiker und Oberbürgermeister-Kandidat Ingo Nürnberger war früh um 7 Uhr zur Stelle, um den Oetker-Beschäftigten Rückenwind zu geben. - © mika

Der Bielefelder SPD-Politiker und Oberbürgermeister-Kandidat Ingo Nürnberger war früh um 7 Uhr zur Stelle, um den Oetker-Beschäftigten Rückenwind zu geben.
| © mika

Nebenbei warb der SPD-Kommunalpolitiker natürlich auch ein wenig in eigener Sache im Vorfeld der Kommunalwahl im September: „Wir in der Politik und in der SPD müssen dafür sorgen, dass es in der Gesellschaft wieder gerechter wird“, erklärte er und spannte einen Bogen in die Wirtschaft. Es müsse sinkende Energiepreise, bezahlbaren Wohnraum und verlässliche Kitas geben, aber auch der Wirtschaft müsse es wieder besser gehen: „Wir wollen, dass es den Arbeitgeber gut geht, damit sie Steuern und gute Löhne zahlen können!“

Mit Onur Ocak war auch der Oberbürgermeisterkandidat der Linken gekommen: „Was Dr.Oetker hier abzieht, ist eine Frechheit – das hat nichts mit Wertschätzung oder Respekt gegenüber den Angestellten zu tun“, erklärte Ocak.Nach wochenlangem Spiel auf Zeit und anhaltender Ignoranz der Geschäftsleitung fühle man sich an Taktiken großer Konzerne erinnert – und das, obwohl Oetker doch gerne mit dem Ruf eines verantwortungsbewussten Familienunternehmens werbe.

Verhandlungsführer Mohamed Boudih wirft dem Unternehmen eine Verzögerungstaktik vor: „Es hat Wochen gedauert, bis sich die Geschäftsführung überhaupt an den Verhandlungstisch bewegt hat. Und jetzt pokert der Milliarden-Konzern damit, die Löhne einfrieren zu wollen. Mehr Respektlosigkeit gegenüber den eigenen Leuten kann ein Familienunternehmen nicht an den Tag legen.“ Der Frust-Pegel unter den „Oetkerianern“ steige.

Gewerkschaft fordert 280 Euro mehr für Oetker-Angestellte

Ein Protestmarsch führte die Streikenden zur Konzernzentrale und der Dr.-Oetker-Welt in der Nähe des Adenauerplatzes in der Innenstadt. „Im Hochregallager in Bielefeld und im Werk Oerlinghausen ging in der Frühschicht nichts mehr“, sagte Thorsten Kleile nach dem Warnstreik. Damit sei zunächst einmal ein „Zeichen gesetzt“ worden. Ein Oetker-Sprecher bestätigte: „Die Produktion in unseren Werken in Brackwede und Oerlinghausen war durch den heutigen Warnstreik nur eingeschränkt möglich.“ Für den 2. Juli ist nun die zweite Verhandlungsrunde geplant. „Wenn es dann noch keinen Abschluss und vielleicht nicht einmal ein Angebot gibt, müssen wir die Streiks ausweiten“, warnt Kleile.

Die NGG fordert eine Lohnerhöhung von 280 Euro monatlich für die Beschäftigten in Bielefeld und Oerlinghausen. Für Lebensmitteltechniker entspräche das nach Gewerkschaftsangaben einem Plus von rund 7,5 Prozent.

Gerüchte um Börsengang: Dr. Oetker wehrt sich gegen Fake-News