Endometriose betrifft weltweit etwa 10 % aller menstruierenden Frauen im gebärfähigen Alter. Die Erkrankung ist durch das ektope Vorkommen von Endometrium-ähnlichem Gewebe außerhalb der Gebärmutter charakterisiert und geht mit chronischen Schmerzen, Infertilität und einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität einher. Trotz intensiver Forschung sind Ätiologie und Pathogenese weiterhin nicht vollständig geklärt. Neben hormonellen und immunologischen Faktoren rücken zunehmend psychosoziale Einflüsse in den Fokus.
Frühere Studien deuten darauf hin, dass traumatische Erfahrungen – besonders in der Kindheit – mit einem erhöhten Risiko für chronisch-entzündliche Erkrankungen assoziiert sein könnten. In Bezug auf Endometriose war die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als Risikofaktor bislang noch nicht systematisch untersucht worden. Eine internationale Forschungsgruppe wollte nun diese Forschungslücke schließen.
Sind genetische Disposition und Traumata unabhängige Risikofaktoren?
Für ihre multizentrische Risiko-Analyse kombinierte das Forscherteam epidemiologische und genetische Daten, die aus mehreren großen Kohorten stammen, darunter die UK Biobank, eine internationale genomweite Metaanalyse sowie die finnische FinnGen-Kohorte. Untersucht wurden insgesamt über 46.000 Patientinnen mit Endometriose und mehr als 800.000 weibliche Kontrollpersonen unterschiedlicher Herkunft.
Mittels multivariater Regressionsanalysen, Latent-Klassen-Analysen (LCA) und polygener Risiko-Scoring-Modelle wurde der Zusammenhang zwischen traumatischen Erlebnissen, genetischer Prädisposition und Endometriose untersucht. Ziel war es, potenzielle unabhängige oder interagierende Risikofaktoren zu identifizieren.
Endometriose-Risiko steigt besonders bei sexuellen Übergriffen
Ergebnis: Frauen mit Endometriose berichteten signifikant häufiger über belastende Ereignisse in Kindheit und Erwachsenenalter. Besonders deutlich war der Zusammenhang bei emotionalen, körperlichen und sexuellen Traumata (z. B. Kontakttrauma: OR 1,28; 95 %-KI 1,02–1,26). Die LCA zeigte zudem, dass die Endometriose-Patientinnen häufiger den Klassen mit multiplen Traumatisierungen zugeordnet wurden, während nicht betroffene Frauen häufiger der „kein Trauma“-Gruppe angehörten (P = 7,4 × 10⁻¹⁴).
Ein polygener Risikoscore für Endometriose war mit einem erhöhten Risiko für die Erkrankung assoziiert (β=0,31, p
Die Studie liefert somit Belege dafür, dass sowohl genetische Faktoren als auch traumatische Erlebnisse – insbesondere körperliche und sexuelle Traumata – mit einem erhöhten Risiko für Endometriose assoziiert sind. Aber es gab keine Hinweise darauf, dass traumatische Erlebnisse und genetische Veranlagung in Wechselwirkung stehen – ihre Effekte scheinen unabhängig voneinander zu sein.
Kindheitstrauma in der Anamnese – frühere Endometriose-Diagnose?
Fazit der Autoren: Sowohl traumatische Erlebnisse als auch genetische Prädispositionen sind unabhängige Risikofaktoren für Endometriose. In der klinischen Praxis könnte die systematische Erfassung traumatischer Lebensereignisse – insbesondere in Hochrisikogruppen – zur frühzeitigeren Diagnose und individualisierten Therapie beitragen.